Mit der rasch fortschreitenden Technologie, insbesondere im Bereich der Metallurgie, wurden bessere Geldformen entwickelt, die anstelle der oben genannten Tauschobjekte und Artefakte eingesetzt wurden und diese schnell ersetzten. Als Tauschmittel erwiesen sich diese Metalle im Vergleich zu Muscheln, Steinen, Perlen, Rindern und Salz als überlegen, da sie zu einheitlichen, höchst wertvollen kleinen Einheiten verarbeitet werden konnten, die sich viel leichter transportieren ließen. Ein weiterer Nagel im Sarg des Artefaktgeldes war die industrielle Nutzung von Brennstoffenergie aus Kohlenwasserstoff. Dadurch konnte man die Produktionskapazitäten deutlich erhöhen und eine schnelle Steigerung des neuen Angebots (Flow) dieser Artefakte ermöglichen. Dies bedeutete, dass jene Geldformen, die bis dahin aufgrund ihrer schwierigen Produktion ein hohes Stock-to-Flow-Verhältnis aufwiesen, eben jenes verloren. Mit modernen Brennstoffen aus Kohlenwasserstoff könnten Rai-Steine leicht abgebaut, Akori-Perlen für sehr geringe Kosten hergestellt und massenweise Muscheln mit großen Schiffen gesammelt werden. Sobald diese Gelder ihre Härte verloren, erlitten ihre Besitzer eine erhebliche Vermögensenteignung, wodurch das gesamte Gefüge ihrer Gesellschaft auseinanderbrach. Die Häuptlinge der Yap-Inseln, die O’Keefes billige Rai-Steine ablehnten, verstanden, was die meisten modernen Ökonomen nicht begreifen: Ein leicht zu produzierendes Geld ist als Geld wertlos, und eine weiche Währung macht eine Gesellschaft nicht reicher, sondern im Gegenteil, sie macht sie ärmer, indem der hart verdiente Wohlstand gegen eine weiche Währung, die sich leicht produzieren lässt, zum Verkauf gestellt wird.
1Die Geschichte von O’Keefe inspirierte 1952 Laurence Klingman und Gerald Green zum Schreiben eines Romans namens Seine Majestät O’Keefe – König der Südsee, der 1954 zu einem Hollywood-Blockbuster mit Burt Lancaster in der Hauptrolle wurde.
2Um ihre Gewinne zu maximieren, füllten die Europäer die Rümpfe ihrer Schiffe mit großen Mengen dieser Perlen, was auch dazu diente, das Schiff auf seiner Reise zu stabilisieren.
3Nick Szabo, Shelling Out: The Origins of Money. (2002) Erhältlich bei http://nakamotoinstitute.org/shelling-out/
4ebd.
5Antal Fekete, Whither Gold? (1997). Gewinner des Internationalen Währungspreises 1996, gesponsert von Bank Lips.
KAPITEL 3
MONETÄRE METALLE
Als wir unsere technischen Fertigkeiten zur Produktion von Gütern immer mehr verbesserten und anfingen, immer mehr Metalle und Rohstoffe zu nutzen, begann zugleich die Massenproduktion zahlreicher Metalle, da es hierfür eine starke Nachfrage gab. Dadurch wurden sie hochverkäuflich und geeignet für die Verwendung als Geldmedien. Die Dichte und der relativ hohe Wert dieser Metalle machten es im Vergleich zu Salz oder Rindern einfach, sie zu bewegen, wodurch sie standortunabhängig gut handelbar waren. Die Produktion von Metallen war anfangs sehr mühsam, weshalb man ihr Angebot nicht ohne weiteres kurzfristig erhöhen konnte. Dies bescherte ihnen jedoch eine gute langfristige Verkäuflichkeit.
Aufgrund ihrer unterschiedlichen Haltbarkeit und den physikalischen Eigenschaften sowie ihrer relativen Häufigkeit auf der Erde, waren einige Metalle wertvoller als andere. Eisen und Kupfer konnten aufgrund ihres relativ hohen Vorkommens in zunehmenden Mengen produziert werden, waren jedoch korrosionsanfällig. Bestehende Lagerbestände wurden durch zusätzliche Produktionsmengen gewissermaßen überflüssig und verloren ihren Wert. So kam es, dass diese Metalle einen relativ niedrigen Marktwert entwickelten und deshalb für kleinere Transaktionen verwendet wurden. Seltenere Metalle wie Silber und Gold hingegen waren langlebiger und weniger anfällig für Korrosion oder Zerstörung, was sie im Laufe der Zeit besser verkäuflich und gut als längerfristigen Wertspeicher nutzbar machte. Da Gold praktisch unzerstörbar war, wurde es uns Menschen möglich, Werte über Generationen hinweg aufzubewahren und langfristig zu planen.
