109th. Jessica Oheim. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jessica Oheim
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960741909
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      „Deine kleine Schwester hat es faustdick hinter den Ohren, Sophie. Sie hat Richter James auf Kurzwahltaste und musste kaum eine Minute mit ihm sprechen, bevor der Gerichtsbeschluss aus dem Fax kam“, bemerkte Anna und stellte sich zu uns.

      „Kein Glück gehabt?“, fragte Sophie sie, ohne auf die Bemerkung einzugehen.

      Anna schüttelte den Kopf. „Der Täter muss durch den toten Winkel der Kameras gelaufen sein. Ihr habt bisher keinen Verdächtigen, so wie ich das sehe.“ Sie blickte auf die Spalte an der Pinnwand, über der in Großbuchstaben VERDÄCHTIGE stand und in der gähnende Leere herrschte.

      „Nein. Dieses Mädchen hatte keinerlei Probleme, weder in der Schule, noch finanziell. Warum sollte es jemand entführen, foltern und dann derart öffentlich die Leiche ablegen?“, fragte sich Sam.

      „Es ist unser Job, das herauszufinden“, antwortete Sophie. „Die Eltern sind übrigens gerade in der Gerichtsmedizin, also können wir Nancys Zimmer noch nicht durchsuchen ...“

      Doch sie wurde von Sam unterbrochen. „Können wir doch.“

      Sophie runzelte die Stirn. „Und wie? Sollen wir dort einbrechen?“

      „Das ist gar nicht nötig“, fuhr Sam fort. „Nancy wohnte in einer kleinen Zweizimmerwohnung im Haus ihrer Eltern.“

      „Sie hatte mit 16 eine eigene Wohnung?“, wollte Anna wissen. Sam nickte. „Wow, davon habe ich als Kind auch immer geträumt“, erinnerte sich die Technikexpertin.

      Ich lachte. „Ich glaube, jedes 16-jährige Kind träumt davon.“

      „Na ja, wie auch immer, dann fahren Lena und ich zu der Wohnung. Sam, du und Anna ihr stattet der Forensik einen weiteren Besuch ab und schaut, ob die schon etwas Neues herausgefunden haben. Jenny, du hast sowieso noch mehr als genug Papierkram zu erledigen“, trug meine Schwester uns auf.

      Das Team nickte und jeder machte sich an die ihm zugewiesene Arbeit.

      Ich begab mich in mein Büro und schloss die Tür hinter mir. Die Akten, die noch immer auf meinem Schreibtisch lagen, schienen mich auszulachen, als ich mich seufzend auf meinen Schreibtischstuhl fallen ließ und anfing, mit meinem Kugelschreiber zu spielen. Mein Blick fiel auf die Uhr. Es war schon 15.30 Uhr. Obwohl ich mir für den heutigen Tag vorgenommen hatte, die Akten durchzuarbeiten, hatte es doch etwas Gutes, dass es schon so spät war: In knapp zweieinhalb Stunden hatte ich Feierabend. Doch weil ich bis dahin nicht untätig rumsitzen konnte, beschloss ich, einige der Kartons, die ungeöffnet in meinem neuen Büro herumstanden, auszuräumen.

      ***

      Nachdem Sophie zum zweiten Mal vor dem Haus der Tanners gehalten hatte, unterhielt sich Lena kurz mit dem Pförtner, der sie sofort zu Nancys Wohnung brachte.

      Sophie wandte sich beim Betreten der Räumlichkeiten an den Hausmeister: „Hat Nancy hier allein gewohnt?“

      Doch dieser zuckte nur mit den Schultern. „Das weiß ich nicht. Ehrlich gesagt habe ich diese Wohnung noch nie betreten.“

      „Vielen Dank, dass Sie uns hereingelassen haben. Wenn wir noch Fragen haben, werden wir uns an Sie wenden.“ Der Hausmeister nickte und ließ die beiden Polizistinnen allein.

      „Eine wirklich schöne Wohnung“, bemerkte Lena. Sophie musste ihr zustimmen.

      Die Räume waren stilvoll eingerichtet und das gesamte Mobiliar hatte wahrscheinlich mehr gekostet, als Sophie jemals bezahlen könnte.

      Lena griff in ihre Jackentasche und holte ihre Handschuhe heraus.

      Sophie tat es ihr gleich. „Ich schau mich mal ein wenig im Schlafzimmer um“, meinte sie und ging ein Zimmer weiter.

