Jugend - Kirchen - Räume. Petra Dais. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Petra Dais
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Религиозные тексты
Год издания: 0
isbn: 9783866871007
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      Erste Anfänge einer zeitlich begrenzten Nutzung von Kirchen durch die Jugendarbeit sind im Umfeld von „ChurchNight“, der Kampagne des ejw zur Feier des Reformationstages, zu beobachten. Was hier am Abend und in der Nacht des 31. Oktober gelingt, könnte ausgeweitet und auf andere kirchliche Festtage übertragen werden. Das Stuttgarter Jugendkirchenfestival findet seinen Höhepunkt in der Feier der Pfingstnacht. Auch dadurch wird ein kirchliches Fest, das in der Öffentlichkeit immer mehr an Bedeutung verliert, in den Mittelpunkt gerückt.

       Zum Weiterdenken

      Von einer Jugendkirche auf Zeit könnten verschiedene inhaltliche Impulse für die Jugendarbeit ausgehen. Das Kirchenjahr und die damit verbundenen Inhalte spielen in der Jugendarbeit aktuell kaum eine Rolle. Die Verbindung von Kirchenraum und Kirchenjahr wie sie am Reformationstag und in der Pfingstnacht schon erprobt wurden, könnte auch auf andere kirchliche Festtage übertragen werden. Wenn eine Jugendkirche z.B. in der Passionswoche beginnt und mit der Feier der Osternacht endet, könnte das dazu beitragen, dass zentrale Inhalte der christlichen Verkündigung, die durch das Kirchenjahr mit kirchlichen Feiertagen verbunden sind, für Jugendliche zugänglich werden.

       Wünsche

      Ich entdecke in diesem Magazin vor allem eines: Die Lust daran, Kirchenräume anders zu bespielen, biblische Worte überraschend ins Gespräch zu bringen und dadurch neue Sichtweisen und Glaubenserfahrungen zu ermöglichen.

      Ich wünsche mir, dass diese Lust ansteckend wirkt. Und ich wünsche mir, dass diese Impulse vor Ort konzeptionell weitergedacht und umgesetzt werden. Vor allem aber wünsche ich mir, dass Jugendliche in Jugendkirchenräumen Gott begegnen und das Evangelium von Jesus Christus auf eine ihnen gemäße Weise erfahren.

      1: Vgl. Ulrich Schwab, Am Ende der Projektlaufzeit – Abschließende Anmerkungen zum Jugendkirchenprojekt in Württemberg, in: Anne Winter (Hrsg.): Jugendkirchen und Jugendgemeinden – Abschlussberichte, Stuttgart 2006, S. 103.

      2: Vgl. Mike Corsa/Michael Freitag, Lebensträume – Lebensräume. Bericht über die Lage der jungen Generation und die evangelischen Kinder- und Jugendarbeit, Hannover 2008, S. 140.

      3: Hans Hobelsberger, Faszination Jugendkirche, in Judith Graab/Bernd Hillebrand/Wolfgang Kessler/Lothar Kuld (Hrsg.): Vielleicht schau ich mal rein … Jugendkirche als religiöser Erfahrungsraum, Ostfildern 2009, S. 91.

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       WARUM JUGENDKIRCHE?

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       Petra Dais

       Kirchen sind öffentliche Orte – Jugendkirchen auch

       Plädoyer für Jugendkirche im Kirchenraum

       „Wir sollten unsere ausdrucksstärksten und zentralsten Kirchen zu Jugendkirchen werden lassen“

      Daneben gibt es aber auch eine andere Realität: Schaut man sich in unseren Städten um, so sind die Stadtbilder deutlich christlich geprägt: Wunderschöne Kirchen aus alter Zeit, klar als Kirche erkennbar, finden sich an zentralen Plätzen der Stadt. Auch in Neubaugebieten aus der Mitte des letzten Jahrhunderts fehlt die Kirche nicht: Sie ist dort meist in Form eines Gemeindezentrums präsent. Interessant ist nun, welche Assoziationen diese „Gotteshäuser“ bei Menschen auslösen, die sie zwar nicht als Teil ihres religiösen Alltagsrituals betreten, jedoch mit ihnen leben und sei es nur dadurch, dass ihr täglicher Weg an ihnen vorbeiführt, dass sie diese von ihrem Fenster aus im Blick haben, oder dass sie die Glocken hören – jeden Tag mehrmals.

      Untersuchungen haben gezeigt, dass Kirchengebäude im Stadtraum eine deutliche „Sprache“ sprechen und ein klares Assoziationsfeld eröffnen, gerade bei Menschen, die selbst nur sehr wenig oder gar nicht religiös sind: Die meisten Menschen verbinden mit einer Kirche Gott – die Anwesenheit Gottes. Sehr viele Menschen erwarten in einem Kirchenraum Hilfe in Krisensituationen, Nächstenliebe, Gebet füreinander, miteinander. Für einen sehr großen Teil unserer Bevölkerung gilt also (egal welche Religion, ob religiös oder nichtreligiös): Kirchen sind Orte, an denen andere Regeln gelten, nicht die Gesetze des Konsums, der Leistungsgesellschaft. Kirchen sind Orte der Unterbrechung, des Heiligen, der Anwesenheit des Göttlichen. Damit können und sollten wir wuchern. Wir sollten unsere ausdrucksstärksten und zentralsten Kirchen – wenigstens ein paar Wochen im Jahr – zu Jugendkirchen werden lassen. In allen Jugendkirchen, die in Kirchenräumen stattfinden, die nach außen und innen klar als Kirche erkennbar sind, werden dieselben Erfahrungen gemacht: Der Raum spricht mit! Es ist, als ob alles unter eine Überschrift gestellt wird und daran gemessen wird: „Wir sind hier im Hause Gottes, im Namen Gottes“ – egal ob wir gerade tanzen, essen, sägen, streiten, Theater spielen, Bier trinken ... . Das verändert Menschen, in dem was sie machen, wie sie es machen, wie sie von Gott reden und über Gott denken. Sehr wichtig ist dabei, dass das Aufeinandertreffen von Jugendkultur und Kirchenraum und die daraus entstehenden religiösen Erfahrungen kompetent und sorgfältig begleitet werden. Was ist möglich im Kirchenraum? Was vielleicht auch nicht, und warum?

      In der Stuttgarter Jugendkirche kam es immer wieder zu eindrücklichen Gesprächen mit Menschen, die sich selbst zwar nicht als religiös bezeichnen, aber dadurch, dass sie sich mit ihrer Lebenskultur, mit ihren Alltagshandlungen im Kirchenraum wiedergefunden haben, plötzlich neu über „Gott und die Welt” ins Nachdenken gekommen sind.

       Als Vision spreche ich gerne von der Jugendkirche als „KONTAKTHOF”

      1.Jugendkirche wird zum „Kontakthof“, um mit Kirche in Kontakt zu kommen,