LebensAder. Bernd Steckmeier. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bernd Steckmeier
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783868675191
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tun ? Viele wissen es, wollen es aber nicht wahrhaben. Sie schauen weg. Der erhöhte Blutdruck ist zunächst nicht schmerzhaft. Bis der „Kessel so unter Dampf“ steht, dass der Druck entweicht. Schlaganfälle entstehen, Aneurysmen platzen, Herzen flimmern oder hören ganz auf zu schlagen.

      Auch die Süße im Blut bereitet zunächst keine Beschwerden, bis die Körperzellen unempfindlich werden für Insulin. Das Hormon wirkt wie eine Pumpe, welche Zucker in die Zelle befördert. Durch Zucker im Überfluss kann der Pumpmechanismus auf Dauer erlahmen. Fällt der „Türöffner“ Insulin für die Zuckeraufnahme in die Zelle aus, weil die Bauchspeicheldrüse es nicht mehr bilden kann, oder Insulin nicht mehr auf die Zellen wirkt („Insulinresistenz), bleibt die Glukose außen vor. Diabetes entsteht. Diabetes macht nicht dick, aber ein dicker Bauch riskiert Diabetes. Bauchfett sondert Hormone ab, welche die Insulinresistenz ganz besonders fördern.

      INSULIN ist ein Hormon, welches in spezialisierten Zellen erzeugt wird, die wie Inseln im Gewebe der Bauchspeicheldrüse verstreut liegen. Es schleust Zucker in die Zellen zur Energiegewinnung und hält so den Blutzuckerspiegel auf einem bestimmten Niveau. Bei Diabetikern fällt die Produktion von Insulin aus oder seine Wirkung ist durch Überkonsum von Zucker gestört („Insulinresistenz“).

      Der Blutzuckerspiegel steigt und sinkt nicht mehr. Quälender Durst und häufiges Wasserlassen sind die ersten Anzeichen des Diabetes. Aber auch dann ist es noch nicht zu spät. Sie erfahren alles, wie Diabetes entsteht, was man dagegen tun kann und vor allem, wie man eines der größten und trotzdem unbekanntesten Körpergifte vermeiden kann, welches Herz, Gefäße und Nerven schädigt –„verzuckerte Eiweißstoffe“ (Advanced Glycation Endproducts,„AGE“).

      Ohne Cholesterin gibt es keine Arteriosklerose. Zu viel Cholesterin in unseren Adern bleibt anfangs unbemerkt. Erst wenn die Ablagerungen Schicht für Schicht unsere Gefäße immer mehr einengen, wie eine Schlinge um den Hals, die sich immer mehr zuzieht, treten Symptome auf. Abnahme der körperlichen Belastbarkeit durch Kurzatmigkeit und Schwäche, Brennen hinter dem Brustbein, Schmerzen in den Waden beim Gehen sind unübersehbare Warnsignale. Wenn der Übertritt des Blutes vom Herzen in die Hauptschlagader durch eine verkalkte Aortenklappe behindert wird, bekommt der Körper zu wenig frischen Sauerstoff. Es ist wie bei einem Luftballon, der immer wieder aufgeblasen wird und bei dem man das Auslassventil zuhält und nur langsam freigibt. Je weniger Luft ausströmt, desto größer ist der Restdruck im Ballon. In den Herzkammern steigt dieser in ähnlicher Weise. Dann wird Blut daran gehindert von der Lunge zum Herzen zu fließen. Es kommt zum Rückstau. Wasser wird in das Lungengewebe gepresst und drückt auf die Lungenbläschen, in denen Sauerstoff aus der Luft ins Blut aufgenommen und Kohlendioxid abgegeben wird. Schon kleinere Anstrengungen führen zur Atemnot.

      Trotz des steigenden Gesundheitsbewusstseins und der zunehmenden Fitnesswelle hören manche nicht auf mit der ungesunden Lebensweise. Sie bewegen sich nicht und bringen zu viel Gewicht auf die Waage. Sie ignorieren das weiße Bauchfett und kennen nicht seine unheilvolle Macht, uns zu töten.

      Sie rauchen munter weiter und verdrängen alle Warnungen. Sie trinken zu viel Alkohol, obwohl sie die Folgen kennen. Auch die Leber leidet anfangs still und im Verborgenen. Keiner bemerkt die langsam immer schlimmer werdende Gefahr. Eine Fettleber und später eine Zirrhose sind der Preis für andauernde Völlerei. „Foie Gras“ („fette Leber“), die Gänse- oder Entenstopfleber entsteht durch Tierquälerei. Man sollte sie nicht essen und noch weniger bei sich selbst produzieren. Weder bei uns noch bei den geschundenen Tieren. Ein Viertel ( !) der Erwachsenen in unseren Breiten ist von ausgeprägten Fetteinlagerungen in der Leber betroffen. Bei einer Fettleber („Wohlstandsleber“) erhöht sich das Risiko für hohen Blutdruck, Herz- und Gefäßkrankheiten sowie Diabetes.

