»Ma«, fauchte ich. »So ist das nicht. Es ist rein professionell.«
»Und die ganze Nacht auf der Terrasse sitzen und reden«, sagte sie beiläufig. »War das deine Art und Weise, professionell zu sein?«
Ich seufzte.
»Dachte ich's mir doch«, sagte sie.
Ich besserte meinen vorherigen Kommentar etwas nach. »Ma, das kann nichts werden.«
»Warum nicht?«
»Er ist hier Gast. Ich bin für ihn verantwortlich. Du weißt, es gibt Regeln über Geschäft und Vergnügen.«
»Vielleicht liegt es ja in deiner Verantwortung, beides zu bieten…«
Ich schob mich durch die Fliegengittertür, bevor sie diesen Satz zu Ende bringen konnte, und ging zu dem Gatter hinüber, an dem George stand und Travis beobachtete.
Lieber Himmel, er war erst einen Tag hier.
Ich meine, so lange her war es nun auch wieder nicht, dass ich mit jemandem zusammen gewesen war… Ich versuchte, mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal Sex gehabt hatte… Okay, fast anderthalb Jahre – das war vielleicht doch zu lang.
Verdammter Mist.
Ich war irgendwie sauer auf mich selbst, als ich mich neben George stellte. Ich stützte mich oben auf den Zaun und stellte einen gestiefelten Fuß auf der untersten Querstrebe ab.
»Alles klar bei dir?«, fragte George leise.
Er hatte mir schon immer alles vom Gesicht ablesen können. »Sicher.« Ich sah zu ihm hinüber und gab ihm einen Klaps auf die Schulter und lächelte ihn an. »Mir geht's gut.« Aber dann griff Travis, der bis dahin dagestanden und beruhigend auf das Pferd eingeredet hatte, das Sattelhorn, stellte seinen linken Fuß in den Steigbügel und zog sich in den Sattel hinauf.
Das Tier drehte sich einmal im Kreis und Travis spannte die Arme an. Seine Unterarmmuskeln traten hervor, als er die Zügel anzog. Seine Jeans schmiegte sich an Schenkel und Arsch, als er die Hüften aus dem Sattel hob.
Ich verbiss mir ein Stöhnen und senkte den Kopf, lehnte die Stirn gegen die Zaunkante.
»Du hast ihn«, rief George zu ihm hinüber, was heißen sollte, dass er das Pferd voll unter Kontrolle hatte.
Travis' Lachen ließ mich wieder aufblicken. Er grinste, als er den Wallach im Kreis herum lenkte. Wenn es irgendein Pferd gab, das ihm Schwierigkeiten machen konnte, dann war das dieser Wallach. Aber er hatte ihn total im Griff.
George öffnete das Gatter und Travis lenkte das Pferd heraus und dann in leichtem Trab die Auffahrt hinunter. Seine Bewegungen waren flüssig, als er sich im Sattel hob und seine Beine benutzte, fast schon in den Steigbügeln stand und sich dann über den Hals des Pferdes lehnte und es antrieb, bis es galoppierte.
»Ich glaube nicht, dass du dir Sorgen darüber machen musst, ob der Junge reiten kann«, sagte George neben mir lachend. »Selbstgefälliger Ami, hm?«
Ich lächelte und seufzte. »Sag ihm, er soll gar nicht erst absteigen. Ich werd mal aufsatteln gehen. So wie er den Wallach reitet, wird der gleich völlig aufgedreht sein. Da können wir genauso gut noch einen Ausritt machen.«
George nickte, aber es sah aus, als würde er sich ein Grinsen verkneifen. Ich war drauf und dran, ihm zu sagen, er solle sich gefälligst um seinen eigenen Mist kümmern. Aber stattdessen drehte ich mich um und ging weg.
Ich schnappte mir meinen Sattel aus dem Schuppen, ging zurück zum Pferch und legte den Sattel über den Zaun. Dann steckte ich zwei Finger in den Mund und pfiff laut, bevor ich wieder in den Schuppen zurückging.
Ich hörte Travis zurückkommen und George, der ihm sagte, er solle auf dem Pferd bleiben.
»Hab ja gesagt, ich kann reiten«, sagte Travis; sein Akzent war deutlich herauszuhören. Und dann, nach einem Moment: »Warum hat Charlie gepfiffen?«
»Ruft sein Pferd«, antwortete George.
»Ruft sein was?«, fragte Travis.
