Psychologie und Logik zur Einführung in die Philosophie. Elsenhans Theodor. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elsenhans Theodor
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 4064066115425
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daß wir zweifeln, oder daß wir jene Eindrücke haben, auch wenn es keine — oder wenigstens keine unserer Vorstellung entsprechende — Außenwelt gibt. Daß wir etwas vorstellen, daß wir etwas fühlen oder wollen, und daß wir als vorstellende, fühlende, wollende Wesen wirklich existieren, das kartesianische: cogito ergo sum, steht uns unumstößlich fest. Die Wissenschaft, welche diese geistigen Vorgänge zu ihrem Gegenstande hat und verarbeitet, die Psychologie, wird daher einen sicheren Ausgangspunkt für die andern Zweige der Philosophie darbieten. Zugleich bildet sie eine geeignete Vorschule des philosophischen Denkens, sofern dabei das abstrakte Denken durch die Beobachtung des eigenen Seelenlebens beständig unterstützt werden kann. Endlich ergibt sich die Wichtigkeit dieser Wissenschaft auch daraus, daß die wertvollsten Gegenstände der philosophischen Betrachtung auf dem Gebiete des geistigen Lebens liegen, das Gegenstand der Psychologie ist. Sie ist daher eine wichtige Grundlage für die Geisteswissenschaften überhaupt: Philosophie der Geschichte, Logik, Ästhetik, Ethik, Religionsphilosophie haben ihre Wurzel in der Psychologie und ihren Abschluß in der Metaphysik.

      Von anderer Seite her dient die Logik zur Einführung in die Philosophie. Schon die Tatsachen des Irrtums und des Streites zeigen die Notwendigkeit, auch das Denken selbst auf seine Richtigkeit und Brauchbarkeit hin zu untersuchen; dazu sieht sich aber die Philosophie noch besonders gedrängt, weil sie nichts ungeprüft annehmen darf und deshalb auch das Denken und seine Gesetze, ihr Werkzeug zur Erforschung der Wahrheit einer Prüfung unterziehen muß. Insofern bildet die Logik die Einleitung zu jeder Wissenschaft. Die Logik ist aber auch zur formalen Schulung des philosophischen Denkens geeignet, weil das Verständnis der logischen Gesetze selbst eine scharfe Fassung der Begriffe und einen sorgfältigen Vollzug der Denkoperationen erfordert und dadurch das abstraktere Denken und das Verständnis der schwierigeren Zweige der Philosophie vorbereitet.

      Doch ist leicht zu ersehen, daß die Psychologie der Logik am besten vorangeht, da die Vorgänge beim Denken selbst zunächst Gegenstand der Psychologie sind.

       Inhaltsverzeichnis

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      Man unterscheidet herkömmlich zwischen der empirischen Psychologie, welche die Tätigkeitsäußerungen der menschlichen Seele mit ihren Gesetzen darstellt, und der rationalen Psychologie, welche das innere Wesen der Seele zu ergründen und jene Tätigkeitsäußerungen daraus zu erklären sucht.

      Die letztere fällt in das Gebiet der Metaphysik, denn sie fragt nach der Art der Existenz und der Veränderung der Seele, nach ihrem Zusammenhang mit dem Körper, nach ihrem Verhältnis zur Zeit und zu anderen Seelen.

      Bei der Unsicherheit der Metaphysik ist es aber notwendig, zunächst rein empirisch auf Grund der Beobachtung die Tatsachen des Seelenlebens und ihren gesetzmäßigen Zusammenhang zu erforschen und darzustellen. Nur wenn die Psychologie auf diese Weise zuerst ihre nächste empirische Aufgabe mit vorläufiger Abweisung aller metaphysischen Spekulation vom festen Boden der inneren Erfahrung aus klar erfaßt und abgrenzt, kann sie mit Aussicht auf Erfolg zu tieferer Erfassung ihrer Probleme weiterschreiten und auch den Geisteswissenschaften für ihre Ideale Anknüpfungspunkte darbieten. Durch diese scharfe Sonderung von Erfahrung und Metaphysik unterscheidet sich gerade die wissenschaftliche Behandlung von der populären Auffassung, die beides vermischt und z. B. die geistigen Vorgänge ohne weiteres metaphysisch als Tätigkeiten und Zustände eines Dings nach Analogie der Körperwelt erklärt.

