Kaiser Franz Josef von Österreich: Tagebücher. Franz Joseph von Österreich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Franz Joseph von Österreich
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788074841828
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uns der Prior das Gnadenbild zu küssen gab. Darauf begaben wir uns an einen Ort hinter der Kirche, an welchem ein Jäger einen Schuß aus einem Gewehr machte, worauf ein Donner ähnliches Echo antwortete. Von da gingen wir auf dem Kreuzwege, welcher mit Bildern, die das Leiden Jesu vorstellen, geschmückt ist, bis zu dem Kloster; dann führte man uns an einen Platz, an welchem alles, was man sprach, sehr deutlich wieder zurückhallte. Von dort gingen wir gerade hinab zum Schlosse, wo wir einige der Anlagen des Grafen Hoyos besichtigten. Um 9 Uhr fuhren wir ab über das Gebirge, auf sehr guter Straße bis Pottenstein, ein ansehnlicher Markt, wo wir speiseten. Nach unserem Essen gingen wir zu Fuße über das Gebirge bis Merkenstein; dort setzten wir uns vor ein sehr hübsches Schweizerhaus, vor welchem zwey Türkische Haselnußbäume stehen, deren Aeste im Durchmesser auf eine Breite von 36 Schritten sich ausbreiten. Nachdem wir uns etwas ausgeruht hatten, erstiegen wir einen kleinen Berg, von wo aus wir über die ganze Gegend gegen Ungarn und Wien sahen. Wir suchten dann unsere Wagen auf, fuhren darauf mit unseren Pferden bis Ginselsdorf, wo wir die Post nahmen und über Baden nach Schönbrunn zurückkehrten.«

      Unter dem zu Anfang (28. September) erwähnten Onkel Karl ist Erzherzog Karl (1771-1847), der Sieger von Aspern – der Bruder des Kaisers Franz, eigentlich ein Großonkel Franz Josefs – zu verstehen, der 1821 zu Ehren seiner Gemahlin Henriette von Nassau-Weilburg die Weilburg in Baden hatte aufführen lassen; Wilhelm ist sein 1827 geborner, jüngster Sohn, der spätere Hoch-und Deutschmeister, der 1894 auf einem Ritt nach Baden tödlich verunglückte; die Pankrazikapelle (29. September) bei Nöstach, die schon 1401 erwähnt wird, wurde unter Kaiser Josef II. 1784 als entbehrlich entweiht und gesperrt; ihre Ruinen machen noch immer einen imponierenden Eindruck. Die »k.k. Gewehrfabrik« von Nik. Oesterlein bestand schon im 18. Jahrhundert. Bei dem Ritt auf die Lilienfelder Klosteralm (30. September) wäre Erzherzog Ferdinand Max beinahe verunglückt, da das ihn tragende Maultier plötzlich Lust bekam, sich im Grase zu wälzen (siehe P. Tobner, Lilienfeld 1202-1902. Wien 1902). Im Jahre 1816 hatte das Stift Lilienfeld eine zwischen Türnitz und Annaberg gelegene Glasfabrik um 100.000 Gulden gekauft, die jedoch 1843 als unrentabel aufgelassen wurde.

      Tagebuch Nr. 1

      Angefangen am 18. August 1843. Beendigt am (16.) Oktober 1844.

      Eh Franz

      18. August 1843 Ischl

      Dieß war mein 13ter Geburtstag. Eine Überraschung war mir vorbereitet. Als aber die Thüre zum Zimmer, in welchem meine Geschenke lagen, geöffnet wurde und Mama und Papa mich hineinführten und ich die Dragoneruniform auf dem Tische liegen sah, war mein erster Gedanke die Uniform sey nur ein Spielzeug, doch gleich errieth ich mit der größten Freude, daß es Wirklichkeit sey. Es freute mich besonders, daß ich ein Cavallerieregiment bekommen hatte und unter der Cavallerie ein Dragonerregiment, da mir die deutsche Cavallerieoffizier-Uniform immer besonders gefallen hatte. Doch hätte ich die edle Uniform eines Cuirassierobersten vorgezogen.

      Als mir aber Mama erzählte, daß sich der gute Onkel Ludwig dafür intereßiert hatte, mir das Regiment zu verschaffen, freute mich dieß sehr, da ich nie gedacht hätte, daß der Onkel es gewünscht habe. Um 11 Uhr fuhr ich in Uniform mit Mama zur Tante Louise. Es freute mich, mich derselben im Militäranzuge vorstellen zu können, doch freute es mich nicht, von allen Leuten angegafft, der einzige Offizier zu seyn, der in Ischl in Uniform herumfährt.

      Nachmittage waren wir auf der Hochstockwiese; und dann bliesen vor dem Hause die Trompeter von Liechtenstein-Cheveaux legers. Wären es nur die Trompeter meines Regimentes gewesen!

      Stolz war ich, in die Zahl der Offiziere der Österreichischen Armee gekommen zu seyn. Ich freute mich schon, in Uniform und zu Pferde bey den Paraden erscheinen zu können.

      Ich nahm mir den Tag über vor, in meinem vierzehnten Jahre und als Offizier nie mehr Furcht zu zeigen und nie mehr eine Unwahrheit zu sagen.

