Joe 9/11. Thomas Antonic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Antonic
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783903005648
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Gruppenausstellung? Welche Gesellschaft? Wo?

      – – – SMS von David:

       Vergiss die Gesellschaft. BURROUGHS GALLERY!

      – – – SMS an David:

       Im Ernst?

      – – – SMS von David:

       Naja, der alte Homo meint es immer ernst, wenn’s ums Geschäft geht. Und das ist ein Riesengeschäft. Weißt du, was das für dich bedeutet? Du kommst in die erste Liga!!

      – – – SMS an David:

       Scheiße, Mann. Scheiße! Okay, Wann?

      – – – SMS von David:

       Ja, das ist die Sache: in zwei Monaten. Pan Jax hat abgesagt. Also hab ich dich reingebracht. Das ist eine Jahrhundertchance. Es wär besser, du würdest da mit etwas verdammt Großartigem antanzen. Das wird eine riesengroße Sache. Du brauchst nur ein sehr großes Foto, so wie diese von deiner letzten Show. Oder zwei kleinere. Die Vernissage ist am 11. September. Wie immer dort, bei diesen Exzentrikern, vormittags. Und du kennst die Galerie. Manhattan. NYC.

      Peter versucht sich zu sammeln.

      – – – SMS an David:

       OKAY!

      – – – SMS an Martty:

       Sir, es ist Zeit für eine wirklich ernsthafte Unterhaltung. Zieh dir deine Hosen an, und wir treffen uns in einer halben Stunde bei Mel’s. Ich wiederhole: IN EINER HALBEN STUNDE!!!

      6

      Martty quatscht mit Sue, der Kellnerin, die immer hier Frühschicht hat. Und sie ist immer guter Laune. Martty sagt irgendwas zu ihr und beide lachen, während Peter den Diner betritt. Er sieht abgekämpft aus, wie nach einer schlaflosen Nacht.

      Peter: »Hallo allerseits.«

      Sue: »Hey, Pete, Kaffee?«

      Peter: »Sicher! Schwarz, wie immer. Und ich könnte Eggs Benedict zum Frühstück vertragen.«

      Sue holt eine Kaffeekanne und einen frischen Becher und füllt ihn fast randvoll. Dann geht sie nach hinten, um dem Koch die Bestellung zu übermitteln. Martty hat bisher kein einziges Wort gesagt und grinst nur.

      Peter: »Was?«

      Martty: »Ich hab grad den San Francisco Chronicle durchgeblättert, während ich auf dich wartete. Und rate mal. Dein lieber Freund Pan Jax wird seit drei Tagen vermisst.«

      Peter schaut überrascht.

      Peter: »Ist nicht wahr!«

      Martty: »Doch. Steht in der Zeitung. Wie war das noch mal? Ihr wart beide an der Kunsthochschule und du hast diese eine, diese einzige wichtige Gruppenausstellung verpasst, weil du grad Liebeskummer hattest?«

      Peter: »Liebeskummer … Ich war nahe am Selbstmord. Nur wegen diesem Gör, Amylou … Und ich hab mich nicht um diese Ausstellung gekümmert, weil die Szene sowieso Gruppenausstellungen von Studenten ignoriert. Aber just zu dieser kam Herr von und zu Starfotograf Bokelberg und entdeckte Pan Jax, der jetzt berühmt ist, während ich immer noch hier herumlungere. Und dieser Arsch ist noch dazu zwei Jahre jünger als ich.«

      Martty: »Amylou, was? Alles ihre Schuld, ja?«

      Peter: »Nein, es war meine Schuld. Einzig und allein meine Schuld.«

      Martty: »Was ist überhaupt aus Amylou geworden?«

      Peter: »Ist mir egal. Das tut jetzt auch nichts zur Sache. Ich hab große Neuigkeiten für dich, und deshalb sind wir eigentlich hier. Hör zu: Mein Agent, Sherlock, hat mir heute eine SMS geschickt. Ich kann bei einer Ausstellung in der Burroughs Gallery, Manhattan, mitmachen.«

      Martty: »Scheiße, Mann! Gratuliere!! Ha! Jetzt brauchst du also nicht mehr auf Jax eifersüchtig zu sein, was?«

      Peter: »Naja, die Sache ist die, dass ich quasi der Ersatz für Jax bin.«

      (Kurze Pause.)

