Dzieci północy. Салман Рушди. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Салман Рушди
Издательство: PDW
Серия: Mistrzowie literatury
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9788381887243
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und Gemüsesorten, hatte Eryn den Ehrgeiz, eine Obstplantage anzulegen. Er hatte sich bereits ein paar ausgewachsene Bäume durch die Wege herbeigeholt, doch einige Setzlinge hatte er auch direkt aus der reifen Frucht gezogen. Diese bedachte er nun täglich mit einer guten Portion Magie und die Bäume entwickelten sich rasant.

      Sie sehen gut aus, urteilte er zufrieden und lächelte dann, als er an jenen kläglichen Versuch während seiner Prüfung zur vierten Stufe zurückdenken musste.

      Bisher ist noch keiner meiner Schützlinge eingegangen. Langsam habe ich den Dreh raus. Vielleicht ist an mir doch ein Grüner verloren gegangen. Doch auch Gahaeris steht auf der Liste der Türme, denen ich mich nicht mehr freiwillig nähern werde.

      Ein neues Blatt begann sich gelb zu färben und sofort drosselte Eryn die Magie. Das ist genug für heute. Zeit wieder nach oben zu gehen und mich den Studien zu widmen. Er schwebte die Felswand empor und suchte seinen bevorzugten Arbeitsplatz auf. Dort machte er es sich in einem Sessel gemütlich und nahm die Aufzeichnungen vom Vortag zur Hand. Er hatte inzwischen eine beachtliche Zahl an Feldversuchen durchgeführt, doch nun steckte er an einer Stelle fest und kam absolut nicht weiter.

      Zu gerne würde ich hierzu in der Literatur nachlesen. Spontan fielen ihm ein paar Standardwerke ein, die Aufschluss geben könnten. Solche Werke befanden sich aber nur in den großen Bibliotheken der Magier – gut geschützt und nur für einen ziemlich eingeschränkten Personenkreis zugänglich.

      Ich sollte meine eigene Bibliothek aufbauen, dachte Eryn aus einer Laune heraus. Dabei hatte er noch keinen Plan, wie er diesen hehren Wunsch in die Tat umsetzen sollte.

      Vielleicht besorge ich mir Bücher aus Naganor. Doch dort kannten ihn zu viele Leute. Außerdem war es eine Sache, sich im Nebengebäude bei den Kindern aufzuhalten und eine ganz andere, den Hauptturm aufzusuchen, um dort in Meister Raidens ureigenem Arbeitszimmer herumzuschnüffeln.

      Das findet er mit Sicherheit raus und die Bibliothek in der Garnison kommt auch nicht infrage. Da wird sogar Buch darüber geführt, wer rein und raus geht und wer was mitnimmt. Die anderen Türme sind sicherlich auch extrem gut abgesichert. Und wenn ich Vedi aufsuche?

      Aber Vedis Palast befand sich in der Nähe von Elverin und Vedi hatte auch Kontakt zu Meister Ador.

      Er muss mich noch nicht einmal mit Absicht verraten. Es genügt schon, wenn er sich verplappert oder, nicht auszudenken, wenn Ador ihn zwingt, Informationen über mich preiszugeben.

      Verdammt, es muss doch auch noch irgendwo anders Bücher geben.

      Diese Orte gab es tatsächlich und sie wurden Buchläden genannt. Dort verkauften zumeist unmagische Händler Bücher über alles Mögliche und es gab sie in jeder größeren Stadt.

      Ja, auch die Unmagischen lesen, allerdings seltener Bücher über höhere Magie.

      Trotzdem hoffte Eryn so zumindest ein paar Standardwerke der Magie erwerben zu können und das auf ganz legale Art und Weise.

      Kurz darauf stand er auf dem Marktplatz einer großen Stadt im Süden des Kontinents. An seinem Gürtel hing ein Beutel mit all seinem Merett-Geld – ungefähr 100 Goldstücke. Wie ein gewöhnlicher Passant schlenderte er über den Markt und blieb dann vor einem der Stände stehen, wo es köstlich nach gebratenem Fleisch duftete. Dort kaufte er sich einen mittelgroßen Fleischspieß und fragte auch noch gleich nach dem nächsten Buchladen. Bereitwillig gab man ihm Auskunft und er fand das Geschäft auf Anhieb.

      Drinnen roch es ein wenig muffig und Regale, vollgestopft mit Büchern, reichten bis unter die Decke. Dadurch wirkte der Raum noch ein wenig kleiner, als er ohnehin schon war. Eryn war der einzige Kunde und sofort kam ein kahlköpfiger, schmächtiger Mann auf ihn zu.

