Nun kommen wir zur interessanten Frage, wie all dies eingefädelt wurde. Und wie ich eingangs sagte, werden wir eine neue Technik aus der Trickkiste der US-amerikanischen Regime Changes kennenlernen.
Etwa zwei Wochen vor der Wahl in Bolivien waren 16 Audiodateien von Gesprächen aufgetaucht, die belegen, wie der Putsch ablaufen sollte6. Ursprünglich waren sie auf einem Dropbox-Account, der jedoch inzwischen gelöscht wurde, doch sie wurden heruntergeladen und sind nun auf anderen Seiten zugänglich. Die Aufnahmen zeigen, dass die USA zusammen mit Komplizen in Bolivien einen Putsch planten, und sie zeigen im Detail auf, wie das ablaufen sollte.
Am 8. Oktober, also zwölf Tage vor der Wahl, die am 20. Oktober stattfinden sollte, hatte ein Portal darüber berichtet und aufgezeigt, dass der Putsch-Plan aus drei Phasen bestehen sollte. Wie wir sehen werden, war das ein geradezu prophetischer Artikel, denn es ist fast zu 100 Prozent alles so eingetroffen, wie es dort Wochen vorher beschrieben wurde7. Das alleine ist ein sicheres Anzeichen dafür, dass der Autor des Artikels sich auf wahre Informationen berufen hat. Demnach ist ein Vorgehen in drei Phasen lange vorher geplant worden.
Erstens: „Vorbereitungsphase“ – Zweck: Bereitung des Feldes für die nachfolgenden Phasen.
Im April und Juli 2019 wurden politische Bündnisse geschmiedet, um eine einheitliche Oppositionsfront zu bilden. Es fanden Sitzungen und Aktionen statt, um die Stufen 2 und 3 vorzubereiten, und es wurden Kampagnen gegen die Regierung vereinbart, die Medien, Ad-hoc-Medien, Aktivisten in sozialen Netzwerken und auch formelle Beschwerden bei internationalen Gremien umfassten.
Die Strategie in den sozialen Netzwerken und die Fake News wurden von dem Bolivianer Raél Reyes Rivero, einem der wichtigsten Mobilisierungsaktivisten der Opposition, geleitet. Er hatte Aktionen und Pläne der demokratischen Plattformen und Bürgerkomitees gegen die Regierung vorbereitet, um den Sturz von Präsident Evo Morales einzuleiten.
Der ehemalige Präsident und Widersacher von Morales, Jorge Quiroga, war verantwortlich für die Suche nach Unterstützung bei regionalen und internationalen Institutionen wie der OAS (Organisation Amerikanischer Staaten), der Europäischen Union und einigen anderen, um den absehbaren Wahlsieg von Morales zu delegitimieren und als verfassungswidrig zu bezeichnen und so den Boden für eine internationale Intervention (auch medial oder notfalls wirtschaftlich) in Bolivien zu bereiten.
Zweitens: „Intensive Phase“ – Zweck: Die Schaffung von Unruhen und sozialer Instabilität im Land.
Sie begann im Juli und sollte bis Oktober andauern. Es sollte eine soziale Krise im Land entstehen. Dazu sollten gewalttätige und friedliche Demonstrationen und Streiks stattfinden, die von Bürgerkomitees, der 21F-Bewegung, Studenten und anderen Gruppen veranstaltet wurden.
Juan Flores, Präsident des Bürgerkomitees von Cochabamba, ist politischer Berater von Carlos Sénchez Berzain und Manfred Reyes Villa in Bolivien und hatte die Aufgabe, bürgerliche Komitees und ehemalige Armeeoffiziere und Polizisten zusammenzubringen. Zusammen mit dem pensionierten Oberst Oscar Pacello wurden diese Gruppen subtil manipuliert, um zu einem Punkt zu kommen, an dem Gewalt und soziale Unruhen ausbrechen konnten.
Es waren Proteste und Kundgebungen vorgesehen, die dann am 20. September (national), am 26. September (in La Paz) und am 4. Oktober (in Santa Cruz und La Paz) stattgefunden haben. Das Ziel war, die bewaffneten staatlichen Institutionen, vor allem die Polizei und die Armee, politisch zu „zersplittern“, damit diese beim Putsch nicht einheitlich hinter dem Präsidenten stehen.
Es wurden Offiziere innerhalb der Armee gesucht, die den Staatsstreich unterstützen würden und für eine Übergangszeit entweder eine neue Regierung an die Macht bringen oder selbst die Macht übernehmen würden. Darunter auch Offiziere, die dem Präsidenten nahestehen und ihn falsch über die Entwicklungen informieren würden.
Drittens: „Endphase“ – Vorwürfe über Wahlbetrug und Ausrufung einer Parallelregierung (nach dem Vorbild Venezuela).