      19. Beym Frühstücke am Fürstenplatze spielten die Trompeter von Liechtenstein; dieß freute mich, noch mehr aber die gute Adjustirung und Haltung der Leute, doch gefielen mir die Helme nicht, da sie gegen die Vorschrift waren. Wäre so etwas bey meinem Regimente, dachte ich, ich wollte es abbestellen. Gestern schrieb ich an Seine Majestät den Kaiser, um mich für das Regiment, und an den Onkel Ludwig, um mich für seine Mithülfe zu der mir ertheilten Gnade zu bedanken; auch an die Kaiserinn Mutter. Heute unterschrieb ich die Antwort auf das Schreiben des Generals Hardegg, mittelst welchem er mir als Kriegspräsident das schon gesagte mittheilte.

      Prof. Hoffer, Abbé Kis und Herr Doré speißten bey uns.

      Abends spielten die Trompeter von Liechtenstein auf dem Wolfgang See.

      20. Sonntag. Frühstück am Fürstenplatz. Um halb 12 fuhr ich mit Mama in Uniform zur Fürstinn Marie Esterházy, zu den Schwestern Gräfin Sophie Esterházy und Fürstinn Marie Liechtenstein, zur Gräfin Flora Wrbna und zur Fürstinn Kaunitz. Abends schoßen wir Scheiben.

      21. Um halb 5 Uhr frühe fuhren wir zur Gemsenjagd am hohen Schrott. Neun Schützen: Papa, ich, Fürst August Liechtenstein, Graf Montenuovo, Graf Georg Esterházi, Graf Sándor, Graf Meerfeld, Graf Coronini, Graf Bombelles. Fünf Gemsen geschoßen von Fürst Liechtenstein, Grf. Meerfeld, mir, dem Grf. Coronini und dem Grf. Montenuovo. Nachmittage Promenade von Goisern nach Steg. 22. Vormittage graues Wetter. Nachmittage auf der Traun von Steg nach Ischl gefahren.

      23. Promenade gegen den Salzberg mit dem Grafen Bombelles. Donnerwetter mit schönem Lichteffecte auf der Ziemitz.

      24. Wieder Donnerwetter mit einer sehr schönen Beleuchtung des Himmels verbunden.

      25. Diné in Weißenbach mit der Tante Louise und Promenade nach Steinbach. Diesen Tag nahm ich mir vor, meine Aufführung, welche seit meinem Geburtstage schlechter geworden war, zu beßern. Der kleine Ludwig in Gemsjäger Costume.

      26. Frühstück auf dem Fürstenplatz wie gestern. Promenade auf den Salzberg mit Grfn. Bombelles. Um halb neun Uhr schlafen gegangen.

      27. Sonntag. Um 5 Uhr frühe mit Grfn. Bombelles in der Messe, darauf mit demselben nach Steinbach gefahren, von dort zu Fuße in 4 Stunden zu dem Loche in dem Felsen; darauf durch vulkanische Crater über das Höllengebirge in 4 Stunden nach Weissenbach, wo wir speisten.

      28. Frühstück auf dem Fürstenplatze. Spaziergang mit dem Grafen Coronini und Ledochowsky.

      29. Promenade zur Höhle ober Lauffen.

      30. Frühstück auf dem Fürstenplatze, wie gestern, mit der Grfn. Fünfkirchen, der Grfn. Sophie Esterházi und der Fürstin Liechtenstein.

      31. Nachmittage schoßen wir mit den Grfn. Coronini und Ledochowsky auf die Scheibe.

      1. September. Um 6 Uhr frühe stand ich auf, und um 7 Uhr fuhren wir, nehmlich Mama, Gräfin Schönborn und Grf. Bombelles über Salzburg nach Waging, wo wir speisten, und von dort bis Wasserburg, wo wir die Nacht zubrachten.

      2. Von Wasserburg reisten wir nach München, das schöne liebe München, wo wir den herrlichen Festbau, die Basilica, die Ludwigskirche, die Stiege der Bibliothek, die riesengroße Bavaria bey Stiegelmayer und die Allerheiligenkapelle sahen.

      Im Palais Leuchtenberg speisten wir um halb 5 Uhr. Traurige Rückerinnerungen, als wir die Herrn, die Damen und die Dienerschaft der armen Großmama sahen. Ich lernte den Kronprinz und die Kronprinzessin von Schweden dort kennen.

      Um 7 Uhr fuhren wir von München weg und kamen um viertel auf zehn Uhr in Possenhofen an. Wir fanden dort den Herzog Max und alle seine Kinder bis auf Louis, welcher in der Schweiz ist.

      3. Sonntag. Wir frühstückten mit der Tante Louise, der Helene, der Elise und dem sehr netten, aber fast verzogenen Kakl. Um 10 Uhr gingen wir in die dumpfe Kapelle, um die Messe zu hören, wo mir übel wurde, so, daß man mich aus der Kapelle zu einem offenen Fenster tragen mußte, wo mir wieder gut wurde; darauf legte ich mich auf das Bett. Um 12 Uhr fischte ich und Grf. Bombelles mit dem Herzog Max, wobey wir 20 Birschlinge und Weißfische fingen. Ich speiste bey mir mit dem Grf. Bombelles und genas wegen meiner früheren Üblichkeiten nur einen Teller Bouillons und eine Artischoke. Nachmittage fuhren wir alle, sogar auch der kleine Kakl, zu einem auf dem entgegengesetzten Ufer des Sees gelegenen Schloße des Königs, wo schnabulirt wurde. Als wir Nachhause kamen, ging ich