      „Kann ich Ihnen helfen?“

      „Nun, ich suche Bücher über Magie und fantastische Geschichten. Haben Sie etwas in diese Richtung?“

      „Nicht allzu viel.“ Der Mann deutete auf einen Regalabschnitt und meinte:

      „Hier steht alles, was ich zurzeit habe. Suchen Sie etwas Bestimmtes?“

      „Nein, eigentlich nicht, ich möchte mich nur etwas umsehen“, meinte Eryn und der Verkäufer zog sich wieder an das kleine Schreibpult im hinteren Teil des Geschäftes zurück, während Eryn sich daran machte, die Buchrücken zu studieren.

      ‚Der Kreis der Magie‘, also das sollte ich inzwischen wirklich beherrschen. ‚Geschichten über Nurin‘ – auch nicht gerade die Lektüre, die ich suche. Der nächste Einband war nicht beschriftet und so zog Eryn das Buch heraus, um zu sehen, worum es sich dabei handelte.

      ‚Zucht und Ausbildung edler Pferde‘, das hat definitiv nichts mit Magie zu tun und steht hier offensichtlich falsch. Das Buch wanderte wieder zurück an seinen Platz. Eryn arbeitete sich von einem Titel zum nächsten, doch noch hatte er nichts von Interesse gefunden. Dann fiel sein Blick auf den Text eines Einbandes, der ihn neugierig machte.

      ‚Die Zerstörung des Nimrods und was wirklich passierte‘, von Mikuss Mahak. Aha, mal sehen, was dieser Mikuss zu berichten weiß.

      Schon auf der ersten Seite prahlte der Autor damit, Informationen aus erster Hand zu haben, und Eryn musste schmunzeln. Doch als er die Einleitung las, kam es noch besser:

      ‚Damit ein derart großes Wunder geschehen konnte, mussten drei unglaublich seltene Wesen aufeinandertreffen. Eine gelbe Riesenkröte, ein rosa Einhorn und die silberne Eule der Erleuchtung.‘ Aha? Also meines Wissens waren an dieser Aktion nur Menschen und Drachen beteiligt. Oder sind diese Bezeichnungen als Decknamen zu verstehen? Dann bin ich sicherlich die silberne Eule und die anderen können sich die Riesenkröte und das Einhorn teilen. Wenn man die Aktion im Ganzen betrachtet, waren da ohnehin mehr als drei Wesen beteiligt. Lieber Mikuss, lass dir gesagt sein, dein Werk ist kompletter Schund.

      „Ein sehr gutes Buch, und man erfährt wirklich viel darüber, wie die Welt vor ein paar Jahren geheilt wurde“, meinte der Verkäufer voller Überzeugung. Der war nun doch wieder aus seiner Ecke hervorgekommen und hatte sich ganz unauffällig neben Eryn gestellt.

      „Nun, ich weiß nicht so recht. Riesenkröten und Einhörner, das klingt mir doch reichlich weit hergeholt.“ Eryn klappte das Buch zu und schob es wieder zurück in das Regal. Der schmächtige Verkäufer fürchtete schon seinen einzigen Kunden zu verlieren und redete seine Ware gut:

      „Es ist nicht so verwirrend, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Mikuss beruft sich gleich auf mehrere verlässliche Quellen und erklärt schlüssig bis ins kleinste Detail, wie sich alles zugetragen hat.“

      Mit Sicherheit hatte unser Mikuss-Lügenfluss verlässliche Quellen. Wenn Ravenor oder ich geredet hätten, dann hätte uns Meister Raiden auf der Stelle den Kopf abgerissen. Die hohen Magier reden sowieso nicht mit Unmagischen und der Forscherdrache hätte Mikuss allenfalls in seinen Zoo gesperrt.

      Dieses verheerende Urteil behielt Eryn für sich und meinte höflich:

      „Trotzdem ist es nicht das, was ich suche.“

      „Dann lassen Sie mich Ihnen helfen. Wonach suchen Sie denn?“

      Inzwischen war Eryn zu der Ansicht gelangt, dass ihm der Verkäufer vielleicht doch helfen könnte.

      „Es ist so, ich suche ein Geburtstagsgeschenk für meine Tochter“, begann Eryn eine Geschichte zu erfinden. Eine Tochter ist besser als ein Sohn. Weiß doch jeder, dass Jungs freiwillig keine Bücher lesen. Das kommt erst ab einem gewissen Alter. Vorher muss man sie regelrecht dazu zwingen. Außerdem soll der Buchhändler auch nicht denken, es wäre für mich. „Sie hat eine stärkere Begabung in einem der Kreise und ist ganz verrückt nach allem, was mit Magie zu tun hat. Ich meine, richtige Magie. Aber Artefakte sind immer so teuer, und da dachte ich, sie freut sich sicherlich auch über ein Buch zu diesem Thema.“

      „Dann lassen Sie sie ausbilden?“

      Eryn wehrte ab. „Nein, dafür reicht die Begabung leider nicht aus, aber ich will ihr auch nicht die Illusionen nehmen. Sie ist so begeistert.“

      Der