DIE GRENZE. Robert Mccammon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert Mccammon
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958353060
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Wort. Und dass sie zuerst menschlich erschienen, dann aber eher zu Dämonen geworden waren.

      Seine Uzi in ihrem Holster war nie weit von ihm entfernt. Er nahm sie vom Tisch und legte das Holster um. Er, JayDee und der Junge verließen die Kantine, um eine Wohnung ohne menschliche Blutflecken irgendwo an den Wänden, am Boden oder an den Möbeln zu finden.

      Kapitel 4

       Ethan.

      Er wachte auf.

      Es war, als hätte ihn jemand gerufen, und zwar mit dem Namen, den er sich ausgesucht hatte, um sich eine Identität zu geben. Der Ruf war nicht laut, eher leise. Aber laut genug, um ihn mit offenen Augen auf dem Bett in der Wohnung liegen zu lassen, die sie ihm gegeben hatten, und der Dunkelheit zu lauschen.

      Es war nicht komplett dunkel im Apartment Nr. 246. Zwei Kerzen brannten. Die Wände waren aus billigem, braun gestrichenen Gipskarton. Der Teppich hatte die Farbe von Weizen. An einer Wand war ein Ensemble aus Metallquadern befestigt, die blau und silbern bemalt waren. Eine künstlerische Note des früheren Bewohners, dachte er. Er setzte sich im Bett auf und lehnte den Rücken gegen das Kissen. Er war hungrig, durstig und übermüdet. Der dunkelgrüne Schlafanzug, den er trug, hatte wahrscheinlich jemandem gehört, der jetzt tot war. Seine Knochen schmerzten immer noch und die Prellungen fühlten sich geschwollen an, als sammelte sich das Blut unter der Haut. Er wollte wieder einschlafen, zurück in die Ruhe und Stille sinken, aber er konnte nicht … denn etwas ging ihm durch den Kopf. Etwas Wichtiges. Das Problem war nur, er konnte einfach nicht herausfinden, worum es sich handelte.

      Er fühlte sich wie ein leeres Loch, das darauf wartete, gefüllt zu werden. Womit? Wissen? Erinnerung? Er erinnerte sich an nichts, nur dass er aufgewacht und im Regen über dieses Feld gerannt war. Wasser, dachte er. Durst. Aber er verstand, dass das letzte Wasser rationiert werden musste, und dass die Menschen hier nicht bereit waren, Regenwasser zu trinken, weil es Chemikalien oder Giftstoffe enthielt. Sie verzehrten die Pferde, die Pferde fraßen Gras, und auf das Gras fiel der Regen. Also bekamen sie ohnehin schon genügend Chemikalien ab. Er vermutete, dass es nicht einmal ausreichen würde, Regenwasser über einem Feuer abzukochen, um es sicher trinken zu können. Aber das in Flaschen abgefüllte Wasser ging zur Neige, und wenn es alle war, mussten sie Regenwasser trinken, egal was die Konsequenzen waren.

      Ethan verstand, warum sie Angst davor hatten, in einer der Schlachten zwischen die Fronten zu geraten, aber wovor fürchteten sie sich noch, dass sie sich hier hinter Steinmauern verkriechen mussten?

      Er hatte keine Ahnung, wie lange er geschlafen hatte. JayDee hatte ihm den Schlafanzug und ein paar andere Klamotten gebracht. Zwei Jeans, die an den Knien geflickt waren und ein paar T-Shirts, eines grau und das andere lilafarben mit einer geballten Faust auf der Brust, dem Logo der Band Black Destroyer. Ethan hatte noch nie von der Band gehört – oder er erinnerte sich nicht mehr daran. Den gröbsten Schmutz hatte er im gelb gefliesten Badezimmer mit einem Eimer Sand abgerieben. Im Licht der Kerzen hatte er dabei seine Verletzungen im Spiegel betrachtet. Seine komplette Brustpartie war schwarz verfärbt, von Schulter zu Schulter. Und als er sich umdrehte und seinen Kopf schief hielt, konnte er im Spiegel die massive schwarze Prellung auf seinem Rücken sehen. Sie sah aus, als ginge sie bis tief in seine Seele. Er dachte, dass es vielleicht das Beste war, keine Erinnerung daran zu haben, wie die Verletzung zustande gekommen war, denn alles deutete darauf hin, dass er eine Welt voller Schmerz durchquert hatte.

      Durst, dachte er. Aber die Wasserhähne in der Küche und im Bad führten kein Wasser und die Toilette war ein trockenes Loch. Dave hatte ihm gesagt, dass er sein Geschäft in demselben Eimer mit Sand erledigen sollte, den sie ihm gegeben hatten. Trinkwasser gab es nur in der Kantine, wo die Rationen ausgegeben wurden, und die Kantine – so hatte Dave es ihm erzählt – war nach dem Abendbrot fest verschlossen und wurde von bewaffneten Männern bewacht. So war die Lage.

      Ethan starrte auf die blauen und silbernen Quadrate an der Wand gegenüber dem Bett.

      Er stellte sich vor, wie sie schmolzen und zu Strömen von klarem, frischem und reinem Wasser wurden, die die Wand hinunterliefen und sich auf dem Boden sammelten.

      Als er sie anstarrte, schienen die blauen und silbernen Quadrate zu schimmern und zu einem glitzernden Teich zu verschmelzen.

      Der Swimmingpool, dachte er. Da war etwas … mit dem Swimmingpool.

      Aber er wusste nicht was. Der Swimmingpool war größtenteils leer, bis auf einige Trümmer, die wie kaputte Gartenmöbel aussahen und ein paar Pfützen trüben Regenwassers.

      Trotzdem … er hatte das deutliche Gefühl, dass er von diesem Bett aufstehen und zum Swimmingpool gehen sollte, und dort würde er verstehen, was ihn angezogen hatte. Er stand auf, zog das Black-Destroyer-T-Shirt und seine Pumas an und ging hinaus auf einen Korridor, der zu einer Betontreppe führte. Auf halbem Weg die Treppe hinunter sah er am Horizont ein blaues Flackern. Es mochte ein Blitz gewesen sein oder aber ihre nie endende Schlacht. Er ging weiter zum Parkplatz und lief den Weg entlang, der sich zum Pool schlängelte.

      Stille lag über Panther Ridge. Die Nacht war warm und feucht und in der Luft lag die Drohung, dass mehr Regen kommen würde. Durch die Fenster einiger Wohnungen sah er den tröstenden Anblick auf kleiner Flamme brennender Öl- und Kerzenlampen, und er wusste, dass er nicht der Einzige war, der wach war. Auch auf den Wachtürmen sah er Lichter. Die Türme waren wahrscheinlich rund um die Uhr besetzt und die Wächter an ihren Maschinengewehren waren stets auf der Hut. Vor ihm auf dem Parkplatz saß eine Gruppe von sechs Einwohnern im Kreis. In ihrer Mitte standen ein paar Öllampen. Sie hielten sich an den Händen und beteten mit gesenkten Köpfen. Er ging weiter, kam an einem Mann mit schulterlangen Haaren vorbei, ohne Hemd, ohne Schuhe, nur gekleidet in eine Jeans, der auf dem Bürgersteig saß und die Knie bis zum Kinn hochgezogen hatte.

      »Heute Nacht kommen sie«, sagte er zu Ethan. »Aber sie werden mich nicht essen. Nein, das werden sie nicht.« Und während er das sagte, nahm er die automatische Pistole, die neben ihm lag, und setzte den Lauf an seine Schläfe.

      Ethan sah den Mann grinsen. In seinem Blick lag Wahnsinn. Ethan lief weiter.

      Einen Moment später war er beim Swimmingpool, der von einem ehemals dekorativen Eisenzaun umgeben war. Der größte Teil des Zauns war umgestürzt worden und alles war durch den zerfressenden Regen verrostet. Das Tor war offen und hing nur noch an einem Scharnier. Ethan kam der Gedanke, dass viele der Menschen hier auch nur an einem Scharnier hingen. Oder über ihnen das Schwert am seidenen Faden. Er ging an eine Seite des Beckens, schaute hinein und sah nur, was er kurz gesehen hatte, als er hier vorbeigegangen war: Etwas, das aussah wie zerbrochene Holzstühle und dazu etlicher anderer Schrott in Wasserpfützen – sonst war da nichts.

      Hier ist nichts, dachte er.

      Aber trotzdem …

      … etwas war hier.

      Er hatte das Bild der blauen und silbernen Quadrate in seinem Kopf, wie sie sich vereinigten und glitzerten und zu klarem Wasser wurden.

      Ethan ging am flachen Ende des Pools die Stufen hinunter zum Boden des Beckens. Die blaue Farbe, die den Boden bedeckte, war dunkel geworden, verkrustet, und blätterte in großen Fetzen ab. Darunter war grauer Beton. Er ging geradewegs zur Mitte des Beckens, über den leicht abfallenden Boden, der in das tiefe Ende überging. Etwa zehn Inches hoch stand das schmutzige Regenwasser um den Abfluss.

      Was sollte ich hier finden?, fragte er sich.

      Nichts, war die Antwort.

      Seine Bewegung im Wasser ließ die Trümmer von ihm wegschwimmen. Er ging mit platschenden Schritten in einem Kreis um den Abfluss herum, weil ihm das als die Aktivität erschien, die jetzt noch am sinnvollsten war. War hier doch irgendwas?, wunderte er sich. Eine tiefe, geheime Kraft … ähnlich dem Zusammenfließen der blauen und silbernen Quadrate an der Wand? Er blieb eine Weile auf der tiefen Seite des Beckens stehen. Seine Sinne suchten nach etwas, von dem er nicht wusste, was es war, und dann ging er über die Mitte zurück zum flachen Ende. Er