Jugend - Kirchen - Räume. Petra Dais. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Petra Dais
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Религиозные тексты
Год издания: 0
isbn: 9783866871007
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auch in ungewohnter Weise zur Verkündigung des Evangeliums und zur Feier des Lebens mit all seinen Licht- und Schattenseiten zu bespielen?

       Es ist nicht die falsche Zeit!

      Kirchenräume sind oft starke Räume, aber sollen sie, dürfen sie so einfach in Experimentierräume, in Atelierräume, in Spielräume verwandelt werden – speziell (wenn auch nicht ausschließlich) für jungen Menschen? Wer will das? Wer findet das gut?

      Wir haben den Auftrag der Landessynode und des Oberkirchenrats der Evang. Landeskirche in Württemberg übernommen, die Erfahrungen mit dem Stuttgarter Jugendkirchenfestival zu übersetzen und verfügbar zu machen für Jugendkirchen-Projekte in mittelgroßen Städten. Tatsächlich sind in diesem Magazin sehr viele Erfahrungen aus den letzten sieben Jahren versammelt, die wir in der temporären Jugendkirche in der evangelischen Martinskirche der Stuttgarter Nordgemeinde sammeln konnten. „Temporär“ heißt hier: Jugendkirche in der Zeit von Palmsonntag bis Pfingsten.

      Magazin nennen wir dieses Anregungsmaterial – wir hoffen auf anregende Wirkung – weil vielleicht in ein paar Jahren die Erfahrungen aus anderen Städten in einer weiteren Ausgabe veröffentlicht werden. Bei einem „Magazin“ wird erwartet, dass einmal wieder eine Ausgabe erscheint. Erheiternd und doch passend ist dabei, dass ein „Magazin“ auch als „Speicherraum“, als „Schatzkammer“, gar als Ort „zur Lagerung von Explosivstoffen“ verstanden werden kann. Wir verstehen dieses Buch auch so.

      In diesem Magazin wird vor allem beschrieben und reflektiert, was auch in mittleren Städten funktionieren kann. Die zahlreichen Fotos gehören zum Inhalt, zum „Text“ des Magazins. Sie erzählen in ihrer Sprache von den raumgreifenden Aktivitäten, von der Farbigkeit und von der Lust an Lebendigkeit und Bewegung, die diese Kirchen ermöglichen. Wenn die Fotos auch von Aufwand (an Ideen, an Material und Vorbereitung) erzählen, dann trifft das zu. Kirchenräume in Spielräume zu verwandeln ist manchmal schon deshalb aufwendig, weil man sie bis auf das Wesentliche leer räumen muss, bevor man etwas einträgt. Leidenschaft und Verausgabung sind dabei häufig anzutreffen, manchmal auch eine frei machende Art der Verschwendung.

      Wenn dabei gängige und oft enge Vorstellungen davon aufgebrochen werden, was in einer Kirche möglich ist, kommt es auch zu Konflikten und zu Empörung. Aber nicht selten kommt es zu Kettenreaktionen der Lebendigkeit.

      Jugendkirchen können einen Imagewandel unterstützen: Kirche ist nicht nur verstaubt, langweilig, starr und altmodisch. Aus diesem Bruch mit dem Kirchenklischee entstehen Irritationen und Differenz-Erfahrungen, die eine kreative Kraft entfalten (Experimentierlust und Entwicklungsneugier): Auseinandersetzung mit religiösen Traditionen und die Frage nach deren Relevanz für die Lebensthemen der jungen Menschen. Der Imagewandel findet in den ästhetischen Dimensionen statt (Zustände des Raumes, Formen des Feierns, Gestalt der Bildungsaktivitäten) und ebenso in den Inhalten und den zu diskutierenden Themen.

      Wir wünschen uns, dass die Texte und die Fotos anregend wirken, dass sie die Phantasie beflügeln und einen Geschmack davon geben, wie Kirche auch sein kann. Es braucht nicht darum zu gehen, die Erfahrungen des Stuttgarter Jugendkirchenfestivals zu kopieren (obwohl respektvolle Imitation auch eine wertvolle Entwicklungsstufe sein kann). Es geht mehr darum, die eigenen regionalen Verhältnisse und Bedingungen als den Möglichkeitsraum zu begreifen oder in einen Möglichkeitsraum zu entwickeln, zu verwandeln. Die drei Beispiele Junge Kirche LUX in Nürnberg, ChurchNight als eine Art temporärer Jugendkirche von ganz kurzer Dauer und das Jukival in Ulm zeigen das.