Umfragen sagten voraus, dass Präsident Morales die Wahl gewinnen würde. Daher hatte die US-Botschaft im Vorfeld heimlich die Bedingungen für die Vorwürfe des Wahlbetrugs geschaffen. Schon vor den Wahlen hatte eine leitende Mitarbeiterin der US-Botschaft in Bolivien, Marianne Scott, bei Treffen mit Bolivianern und auch mit ausländischen Diplomaten im Land die anstehenden Wahlen diskreditiert und eine Atmosphäre des Misstrauens geschaffen.
Bei ihren Treffen mit hochrangigen Beamten der Botschaften Brasiliens, Argentiniens, Paraguays, Kolumbiens, Spaniens, Ecuadors, des Vereinigten Königreichs und Chiles hatte sie immer wieder gefordert, die Länder sollten ebenfalls die Wahlen anzweifeln, weil das glaubwürdiger wäre, als wenn nur die USA die Wahlen anzweifeln.
Danach gab es mehrere Möglichkeiten: Entweder einen Militärputsch oder die Selbsternennung einer Parallelregierung, die Präsident Morales absetzt und die Macht übernimmt.
So weit die Veröffentlichungen vom 8. Oktober, zwei Wochen vor der Wahl, später erfahren wir noch weitere Details.
Es ist alles genau so eingetreten: Gegen die Wahlen gibt es Fälschungsvorwürfe, es gibt massive Unruhen im Land, die mit den USA befreundeten Länder zweifeln die Wahl an. Lediglich ein offener Militärputsch bzw. eine Parallelregierung wurde nicht nötig, da Morales auf Druck der Armee zurückgetreten ist, nachdem seine Wachen abgezogen wurden, das Haus seiner Schwester abgefackelt und sein eigenes Haus verwüstet worden war. Morales fordert ein Ende der Gewalt und sagte bei seinem Rücktritt, er trete zurück, damit die Unruhen enden und die Gewalt nicht eskaliert. Allerdings sind vor allem seine Unterstützer aufgrund des offensichtlichen Putsches bisher nicht bereit, ihre Proteste einzustellen.
Eine Frage bleibt offen: Tatsächlich gab es massive Hinweise auf Wahlfälschung. Laut Verfassung hätte Morales entweder über 50 Prozent der Stimmen erreichen müssen, um den ersten Wahlgang zu gewinnen, oder über 40 Prozent und mindestens 10 Prozent Vorsprung vor dem nächsten Kandidaten. Kurz vor Ende der Auszählung, als Morales diese 10 Prozent Vorsprung nicht hatte, wurden die Übertragungen der Auszählung unterbrochen – angeblich wegen eines Computerproblems. Und als sie Stunden später wieder übertragen wurden, da hatte Morales plötzlich die nötigen 10 Prozent Vorsprung.
Das war mehr als verdächtig und deutete auf eine Wahlfälschung durch Morales hin. Daraufhin eskalierten die Proteste im Land, die westlichen Länder prangerten die Wahlergebnisse an und forderten Neuwahlen. Morales reagierte, indem er sich an die OAS wandte, damit diese eine internationale Neuauszählung durchführen konnte. Doch das Ergebnis wurde nicht abgewartet.
Der Oberkommandierende der bolivianischen Streitkräfte, Williams Kaliman, und der Polizeichef, Vladimir Yuri Calderón, forderten Morales vorher zum Rücktritt auf. Es ist wenig überraschend, dass beide engste Kontakte zu den USA unterhalten8. Kaliman war von 2013 bis 2016 in Washington an der bolivianischen Botschaft tätig, und Calderón ist in gemeinsame Programme mit dem FBI eingebunden.
Die Auszählung der Stimmen durch die OAS war problematisch, weil bei den Unruhen auch Wahllokale angegriffen und dabei Stimmzettel vernichtet wurden. Und die Untersuchung des fraglichen Servers hatte Fragen aufgeworfen, weil dort merkwürdige Programme gefunden wurden.
Hat Morales also die Wahl gefälscht?
Es waren wohl eher die USA, denn im „prophetischen“ Artikel vom 8. Oktober, aus dem ich die drei Phasen der Putschvorbereitungen zitiert habe, konnte man Folgendes lesen. Ich übersetze es wörtlich.
Beginn der Übersetzung:
ES IST NICHT WICHTIG, WER WÄHLT, SONDERN WICHTIG IST, WER DIE STIMMEN AUSZÄHLT.
Parallel dazu fand im Juli ein privates Treffen zwischen Jaime Antonio Alarcén Daza, Ivén Arias und anderen Mitgliedern der Bürgerkomitees statt, bei dem vereinbart wurde, „Maschinen für die schnelle Stimmenauszählung“ für die kommende Präsidentschaftswahl zu erwerben,