      Martty (holt tief Luft): »Uuuuuhhh!!! Scheiße, Mann! Junge, Junge …«

      Peter: »Aber ich hab nicht gewusst, dass er vermisst wird. Sherlock hat mir das nicht gesagt … Egal. Weißt du, was das bedeutet? Das könnte die große Chance sein! Vielleicht die einzige große Chance in meinem Leben, um an die Spitze zu gelangen! Und Sherlock hat gesagt, dass ich nur ein einziges großes Foto brauchen würde …«

      Martty: »… das du seit vorgestern besitzt.«

      Peter: »Meinst du wirklich, dass ich das Polaroid ausstellen sollte?«

      Martty: »Yeah, Mann, das ist das Bild des Jahrhunderts!«

      Peter: »Aber was ist mit dem, der das Foto gemacht hat? Wenn ich dieses Foto bei Burroughs ausstelle, kann es sein, dass das in jedem zweiten Kunstmagazin auf der ganzen Welt abgedruckt wird. Der Typ könnte also dahinterkommen.«

      Martty: »Könnte … Hätte … vielleicht, vielleicht … Hör mal, das ist ein Polaroid. So was kann man innerhalb einer Sekunde machen, ohne darüber nachzudenken. So wie eine Lomografie oder irgend so ein Scheiß. Polaroids haben außerdem kein Negativ. Es existiert nur dieses eine Positiv.«

      Sue bringt Eggs Benedict an die Theke und Pommes Frites.

      Peter: »Danke.«

      Martty (während Peter isst): »Weißt du, ich hab über dieses Foto nachgedacht. Du hast diese Lady in dem Café nicht gefragt, wer ihr das gegeben hat, richtig?«

      Peter: »Das ist richtig.«

      Martty: »Jetzt sag ich dir, was wir unternehmen können.«

      Peter: »Was?«

      Martty: »Wir fragen sie. Sie wird sich an den Typen erinnern. Vielleicht ist es ein Freund von ihr. Wer weiß! Wir werden also dort hinfliegen und sie fragen. Es ist bestimmt kein Ding der Unmöglichkeit, diesen Typen ausfindig zu machen. Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass ich ihn finden kann.«

      Peter: »Aber ich hab dir doch schon gesagt, dass ich jetzt nicht nach Portugal fliegen werde. Ich bin gerade erst von dort zurückgekommen!«

      Martty: »Ich werde alleine fliegen.«

      7

       Sagres, Portugal

      Ein hagerer, älterer Mann betritt das Café Mundo. Er nimmt an einem Tisch am Fenster Platz.

      »Cerveja!«

      Er legt eine Schachtel Zigaretten und ein Zippo-Feuerzeug auf den Tisch und nimmt eine Polaroidkamera aus seiner Tasche, gibt einen Film in die Kassette. Die Besitzerin, Maria, bringt ein kühles Sagres-Bier. Der Mann nickt. Sein Gesicht ist von einem Sonnenbrand gezeichnet. Er hat einen perlweißen Schnurrbart. Maria verschwindet in der Küche. Der Mann ist der einzige Gast.

      »Hey, Lady, kommen Sie doch mal her für einen Augenblick.«

      Maria kommt wieder aus der Küche und geht zum Tisch.

      »Ja?«

      »Verstehen Sie Englisch?«

      »Ja, ein wenig.«

      »Darf ich Sie fotografieren?«

      Maria wird rot und lächelt.

      »Warum wollen Sie mich fotografieren?«

      »Sagen wir, ich finde Sie bezaubernd und es wäre mir eine Ehre.«

      Maria läuft