... denn alles ist Vorherbestimmt. Elisabeth Schmitz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elisabeth Schmitz
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783967526776
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und morgen Abend würde er ihr noch zwei Schlafanzüge bringen. Hoffentlich ist das nicht zu aufdringlich, dachte er, und er wollte vorher noch Andreas fragen. In solchen Frauenangelegenheiten kannte der sich besser aus. Mit diesem Gedanken schlief er zufrieden ein.

      Am nächsten Morgen wurde der Fuß von Tina nachgeschaut. Dr. Bergheim war sehr zufrieden und meinte, dass gleich noch ein Anästhesist käme, der ihr ein paar Fragen stellen würde. Tja, und dann könne es losgehen. Auf dem Stuhl sah er den grünen Jogginganzug liegen.

      »Oh«, sagte er, »hatten Sie gestern Besuch?« Er zeigte auf den Stuhl.

      »Ach ja, ich möchte mich noch bei Ihnen bedanken.«

      Andy winkte ab. Er meinte, dass das ja wohl die Pflicht seines Freundes wäre.

      Und dann klopfte es an der Tür, und Peter Weber trat ein. Die beiden Männer begrüßten sich freundlich und Andy fragte, ob sein Freund denn nun nicht die Visite durchführen müsse.

      »Ja«, sagte Peter

      »Ich bin dabei. Mein Team steht vor der Tür. Ich wollte Frau Braune nur diese Buntstifte bringen. Wenn Sie mir was über Löwenzahn erzählen, dann sollen die doch auch gelb sein, oder?«

      »Doch nicht Löwenzahn. Es ist der Holunder«, sagte Tina.

      Peter nickte und gab Tina die Stifte, und Dr. Bergheim stand der Mund offen.

      »Was war das denn gerade?«, fragte er, aber Peter begab sich eilig wieder zu seiner Truppe.

      Und nun kam auch schon der Anästhesiearzt.

      Dr. Bergheim nickte ihm zu und sagte, wie immer mit seinem charmanten Lächeln zu Tina: »Bis gleich, Engel.«

      So ein toller Mann. Wenn der sie doch nur einmal in den Arm nehmen würde. Tina lächelte ebenfalls, und nun ging alles ganz schnell. Sie bekam wieder ihr Nachthemd, hinten offen, an und wurde dann auf den Flur geschoben. Ihr Fuß schmerzte erneut. Sie wurde durch eine Glastür gefahren, und eine sehr nette Frau, Schwester Roswitha, brachte ihr eine warme Decke.

      »Ihnen ist sicherlich kalt«, meinte sie. Gleich wird es besser. Sie befestigte an ihrem Zeigefinger eine Klemme und meinte, dass Tina gleich auf eine wunderschöne Reise gehen würde, und wenn sie wieder aufwachen würde aus dem Traum, dann wäre alles schon vorbei. Noch kurz aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Dr. Bergheim zu ihr kam. Ihr Bein war mit einem grünen Tuch abgedeckt. Und dann war sie auch schon weg.

      Als sie wach wurde, war wieder eine Schwester an ihrem Bett und erzählte ihr, dass sie alles bestens überstanden hatte und dass der Chefarzt der Neurologie auch schon dagewesen wäre und sich nach ihr erkundigt hätte. Sie befände sich nun im Aufwachraum und würde gleich wieder in ihr gewohntes Zimmer kommen.

      Keine wunderschöne Reise, Schwester Roswitha, dachte Tina. Nichts gemerkt von Allem, und schon fiel sie wieder in einen wohligen Schlaf. Als sie erwachte, kam auch schon ein Krankenpfleger und meinte, er würde sie nun zurück auf die Station bringen.

      Er sagte, nachdem er Tina samt Bett in ihrem Zimmer Nummer acht abgestellt hatte, dass sie nun auch etwas essen dürfe. Hunger hatte sie allerdings nicht. Nur Kaffee wäre ganz gut.

      Er kam dennoch mit einem Tablett wieder und Tina schmunzelte. Es war dieselbe Situation wie am Tag ihrer Einlieferung. Sie besah sich ihren eingegipsten Fuß mit dem Schlauch daran. Ein Tropf lief in ihren Arm. Schmerzmittel sei es, hatte der Pfleger gesagt. Überall Schläuche. In der Blase sogar.

      Sie fragte den Pfleger, wie der Name des Chefarztes der Neurologie wäre. Er sagte es ihr, und dann fiel es ihr auch wieder ein. Dr. Peter Weber. Klar. Eigentlich war der Name ja gar nicht wichtig, aber wenn er tatsächlich am Abend wiederkommen würde, dann müsse sie ihn doch zumindest anreden können.