Ich lächelte in mich hinein, schnappte mein Zaumzeug und ging zurück zu meinem Sattel. Und wie erwartet, so wie immer, kam Shelby angaloppiert. Sie war ein Falbe, ein bisschen klein für ein Stockhorse, aber das beste, das ich je gesehen hatte. Sie hob den Kopf, schnaubte ein paar Mal und stampfte mit einem Vorderhuf.
Ich kletterte durch den Zaun, ging zu ihr und fuhr ihr mit der Hand über Hals und Schulter. Ich ließ sie an mir schnuppern und mich stupsen, so wie sie es immer machte. »Hey, mein Mädchen«, sagte ich sanft. »Schon ein paar Tage her, was?«
Sie stupste mich noch einmal mit ihrer Stirn an und ich streichelte ihre Ohren, während sie ihren Kopf auf meiner Schulter ablegte. Ich ignorierte die Blicke, die ich in meinem Rücken spürte, und legte ihr das Zaumzeug an, warf die Decke über ihren Rücken, dann den Sattel. Ich schnallte ihn schnell fest, dann stellte ich meinen linken Fuß in den Steigbügel, schwang mein rechtes Bein rüber und sank in den Sattel. Ich zog die Zügel an und wir drehten uns, bis ich Travis und George sehen konnte, die mich mit Argusaugen beobachteten. Travis zog an den Zügeln, um den unruhigen Wallach im Zaum zu halten, aber er ließ mich keinen Moment aus den Augen.
George grinste von einem Ohr zum anderen. Er schüttelte den Kopf, also warf ich ihm die Wasserflasche zu, die er mühelos auffing. Er füllte sie mit Wasser aus dem Hahn am Trog und warf sie zu mir zurück, dann öffnete er das Gatter für Travis.
George – der Mann, der immer wie ein Vater für mich gewesen war – versuchte nicht mal, sein Grinsen zu verbergen, als er zu mir hochsah. »Kommt nicht zu spät.«
Bevor ich eine passende Antwort hatte, ritt Travis durchs Gattertor und Shelby warf den Kopf zurück und ich musste hart in die Zügel greifen und sie herumziehen. Als ich zu George zurücksah, war das Tor wieder geschlossen und er auf dem Weg zurück ins Haus.
»Alles in Ordnung mit ihr?« Travis deutete mit dem Kinn auf Shelby.
»Alles gut«, antwortete ich. Ich stupste sie mit meinen Stiefelspitzen an und Shelby startete durch.
Ich schaute zurück und Travis war dicht hinter mir. Sicher, er konnte gut reiten, aber ich war besser. Besonders mit Shelby. Sie war eine wunderbare Stute, und verdammt schlau. Ich liebte es, mit ihr hier draußen zu sein, und vertraute ihrem Urteil. Es gab nicht allzu viele Menschen oder Tiere auf diesem Planeten, über die ich das sagen würde.
Ich ritt mit ihr ein paar Hundert Meter geradeaus, dann nahm ich sie vorsichtig zurück und ließ sie langsam auslaufen. Travis war im Handumdrehen an meiner Seite und wir ließen die Pferde im Schritt gehen.
Er lächelte noch immer, aber entspannte sich im Sattel. »Es ist wirklich wunderschön hier«, sagte er. »Ich hatte erwartet, dass es in den Wüsten von Utah oder Arizona ziemlich ähnlich sein würde, aber das ist es überhaupt nicht. Es ist mehr…« Er verstummte, so als würde er das richtige Wort nicht finden können.
»Australisch?«, schlug ich vor.
Er lachte. »Genau. Aber es ist sehr schön.«
Ich schnaubte. »Sei bloß vorsichtig, sonst hast du diese rote Erde schon bald in deinem Blut.« Dann deutete ich zur westlichen Zaungrenze. »Wir reiten daran entlang«, sagte ich zu ihm. Wir lenkten die Pferde zu den Bäumen in der Nähe des westlichen Zauns und folgten eine Weile lang seinem Verlauf. Ich erklärte ihm, dass dies eine der Viehkoppeln sein würde, wenn die Rinder runterkamen. Im Schatten einiger Bäume stiegen wir ab und Travis schlang die Zügel des Wallachs lose um den Zaun. Shelbys Zügel ließ ich einfach hängen.
»Nicht viel Schatten hier«, bemerkte Travis.
Ich lachte. »Hier wächst auch nicht viel hoch genug, um welchen zu produzieren.«
Er ging in die Hocke und schaufelte ein bisschen Erde in seine Hand. »Das ist der röteste Boden, den ich jemals gesehen habe.«