      Ihre Kollegin machte sich derweil daran, das aufgeräumte Wohnzimmer zu durchforsten. Sie nahm die Kissen von der Couch, öffnete den Fernsehschrank, durchsuchte das Bücherregal, doch sie fand rein gar nichts. Bei Sophie lief es nicht besser. Sie zog das Bett ab, wühlte sich durch den Kleiderschrank und sämtliche Schreibtischschubladen. Aber auch sie wurde nicht fündig. Doch plötzlich erinnerte sie sich daran, wie sie früher ihre Tagebücher immer unter dem Bett versteckt hatte, damit niemand sie fand. Also kniete Sophie sich hin und leuchtete mit ihrer kleinen Taschenlampe unter das Bett. Sie fand zwar kein Tagebuch, dafür machte sie eine andere Entdeckung.

      „Lena, komm mal rüber!“, rief sie und griff unter das Bett.

      Sofort kam ihre Kollegin aus dem Wohnzimmer herbeigelaufen. „Hast du etwas gefunden?“

      Sophie nickte und zog einen Laptop sowie ein iPhone unter dem Bett hervor.

      „Warum sollte sie ihren Laptop und ihr Handy unter dem Bett verstecken?“, fragte sich Lena.

      „Vermutlich weil sie verhindern wollte, dass jemand in ihrer Privatsphäre herumschnüffelt. Jugendliche haben ziemliche Paranoia, was die Neugier ihrer Mütter betrifft. Die Techniker sollen sich die beiden Geräte mal genauer ansehen, vielleicht finden sie etwas, das uns weiterhilft.“ Sophie sah von den Fundstücken auf und fragte: „Hast du im Wohnzimmer etwas gefunden?“

      Lena schüttelte den Kopf. „Nein. Aber das hier ist die am besten aufgeräumte Wohnung, die ich jemals gesehen habe. Nicht einmal die Sofakissen haben Falten. Es sieht fast so aus, als hätte Nancy hier gar nicht gewohnt.“

      Sophie schien etwas einzufallen, sie sagte: „Möglicherweise war der Täter schon vor uns da und hat seine Spuren beseitigt. Die Spurensicherung soll hier nach Fingerabdrücken und DNA-Spuren suchen.“ Sie nahm ihr Handy und wählte die Nummer des forensischen Labors. „Schau du dich doch in der Zwischenzeit mal im Badezimmer und der Küche um“, fügte sie an ihre Kollegin gewandt hinzu.

      Lena nickte und ging in das nebenan gelegene Badezimmer. Auch dieser Raum war ordentlich aufgeräumt und nichts ließ darauf schließen, dass die Badewanne jemals benutzt worden war. Die Ermittlerin öffnete den Spiegelschrank, der über dem Waschbecken hing. Darin befanden sich einige Pflegeartikel wie diverse Cremes, Zahnpasten und ein paar Haargummis. Im Fach darüber lagen einige Medikamente. Lena griff danach, doch es war nichts Außergewöhnliches dabei, es handelte sich um Kopfschmerztabletten, Fiebertabletten und eine kleine hellblaue Verpackung. Fast hätte Lena gelächelt, als sie auf der hellblauen Verpackung las, welches Medikament sie enthielt. Die Pille danach. Aber die Umstände waren keineswegs zum Lachen. Schnell legte die Polizistin die Tabletten wieder zurück und schloss das Schränkchen. Sie drehte sich um, verließ das Bad und ging in die Küche. Auch dort öffnete sie jeden Schrank und jede Schublade, die sie finden konnte. Aber darin befanden sich nur Teller, Besteck und sonstige Küchenartikel, die man zum Leben brauchte. Also ging sie zurück ins Schlafzimmer, wo Sophie auf sie wartete.

      „Hast du noch etwas gefunden?“, fragte diese.

      Lena schüttelte den Kopf: „Nein. Die Küche ist genauso unberührt wie das Badezimmer und die restlichen Räume. Außer dem Laptop und dem Handy werden wir hier wohl kaum etwas finden.“

      Sophie nickte. Sie war der gleichen Ansicht. „Lass uns zurück zum Revier fahren, vielleicht haben Anna und Sam ja noch etwas gefunden“, schlug sie vor.

      „Gute Idee“, meinte Lena und die beiden Detectives verließen die Wohnung.

      „Sind diese forensischen Wissenschaftler eigentlich immer so unfreundlich?“, fragte Anna, als sie mit Sam die Gerichtsmedizin betrat. Die ganze Fahrt über hatten sie geschwiegen, doch nun durchbrach sie die Stille.

      Sam lachte. „Nein, aber ich bin ihnen vorhin auf Sophies Befehl hin ziemlich auf die Füße getreten und na ja ... davon sind sie nicht gerade begeistert gewesen.“

      „Das hat man gemerkt“, erwiderte Anna und öffnete die Tür zu dem Raum, in dem Jim Conner die Autopsien durchführte. „Hey Jim“, begrüßte sie den Gerichtsmediziner, der vor Schreck zusammenfuhr.

      „Keine Panik, wir sind es doch nur“, sagte Sam und schloss die Tür hinter sich.

      „Habt