Es wird erzählt, dass einmal ein Philosoph, ein Realist, zu Picasso kam, dem berühmten Maler. Der Philosoph bestand auf Realismus und war gekommen, um Picasso zu kritisieren, weil Picasso abstrakt malt, alles andere als realistisch. Er stellt die Wirklichkeit nicht so dar, wie sie ist. Im Gegenteil, seine Bilder sind symbolisch, sie haben eine völlig andere Dimension – sie symbolisieren etwas.
Der Realist sagte: „Ich mag Ihre Bilder nicht. Ein Gemälde sollte die Wirklichkeit zeigen! Wenn Sie meine Frau malen, dann sollte Ihr Bild auch aussehen wie meine Frau.“
Und er holte ein Passfoto seiner Frau heraus und sagte: „Sehen Sie? So sollte Ihr Bild auch aussehen!“
Picasso sah sich das Bild an und sagte: „Das ist Ihre Frau?“
Er sagte: „Ja, das ist meine Frau.“
Picasso darauf: „Ich bin überrascht! Sie ist sehr klein und flach.
Das Bild kann nicht die Frau sein!“
Einer anderen Geschichte zufolge kam einmal eine bildschöne Frau zu Picasso und sagte: „Neulich sah ich in der Wohnung eines Freundes Ihr Selbstporträt. Ich war so hingerissen davon, geradezu hypnotisiert, da hab ich das Bild umarmt und geküsst!“
Picasso sagte: „Tatsächlich?! Und dann? Was hat das Bild gemacht? Hat das Bild Sie zurück geküsst?“
Die Frau sagte: „Sind Sie verrückt? Das Bild hat mich natürlich nicht geküsst!“
Picasso darauf: „Dann war ich es nicht.“
Ein Bild ist etwas Totes. Die Kamera, die Fotoplatte kann nur etwas Statisches festhalten. Und das Leben ist niemals statisch, sondern verändert sich ständig. Dein Verstand funktioniert wie eine Kamera, er sammelt immerzu Bilder – wie ein Fotoalbum. Und dann reagierst du aufgrund dieser Bilder. Also stimmst du nie mit dem Leben überein, denn egal was du tust, es ist immer verkehrt. Egal was du tust, sage ich, es ist verkehrt. Nie stimmt es überein.
Eine Frau zeigt ihrem Jungen das Familienalbum und stößt auf das Foto eines hübschen, jungen Mannes – langes Haar, bärtig, lebenslustig.
Der Junge will wissen: „Mami, wer ist der Mann?“
„Ja, erkennst du ihn denn nicht? Das ist Papa!“
Daraufhin fragt sie der Junge verblüfft: „Wenn das Papa ist, wer ist dann dieser Kahlkopf, der mit uns lebt?“
Ein Bild ist statisch. Es bleibt, wie es ist, es ändert sich nie. Das Unbewusste funktioniert wie eine Kamera, es funktioniert wie eine Fotoplatte. Der wache Geist, der meditative Geist funktioniert wie ein Spiegel. Er hält keine Eindrücke fest; er bleibt immer leer, absolut leer. Was immer vor dem Spiegel erscheint, wird reflektiert. Wenn du dich vor den Spiegel stellst, wirst du gespiegelt. Wenn du weggegangen bist, dann sag nicht, dass der Spiegel dir untreu geworden ist. Der Spiegel ist einfach nur ein Spiegel. Wenn du weg bist, spiegelt er dich nicht mehr; er ist keineswegs dazu verpflichtet, dich noch länger zu spiegeln. Jetzt steht jemand anders vor ihm – er spiegelt jemand anders. Wenn niemand da ist, spiegelt er nichts. Er bleibt immer lebensecht.
Die Fotoplatte ist nie lebensecht. Selbst wenn du in diesem Augenblick fotografiert wirst, bist du, bis der Fotograf die Filmrolle aus dem Apparat genommen hat, nicht mehr derselbe! Viel Wasser ist inzwischen den Ganges hinunter geflossen. Du bist gewachsen, du bist älter geworden. Vielleicht ist erst eine Minute vergangen, aber diese eine Minute kann entscheidend sein – du könntest tot sein! Noch vor einer Minute warst du lebendig; jetzt, eine Minute später, bist du vielleicht schon tot. Das Bild wird nie sterben. Im Spiegel dagegen bist du lebendig, wenn du lebendig bist; und tot, wenn du tot bist.