      Für unsere Zwecke genügt die empirische Psychologie.

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      Die Erfahrung zeigt uns die Erscheinungen des Seelenlebens eng verknüpft mit körperlichen Erscheinungen. Die Psychologie wird deshalb häufig die Hilfe derjenigen Wissenschaften in Anspruch nehmen müssen, die sich mit dem menschlichen Körper beschäftigen, der Anatomie, d. h. der Lehre vom Bau des Pflanzen- und Tierorganismus, und der Physiologie, d. h. der Lehre von den Lebensvorgängen im Pflanzen- und Tierkörper. Die neuerdings viel verhandelte physiologische Psychologie zieht die unmittelbaren Folgerungen aus dieser Wissenschaft für das Verhältnis von Seele und Körper.

      Der letzte Zusammenhang dieser beiden Erfahrungsgebiete läßt sich aber von uns weder beobachten noch innerlich erfahren. Indem wir einen Ton hören, haben wir kein Bewußtsein davon, welchen Weg er von der Saitenschwingung bis zur Empfindung durchlaufen hat, und wir nehmen keinen bestimmten Vorgang im Gehirn wahr, indem wir einen Entschluß fassen; aber auch wenn wir den körperlichen Vorgang, der dem geistigen entspricht, unmittelbar beobachten könnten, wüßten wir nicht, wie die Nervenerregung durch die Schallwellen es macht, zur Tonempfindung zu werden, oder wie der Entschluß es anfängt, die Glieder in Bewegung zu setzen.

      Es sind daher die verschiedensten Hypothesen über dieses Verhältnis von Seele und Körper aufgestellt worden. Es sind hauptsächlich vier Möglichkeiten denkbar: Entweder streicht man eines der Glieder, um deren Zusammenhang es sich handelt, dann ergeben sich zwei mögliche Ansichten: 1. die Seele ist nur eine Form oder ein Produkt des Körpers (Materialismus), 2. der Körper ist nur eine Form oder ein Produkt eines oder mehrerer seelischer Wesen (Spiritualismus, so Leibniz, Lotze); oder man erkennt die Selbständigkeit beider an, dann sind zwei weitere Fälle möglich: 3. Seele und Körper wirken aufeinander wie verschiedene Wesen oder Substanzen (Wechselwirkungslehre, so Descartes, Herbart), 4. Seele und Körper sind verschiedene Äußerungsformen eines und desselben Wesens, stehen daher in keinerlei Verhältnis von Ursache und Wirkung (Identitätshypothese, so Spinoza, Fechner, der moderne psychophysische Parallelismus).

      Die empirische Psychologie kann diese Frage von ihrem Standpunkt aus nicht beantworten, sondern nur das Material dazu darbieten, die endgültige Beantwortung derselben ist von gewissen metaphysischen Anschauungen abhängig. Die empirische Psychologie kann nur die tatsächliche Verschiedenheit von Körper und Seele feststellen und die durch Gesetze bestimmten Beziehungen zwischen beiden Erfahrungsgebieten, soweit sie beobachtet werden können, untersuchen. Die Lösung dieser Aufgaben zieht sich durch das ganze Gebiet der Psychologie hindurch, doch soll das Wesentliche über jene Verschiedenheit (§ 6) und über diese Beziehungen, die vor allem im Nervensystem stattfinden (§ 7), im voraus zusammengestellt werden.

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      Die Hauptmerkmale, durch welche erfahrungsmäßig Körper und Seele sich unterscheiden, sind folgende, zunächst für die Körperwelt:

      1. Die körperlichen Erscheinungen treten in der Form des Raumes auf, während keinerlei Vorgänge in der Seele, nicht einmal unsere Vorstellungen vom Raume selbst, räumlicher Natur sind: die Vorstellung eines Dreiecks z. B. ist nicht selbst dreieckig.

      2. Die Naturwissenschaft läßt die Körperwelt bestimmt sein durch das Gesetz