      Nachdem sie gegessen hatte, war sie erstaunlich wach. Sie sah die Stifte auf dem Nachtschrank liegen und nahm sie in die Hand. Eigentlich hätte sie am heutigen Tag sehr böse auf Dr. Weber sein sollen, aber komischerweise gelang ihr keine Wut. Er hatte gesagt, dass er am Abend wiederkommen werde. Nun, dann wollte sie mal sehen, ob sie ein hübsches Exemplar des Holunders zu Papier bringen würde.

      Immer wieder hatte Tina das Gefühl, nicht alleine im Zimmer zu sein. Immer wieder spürte sie einen leichten, kühlen Luftzug.

       10.

      

      

      

      

      Erst am Nachmittag war die Sprechstunde von Dr. Weber beendet. Viele schwere Fälle waren heute dabei, und morgen war OP-Tag.

      Er wollte nun eine Kleinigkeit essen, und dann war um 16 Uhr die Teambesprechung für morgen. Der Papierkram müsse warten. Er nahm sein Telefon und wählte die Nummer von Dr. Bergheim. Dieser ging auch sofort dran und stöhnte ins Telefon.

      »Hallo Peter«, sagte er. Der Name Peter Weber hatte auf dem Display aufgeblinkt.

      »Mann, war das ein Vormittag! Ich spüre jede Gräte in meinem Körper. So viele Operationen habe ich selten an einem Tag. Ich bin gerade fertig damit.« Peter nickte.

      »Bei mir war es heute ähnlich. Es waren mehrere Leute da, die keinen Termin hatten, und da wurde es ganz schön eng.

      Ist die Operation bei Frau Braune eigentlich gut verlaufen? Ich habe darüber nachgedacht, was du mir gesagt hattest. Ich war gestern noch bei ihr und habe ihr diesen Jogginganzug gebracht. Sie hat mir noch etwas über Heilkräuter erzählt, und es war recht interessant. Du hattest ja recht.

      Sie wird circa eine Woche hier sein, und da werde ich sie ja wohl mal besuchen können. Die Sachen von Martha bekomme ich ja wieder, und wenn nicht, dann ist es auch nicht so schlimm. Martha hätte mit Sicherheit nichts dagegen gehabt. Ich beabsichtige, Frau Braune heute noch zwei Schlafanzüge zu bringen. Denkst du, es ist angebracht?«

      Andy schmunzelte vor sich hin. Ganz egal, was sein Freund macht, die Hauptsache ist, dass er abends nicht Filme von sich und Martha schaut und sich mit Rotwein volllaufen lässt.

      »Es ist eine gute Idee«, meinte er.

      »Sie kann sie gut gebrauchen, und bei dir im Schrank hängen sie ja doch nur rum. Denk aber bitte daran, dass die Hose nicht zu eng ist an den Beinen. Sonst bekommt sie sie nicht über die Schiene. Ich gehe gleich nach Hause. Morgen ist wieder früh der Tag. Lass uns doch morgen die Mittagsstunde gemeinsam machen, wenn du magst.

      Ach ja, die OP von Frau Braune ist gut verlaufen. Ich habe die Knochenfragmente mit Schrauben, Platten und Drähte fixiert. Die Bänder waren gerissen, und ich habe sie genäht. Ihr Fuß ist eingegipst, und ich hoffe, dass sie nicht auftritt. Ich schicke ihr noch heute einen Physiotherapeuten, damit ihr Kreislauf wieder fit wird und sie so schnell wie möglich lernt, an den Stöcken zu gehen. Die werden wohl sechs Wochen ihr Begleiter sein.«

      »Ja, danke Andreas. Ich bin froh, wenn die Geschichte zu Ende ist. So ein Unglück!

      Morgen Mittag, das ist eine gute Idee. Bis dann, und nochmals vielen Dank für alles. Ich verspreche, dass ich mich bis zur Genesung von Frau Braune auch um sie kümmern werde. Ich kann schließlich andere nicht für meinen Fauxpas verantwortlich machen. Bis morgen Andreas.«

      Um 19 Uhr war Peter dann endlich fertig. Er räumte seine Sachen beiseite und schaltete den Computer aus. Die Reinigungsleute warteten wohl schon, dass er endlich das Büro verlassen würde. Er war viel zu müde, um nun nach Hause zu fahren und dann noch mal hierher zu kommen. Er würde nun nur eine kleine Stippvisite bei Frau Braune machen und dann heimfahren.

      Peter zog seinen Kittel aus und die braune Lederjacke an. Er schaltete das Licht aus und ging umgehend zur Privatstation. Als er nach kurzem Klopfen die Tür öffnete, stockte ihm im Moment der Atem. Martha!

      Schnell gewöhnte er sich jedoch an den Anblick, und er grüßte freundlich die Frau in dem grünen Jogginganzug.

      »Hallo Frau Braune. Na, nun haben


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