Buddha sagt: Lerne, still dazusitzen – werde ein Spiegel. Stille macht aus deinem Bewusstsein einen Spiegel, und dann lebst du von Augenblick zu Augenblick, spiegelst du das Leben wider. Dann schleppst du kein Fotoalbum mehr in deinem Kopf mit dir herum. Dann sind deine Augen klar und unschuldig, du besitzt Klarheit, du besitzt Tiefblick und du hörst nie auf, lebensecht zu sein.
Das ist authentisches Leben.
2. KAPITEL
ÜBER DIE LIEBE
Liebe ist die Ausstrahlung und der Duft eines Menschen, der sich selbst erkannt hat, der er selbst ist. Liebe ist überströmende Freude. Liebe ist, wenn du gesehen hast, wer du bist. Danach kannst du nur noch Eines tun: dein Sein mit anderen teilen. Liebe ist … wenn du erkannt hast, dass du nicht von der Schöpfung getrennt bist. Liebe ist, wenn du eine organische, orgastische Einheit erfahren hast – mit allem was ist.
Liebe ist keine Beziehung, sondern ein Seinszustand; sie hat nichts mit anderen Menschen zu tun. Man ist nicht verliebt, sondern ist Liebe. Sicher, wer Liebe ist, der ist auch verliebt – aber das ist nur eine Folge, eine Begleiterscheinung, nicht der Ursprung. Der Ursprung ist, dass man Liebe ist.
Und wer kann Liebe sein? Wenn du nicht weißt, wer du bist, kannst du natürlich nicht Liebe sein. Du wirst Angst sein. Angst ist genau das Gegenteil von Liebe. Vergiss nicht: Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, wie man allgemein glaubt; Hass ist nur Liebe, die auf dem Kopf steht, aber nicht das Gegenteil von Liebe. Das wirkliche Gegenteil von Liebe ist Angst. In der Liebe dehnt man sich aus; in der Angst schrumpft man. In der Angst verschließt man sich, in der Liebe öffnet man sich. In der Angst zweifelt man, in der Liebe vertraut man.
Wer Angst hat, fühlt sich verlassen, wer in der Liebe ist, löst sich auf – deshalb kann von Einsamkeit gar keine Rede sein. Wie kann man einsam sein, wenn man nicht da ist? Diese Bäume und die Vögel und die Wolken und die Sonne und die Sterne sind noch in dir. Liebe ist, wenn du deinen inneren Himmel erfahren hast …
Ein kleines Kind ist frei von Angst; Kinder kommen ohne Angst zur Welt. Wenn die Gesellschaft ihnen helfen und sie unterstützen kann, dass sie angstfrei bleiben, sie ermuntern kann, auf Bäume und Berge zu klettern und im Meer und in Flüssen zu schwimmen, wenn die Gesellschaft es schafft, sie in jeder Hinsicht dazu zu ermuntern, Abenteurer, Erforscher des Unbekannten zu werden, und wenn die Gesellschaft eine große Neugier in ihnen wecken kann statt sie mit toten Dogmen zu füttern, dann werden aus solchen Kinder große Liebende werden, Menschen, die das Leben lieben. Und das ist wahre Religion. Es gibt keine höhere Religion als die Liebe.
Meditiere, tanze, singe und tauche immer tiefer in dein Inneres ein. Lausche den Vögeln aufmerksamer. Betrachte die Blumen mit Ehrfurcht und Staunen. Werde kein Besserwisser, etikettiere nicht alles und jedes. Genau das ist Besserwisserei – die große Kunst, alles zu benennen, für alles eine Schublade zu finden. Beginne von klein auf Gitarre- oder Flötespielen zu lernen. Sei mit Menschen zusammen, lerne so viele Menschen kennen wie möglich, denn jeder Einzelne bringt eine andere Facette Gottes zum Ausdruck. Lerne von anderen. Hab keine Angst – diese Existenz ist nicht dein Feind. Diese Existenz bemuttert dich, diese Existenz ist bereit, dich in jeder Weise zu unterstützen.
Hab Vertrauen, und du wirst in dir eine neue Energie aufsteigen fühlen; diese Energie ist Liebe. Diese Energie möchte die ganze Schöpfung segnen, denn mit dieser Energie fühlst du dich selbst gesegnet. Und wenn du dich gesegnet fühlst, was bleibt dir da anderes übrig, als die ganze Schöpfung zu segnen?
Liebe ist das tiefe Verlangen, die ganze Schöpfung zu segnen.
Wie kann ich besser lieben?
Liebe ist an sich genug. Sie braucht keine