Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt. Jacob Burckhardt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jacob Burckhardt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788027213764
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da gab es Männer, die ihre Frauen verliessen und unter frommem Vorwand andern anhingen; Frauen, welche Jünglinge zu geistlichen Söhnen annahmen und am Ende mit denselben in sinnlichen Umgang gerieten u. dgl. m., namentlich aber gewisse Frömmler, welche als eine Art von Beichtvätern sich bei Frauen einnisteten und mit denselben lebten. Die eigentlichen Kleriker kommen, wie bereits angedeutet wurde, nicht besser weg. Hieronymus verdammt die Sitte ihres Zusammenlebens mit geistlichen Schwestern, den sogenannten Agapeten (sonst Syneisakten) unbedingt864, noch stärker aber ihr Auftreten in den vornehmen Häusern, zum Behuf der Erbschleicherei865, der Herrschaft und der Üppigkeit. Einige spielen die Asceten, mit langem Haar, Bocksbart, schwarzem Mantel und blossen Füssen; sie betrügen sündige Weiblein durch scheinbares Fasten, das sie durch nächtliches Essen wieder einbringen. Andere – den Abbés des letzten Jahrhunderts vergleichbar – lassen sich zu Presbytern und Diakonen weihen, nur um die Weiber mit grösserer Freiheit zu sehen; diese Art geht zierlich gekleidet, reich toupiert, duftend von Wohlgerüchen, alle Finger von Steinen blitzend; ihrer netten Fussbekleidung zuliebe schweben sie auf den Zehen; ihr Ansehen ist eher das eines Bräutigams als eines Priesters. So etwa mag sich Jovinian ausgenommen haben »in seidenem Kleid, in feinem Zeug von Arras und Laodicea, rotwangig, mit glänzender Haut, die Haare teils nach hinten, teils über der Stirn gekräuselt866«. Einige geben sich bloss damit ab, Namen, Wohnung und Gemütsart der Damen zu erkunden. Hieronymus kannte einen solchen Geistlichen, der sich durch Herumtragen des bösartigsten Geschwätzes von einem Haus ins andere wahrhaft furchtbar zu machen gewusst hatte. Er fuhr mit schönen raschen Pferden von früh bis spät durch die Stadt, so dass man ihn nur den Stadtpostillon (veredarius urbis) nannte; oft überraschte er die Leute noch im Schlafzimmer; was ihm von Zeug oder Gerätschaften gefiel, lobte er mit einem solchen Ton, dass, wer klug war, ihm damit ein Geschenk zu machen pflegte. Selbst das Bild eines geistlichen Wüstlings der interessanten Art fehlte nicht867; mit glühendem Unwillen erzählt Hieronymus, wie der Wolf in die Hürden brach, wir dürfen aber eine Episode, die uns bereits in die zweite Generation nach Constantin hinabgeführt hat, nicht durch eine geheime Liebesgeschichte noch weiter ausdehnen.

      Was gewiss nicht in der Wirklichkeit fehlte, wohl aber in den Schilderungen des eifrigen Kirchenvaters, ist das Bild einfacher, wohldenkender Christenfamilien ohne Ascese und ohne Ausschweifung. Er gibt am liebsten das Ausserordentliche und Extreme.