      Am Ende eines jeden Kapitels gibt es eine „Denkraum“-Doppelseite. Nicht mehr als ein Notizblatt will das sein, auf dem jemand vorher schon etwas skizziert, gekritzelt oder notiert hat. Vielleicht ergeben sich daraus Fragen, Anregungen oder Impulse für eigene Gedanken. Und vielleicht braucht es fünf weitere große Notizblätter, um den eigenen Denkraum zu erweitern oder vielleicht speichern andere ihre Ideen, ihre Skizzen und Notizen lieber digital in virtuellen Clouds. Wie auch immer: es geht darum, „chemische Reaktionen“ zu riskieren in einer Kirche, die sich kontinuierlich verändern will und die vielleicht mehr denn je herausgefordert ist, am Brückenbau mitzuwirken, weil unnötige Barrieren so verbreitet sind.

      Etwas über ein Jahr hat es nun gedauert, bis diese Magazin-Ausgabe erscheint. Ganz herzlich bedanken wir uns bei allen, die dazu beigetragen haben. Besonders bedanken wir uns bei allen Autorinnen und Autoren und bei allen Fotografinnen und Fotografen und vor allem bedanken wir uns bei Alexandra Schlierf für ihr pfiffiges und ansprechendes Layout und bei Annette Plaz für ihre Ausdauer und ihren zuverlässigen Überblick während der gesamten Redaktionsarbeit.

      Wir wünschen eine anregende Lektüre!

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       Werner Baur

       Jugendkirche – Freiheit riskieren und Liebe investieren

       Man muss viel Liebe investieren, wenn Glaube sich entfalten soll, und man muss viel Freiheit riskieren, wenn die Kirche lebendig bleiben soll. (Otto Dibelius, ehemaliger Bischof von Berlin und EKD-Ratsvorsitzender)

      Riskieren und investieren – ist das angemessen, angesichts der unsicheren Zeiten? Noch mehr Vielfalt und Konkurrenz – ist das zu befürworten, angesichts der schon belastenden Komplexitäten in Kirchen und Gesellschaft? Noch mehr zielgruppenspezifische Angebote und in der Folge eine immer höhere Ausdifferenzierung und Zersplitterung von Kirche – ist das zu fördern, angesichts des drohenden Verlustes an Einheit?

      Das Engagement für Jugendkirche und in den Jugendkirchen sowie Jugendgemeinden unserer Landeskirche begeistert mich und begrüße ich ausdrücklich. Es ist ein erfrischendes und leidenschaftliches Engagement für junge Menschen und das Evangelium. Neue Wege der Gottesdienstgestaltung und Verkündigung werden beschritten und erprobt. Erfahrungsbezogene Zugänge bringen die Lebenswelten und kulturellen Lebenskontexte junger Menschen mit den biblischen Texten zusammen. Experimentelle Ausdrucks- und Gestaltungsformen erschließen Möglichkeiten der Annäherung und Gemeinschaftserfahrung. Die Aktualität, Lebendigkeit und Lebensrelevanz der biblischen Botschaft wird greifbar. Gemeinsam mit Jugendlichen werden mit viel Liebe und Phantasie Räume und liturgische Elemente gestaltet und in ihren inhaltlichen Dimensionen wieder neu oder erstmalig erschlossen.

      Jugendkirche kommt jungen Menschen entgegen. Jugendkirche bringt jungen Menschen nicht nur Kirche näher. Jugendkirche eröffnet Zugänge und Räume für Begegnung mit dem dreieinigen Gott und den Mitmenschen. Jugendkirche geht auf Jugendliche mit ihrem Wunsch nach gottesdienstlichen Feiern ein. Jugendkirche bietet Raum für das gemeinsame Feiern des christlichen Glaubens.

      Jugendkirche ist nicht nur eine zeitgemäße Form, um jungen Menschen Räume, Begegnungs- und Erprobungsformen für die Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen, Fragen des Glaubens und der Gestaltung christlichen Glaubens zu eröffnen.

      Die Zeit ist reif für Jugendkirchen. Jugendkirche verkörpert nicht nur den Zeitgeist. Jugendkirche will dem Geist Gottes in unserer Zeit und der Lebenswelt junger Menschen Raum geben und mit seinem Wirken rechnen. Jugendkirche bietet Freiraum und braucht diesen Freiraum. Jugendkirchen brauchen Eigenständigkeit und bleiben zugleich Teil unserer Landeskirche. Vielleicht können uns die ermutigenden Erfahrungen beflügeln, die anstehenden Veränderungsprozesse in unserer Kirche gelassener und mutiger anzugehen.

      Jugendkirche ist nicht nur eine Formsache. Jugendkirchen verstehen sich als „geistliche Zentren“ (Prof. Ulrich Schwab) und als solche haben sie eine Mitte: Jesus Christus. Er eint und hält.

      Ich wünsche mir für Jugendliche in unserem Land und in unserer Kirche mehr von solchen besonderen Orten wie den Jugendkirchen und Jugendgemeinden. Für allen Einsatz der Haupt- und Ehrenamtlichen, für alle Begleitung und Unterstützung dieses Anliegens danke ich.

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       Gottfried Heinzmann