Zunächst wurden Metalle in Bezug auf ihr Gewicht ge- und verkauft,1 aber mit der Zeit wurde es möglich, einheitliche Münzen zu prägen und diese mit ihrem Gewicht zu beschriften. Dadurch wurden sie besser handelbar und man ersparte den Besitzern, die Metalle jedes Mal wiegen und ihnen einen Wert beimessen zu müssen. Die drei Metalle, die für diese Rolle am häufigsten verwendet wurden, waren Gold, Silber und Kupfer. Ihre Nutzung als Münzen war etwa 2.500 Jahre lang die wichtigste Geldform, beginnend in der Zeit des griechischen Königs Krösus, der als erster nachweislich Goldmünzen prägte, bis hin zum frühen zwanzigsten Jahrhundert. Goldmünzen waren langfristig das am besten handelbare Gut, weil sie ihren Wert im Laufe der Zeit behielten und dem Verfall und Wertverlust widerstehen konnten. Sie waren auch die Güter, die am besten ortsunabhängig handelbar waren, da sie sehr viel Wert in einer vergleichsweise kleinen Gewichtseinheit in sich trugen, was einen einfachen Transport ermöglichte. Silbermünzen hingegen hatten den Vorteil, das am besten handelbare Gut für kleinere Abstufungen zu sein, da ihr niedrigerer Wert pro Gewichtseinheit im Vergleich zu Gold es ihnen ermöglichte, bequem als Tauschmittel für kleinere Transaktionen verwendet zu werden, während Bronzemünzen für die am wenigsten werthaltigen Transaktionen nützlich waren. Durch die Standardisierung der Werte in leicht identifizierbare Einheiten ermöglichten Münzen die Schaffung großer Märkte, was den Umfang der Spezialisierung und des weltweiten Handels erweiterte. Obwohl diese Münzen damals das technologisch beste Währungssystem darstellten, gab es immer noch zwei große Nachteile: Der erste war, dass die Existenz von zwei oder drei Metallen als monetärer Standard aufgrund der schwankenden Angebots- und Nachfragesituation wirtschaftliche Probleme für die Besitzer dieser Münzen verursachte, da die Münzen im Laufe der Zeit Wertschwankungen unterlagen, insbesondere Silber, das aufgrund von Produktionssteigerungen und Nachfrageeinbrüchen an Wert verlor. Der zweite, weitaus schwerwiegendere Nachteil war, dass Staaten und Fälscher den Edelmetallgehalt dieser Münzen reduzieren konnten – und dies häufig auch taten, wodurch ihr Wert abnahm, indem ein Bruchteil ihrer Kaufkraft gewissermaßen auf die Fälscher oder Staaten überging. Die Verringerung des Edelmetallgehalts der Münzen gefährdete die Reinheit und Unversehrtheit des Geldes.
Mit der Entwicklung des modernen Bankwesens und verbesserter Kommunikationsmethoden konnten Einzelpersonen jedoch ab dem 19. Jahrhundert mit Papiergeld und Schecks handeln, die durch Gold in den Schatzkammern ihrer Banken und Zentralbanken abgesichert waren. Dies ermöglichte goldgedeckte Transaktionen in jeder Größenordnung, wodurch die Notwendigkeit der monetären Rolle von Silber entfiel und alle wesentlichen monetären Handelseigenschaften im Goldstandard zusammengefasst wurden. Der Goldstandard ermöglichte eine beispiellose globale Kapitalanhäufung und einen weltweiten Handel, indem er die Mehrheit der globalen Wirtschaftsmärkte auf der Grundlage eines soliden, marktbasierten Geldsystems zusammenführte. Der geradezu dramatische Nachteil des Goldstandards war jedoch die Zentralisierung. Der Goldstandard ermöglichte es Banken und Staaten, durch die Zentralisierung des Goldes in den Tresoren von Banken und später Zentralbanken, das Geldvolumen über die von ihnen gehaltene Menge an Gold hinaus zu erhöhen, und dadurch Geld abzuwerten und einen Teil seines Wertes von den legitimen Besitzern auf die Staaten und Banken zu übertragen.
WARUM