      Einige lassen es zu sehr krachen. Besonders am Wochenende. Partys werden zu ausufernden Feierrunden. Viele interessieren sich mehr für die Frage, was gegen eine Katerstimmung hilft, als einen „Hangover“ zu vermeiden. Manch Katzenjammer endet in einem „Kotzenjammer“.

      Wie ist das noch zu verstehen ? Viele glauben, dass alles Schicksal sei und das Schicksal interessiert mich nicht, so lange ich Spaß habe und noch gesund erscheine.

      Bewegungsmangel, Übergewicht, falsche Ernährung, Rauchen und übermäßiges Trinken sind unser wahrer Feind auf Erden. Wenn wir diese apokalyptischen Reiter (in der Bibel: „Boten der nahenden Apokalypse“, z. B. des Jüngsten Gerichts), die zur Arteriosklerose führen, bekämpfen wollen, haben wir genug zu tun. Dazu brauchen wir keinen Nachbarschaftsstreit und keine Kriege.

      Einige unter uns aber wollen um jeden Preis älter werden. Sollen wir der Fitness und Gesundheit alles opfern ? Müssen wir jede freie Minute planen und produktiv nutzen oder dürfen wir uns auch einmal gehen lassen ? Haben wir noch Spaß am Leben oder sind zu Dienern des Gesundheitswahns mutiert ? Stress im Studio – nein danke ! Fitness ja – aber mit Bedacht. Trotzdem können wir nicht alles auf die Gesundheit reduzieren. Leben und leben lassen gehören auch dazu.

      Wenn wir vom Blut leben, sollten wir auf die Wohnung des Blutes achten – unser Herz und unsere Gefäße.

      „Der Kreislauf tut nur seine Pflicht, solang er kreist, sonst tut er’s nicht.“ (Wilhelm Busch, deutscher humoristischer Dichter; 1832–1908)

      Entdeckt hat den Blutkreislauf William Harvey (englischer Arzt und Anatom; 1578–1657; Wegbereiter der modernen Physiologie) im 16. Jahrhundert.

      Markerschütternd müssen sie gewesen sein, die Schreie der Hunde, die er mit Fesselstricken an einen hölzernen Verschlag band und deren Brustkorb er bei lebendigem Leib ohne Narkose öffnete. Er sah das schlagende Herz und ritze ein Loch in die Aorta. Blut quoll rhythmisch in hohem Bogen hervor. Aus dem Fassungsvermögen der linken Herzkammer (70 ml) und der Anzahl der Schläge (70/Minute) berechnete er die in einer Minute ausgeworfene Blutmenge (70 × 70 = 4.900 ml; 4,9 Liter/Minute).

      Diese Erkenntnisse waren revolutionär, hatte man doch bis ins 18. Jahrhundert hinein der „Säftelehre“ Galens angehangen (Galen, griechischer Arzt und Anatom; 2. Jahrhundert n. Chr.; Wundarzt der Gladiatoren, Leibarzt von Marc Aurel und dessen Sohn).

      Galen vertrat noch die Ansicht, dass das Blut von der Leber gebildet würde und sich von dort aus über sämtliche Organe verteilt. Galen musste es ja wissen. Schließlich führte er Eingriffe durch an zum Tode Verurteilten und experimentierte an sterbenden Gladiatoren ohne Betäubung – die Narkose war längst nicht erfunden. Die großen Verdienste Galens als einer der bedeutendsten Ärzte in der Antike neben Hippokrates (griechischer Arzt und Vater der Medizin; 460–370 v. Chr.), sei es zur Erforschung der Anatomie von Mensch und Tier oder der Zubereitung von Arzneimitteln, sollen damit keineswegs geschmälert werden.

      Bei der Beschreibung des Blutkreislaufes aber lag Galen völlig daneben. Seine Vorstellung vom Blutkreislauf war Gesetz und jeder ein Ketzer, der anders darüber dachte. Ohne den Mut und Forschungsdrang des jungen Harvey wären die modernen bahnbrechenden Erkenntnisse zur Diagnostik und Therapie unseres Herz-Kreislaufsystems undenkbar gewesen. Wenn auch die Opfer lebender Tiere für diese Erkenntnis unmenschlich waren.

      Es hat noch vierzehn Jahrhunderte gebraucht, bis die „Viersäftelehre“ Galens durch die Entdeckungen Harveys abgelöst wurde. (Viersäftelehre: gelbe Galle, schwarze Galle, Blut und Schleim).

      Die Mischung macht’s. Galen und Hippokrates waren noch der Meinung, dass die „Ausgewogenheit“ der vier Säfte („Eukrasie“; griech. eukrasia, „richtige, gute Mischung“) unser Wohlbefinden bestimmt und die Ursache der Krankheiten im Ungleichgewicht der Säfte („Dyskrasie“; „schlechte, fehlerhafte Zusammensetzung“) begründet ist. Auch in unserer heutigen Sprache finden wir noch Reste dieser Lehre, wie z. B.: „Wenn ich an Montag denke, kommt mir heute noch die Galle (‚Galle‘, indogerm. ‚ghel‘, ‚gelb, grün‘) hoch.“ Oder: