Psychologie und Logik zur Einführung in die Philosophie. Elsenhans Theodor. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elsenhans Theodor
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 4064066115425
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einem Gegenstand, der entweder unmittelbar den Körper berührt oder durch Bewegung eines dazwischen liegenden Stoffes auf den Körper einwirkt. Das erste geschieht z. B. bei Tastempfindungen, das zweite beim Sehen, Hören durch die Schwingungen des Äthers, der Luft.

      2. Die Erregung eines sensiblen Nerven im Körper, die durch den Reiz veranlaßt wird und von den peripherischen Nervenenden bis in das Zentrum des ganzen Nervensystems, in das Gehirn sich fortpflanzt. Wird der Nerv durchschnitten, so kommt es nicht zur Empfindung.

      3. Die Empfindung in der Seele selbst, das Sehen, Hören, Tasten, Riechen, Schmecken.

      Die Empfindungen selbst sind aber den Vorgängen 1. und 2., durch die sie veranlaßt werden, ganz ungleich. Es läßt sich nicht nachweisen, warum auf Schwingungen der Luft gerade die Empfindung des Hörens folgt; wir können nur feststellen, daß es so ist. Auch die Abhängigkeit der Empfindung vom äußeren Reiz dem Stärkegrade nach ließ sich nur auf Umwegen ermitteln. Auf Grund der Empfindung allein können wir nie mit Bestimmtheit sagen, daß etwa ein Licht a, dessen Leuchtkraft nach der Kerzenstärke, also als äußerer Reiz, 1½ mal so groß als die von b ist, 1½ mal so hell sei als das Licht b. Man ging daher von der Frage aus, um wie viel ein Reiz verstärkt werden muß, damit eine Zunahme der Stärke in der entsprechenden Empfindung eben noch bemerkt werden kann. Es zeigte sich, daß der Zuwachs des Reizes, welcher eine eben noch merkliche Änderung der Empfindung hervorbringt, zu der Reizgröße, zu welcher er hinzukommt, immer in demselben Verhältnis steht (Webersches Gesetz), oder, mathematisch ausgedrückt: daß die Stärke des Reizes in geometrischer Progression wachsen muß, damit die Empfindung in arithmetischer Progression zunehme. Muß man also zu einem Gewicht von 3 kg 1 kg zulegen, damit eine Zunahme des Druckes eben noch merklich werde, so ist bei 9 kg eine Vermehrung um 3 kg nötig, während nur 1 kg mehr zu keiner Verstärkung der Druckempfindung führen würde. Für die verschiedenen Sinne ist das Verhältnis der Reizstärke, das diese sogenannte „Methode der eben merklichen Unterschiede” ergibt, ein verschiedenes; doch ließ es sich nur für Reize von mittlerer Stärke bestimmen, am meisten übereinstimmend noch für die Schallempfindungen: nahezu == 3:4, für die Lichtempfindungen wurde 100:101, für Hebungen, also Druckempfindungen, unterstützt durch das Muskelgefühl, 15:16 gefunden.

      Übrigens gibt es auch subjektive Empfindungen, welche, obwohl nicht durch die ihm entsprechenden Sinnesreize, sondern durch mechanische Einwirkungen wie Schlag oder Druck oder innere Zustände des Körpers erzeugt, doch den jedem Sinnesnerven allein eigentümlichen Charakter tragen („spezifische Sinnesenergie”) und deshalb häufig in die Außenwelt hinaus verlegt werden, z. B. das Klingen im Ohr, das Leuchten vor den Augen, Frost und Hitze im Fieber. Diese Tatsache führte auf die durch Johannes Müller (1826) begründete Annahme einer spezifischen Sinnesenergie, d. h. einer besonderen Fähigkeit jedes einzelnen Sinnesnerven, auch auf Reize verschiedener Art nur gerade die ihm eigentümlichen Empfindungen zu vermitteln.

      

      Auch dauern die Empfindungen oft noch fort, nachdem die Reize schon aufgehört haben. Daher erzeugen besonders starke Lichtempfindungen sog. „Nachbilder”.

      Die Empfindungen sind entweder einfache, z. B. eine Farbe, ein Ton, oder zusammengesetzte, z. B. ein Regenbogen, dessen verschiedene Farben wir zugleich sehen, oder ein Musikinstrument, das wir zugleich sehen und hören.

       Inhaltsverzeichnis

      Die Empfindung geht dadurch, daß sie mit dem veranlassenden Reiz aufhört, nicht für das Bewußtsein verloren. Sie kann vielmehr in der Seele wiedererzeugt werden, als eine Art Erinnerungsbild, dem jedoch die sinnliche Lebhaftigkeit des ersten Eindrucks fehlt, und heißt dann Vorstellung. Diese Wiedererzeugung findet besonders dann statt, wenn die betreffende Empfindung selbst wiederkehrt. Wenn ich z. B. eine bestimmte Person durch zusammengesetzte Empfindungen: Sehen der Gestalt und ihrer Bewegung, Hören der Stimme u. s. w. kennen gelernt habe, so kann ich auch ohne Wiederkehr dieser sinnlichen Eindrücke eine Vorstellung von derselben haben; immer aber tritt dieses Erinnerungsbild des früheren Empfindungskomplexes hervor, wenn ich dieselben Empfindungen wieder habe, und die neuen Empfindungen werden dann als dieselben wieder erkannt, d. h. es findet eine Wahrnehmung statt. Dieser Unterschied zwischen Empfindung und Wahrnehmung tritt in manchen Erscheinungen deutlich hervor, wo die Fähigkeit zu empfinden noch vorhanden, aber die wahrzunehmen verloren ist, z. B. bei der Wortblindheit, wo die Empfindung, das Hören des gesprochenen, das Sehen des geschriebenen Wortes noch da ist, aber das Verständnis seiner Bedeutung, d. h. die Fähigkeit zur Wiedererzeugung der dazu gehörigen Vorstellung fehlt. Beim normalen Menschen wird der Sinneseindruck stets zu dem übrigen Bewußtseinsinhalt in Beziehung gesetzt und so das in der Empfindung sich darbietende Rohmaterial zur Wahrnehmung verarbeitet. Da hiernach in der Regel die Empfindung sofort als Wahrnehmung auftritt, sobald sie zum Bewußtsein kommt, so werden beide Begriffe häufig als gleichbedeutend gebraucht.

      Die Verschmelzung der wiedererzeugten Vorstellung mit der neuen Empfindung ist aber nicht eine bewußte Arbeit des Wahrnehmenden, sondern geht unwillkürlich vor sich. Die Vorstellung, die dabei mitwirkt, kommt deshalb gar nicht als selbständiges Element zum Bewußtsein, sie wird daher auch „gebundene Vorstellung” genannt. „Freie Vorstellungen” sind dann diejenigen, die ohne Veranlassung durch die Empfindung im Bewußtsein auftauchen. Im philosophischen Sprachgebrauch wird aber das Wort „Vorstellung” vielfach auch im allgemeineren Sinne verwendet zur Bezeichnung jeden Inhalts des Bewußtseins überhaupt, der auf Gegenstände der Außenwelt, ihre Eigenschaften oder Zustände bezogen wird. Es umfaßt dann sowohl die Wahrnehmungen als die Vorstellungen in dem oben genannten Sinn und gewinnt seine Bedeutung besonders in dem Satze der Erkenntnislehre: Die Welt ist meine Vorstellung. (Kant, Schopenhauer.)

       Inhaltsverzeichnis

      Durch die freien Vorstellungen, die von den Empfindungen sich losgelöst haben, bekommt das Bewußtsein einen selbständigen Inhalt. In diese Vorstellungswelt treten aber immer wieder neue Empfindungen und damit neue Vorstellungen ein. Es sind zwei nebeneinander hergehende Reihen von Vorgängen, die sich um den Vorrang in der Seele streiten.

      Auf einem Spaziergang z. B. tritt vielleicht anfangs die Wahrnehmung der Umgebung mit ihren wechselnden Empfindungen in den Vordergrund. Da führt die Ähnlichkeit der wahrgenommenen Gegend mit einem früheren Aufenthalt zur Erinnerung an die Erlebnisse desselben, und hinter diesen Gedanken, die sich selbständig fortspinnen, treten die äußeren Empfindungen immer mehr zurück, so daß der Spaziergänger, ganz in sich vertieft, kaum mehr auf den Weg achtet, bis etwa eine auffallende Erscheinung wieder den Strom der freien Vorstellungen unterbricht. Das Vorwiegen einer dieser Reihen bezeichnet zugleich eine Eigentümlichkeit unter den Menschen. Die einen neigen sich mehr dem Spiel der Empfindungen und der äußeren Wahrnehmungswelt zu, so diejenigen, die eine Anlage für Musik oder bildende Künste, oder für Naturwissenschaft haben, andere geben sich lieber dem Laufe der freien Vorstellungen, dem Leben in der Erinnerung, oder den Wissenschaften des Geistes hin. Geht aber das Interesse des Menschen ganz in einer dieser Reihen auf, so leidet das Geistesleben unter krankhafter Einseitigkeit.

      Der Verlauf der Vorstellungen schließt zwei Fragen in sich: Wie entstehen die Vorstellungen im Bewußtsein? und: Wie verschwinden sie aus demselben? Sofern sie durch Empfindungen hervorgerufen werden, ist die Frage schon beantwortet: mit dem Beginnen und Aufhören des äußeren Reizes. Doch findet ein solches Auftauchen und Verschwinden nicht bloß auf Veranlassung der Empfindungen, sondern auch im Verlaufe der freien Vorstellungen statt. Da jedoch hier nie eine unbedingt neue Vorstellung auftritt, sondern höchstens die alten mit Hilfe der Einbildungskraft eine neue Verbindung eingehen, so lautet die eine der Fragen etwas anders: Wie geht es zu, daß die einmal verschwundenen Vorstellungen wiederkehren?

      Da