Psychologie und Logik zur Einführung in die Philosophie. Elsenhans Theodor. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elsenhans Theodor
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 4064066115425
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teilt sich nach den zwei großen Gebieten der Erfahrungswelt: Natur und geistiges Leben, in eine Philosophie der Natur und in eine Philosophie des Geistes. Die letztere beschäftigt sich als Psychologie mit dem allgemeinen Wesen des Geistes, wie es an jedem einzelnen Menschen beobachtet werden kann, als Philosophie der Geschichte (im weitesten Sinn) mit dem menschlichen Geistesleben, wie es als Resultat gemeinschaftlicher Tätigkeit der Menschen in Gesellschaft und Geschichte sich entwickelt.

      Unter den geistigen Erscheinungen treten aber einige besonders hervor, deren Wichtigkeit für Leben und Wissenschaft, wo sie zur Aufstellung von zu befolgenden Regeln führen, eine gesonderte Behandlung empfiehlt. So wird das richtige Denken in der Logik, der ästhetische Geschmack in der Ästhetik, das sittliche Bewußtsein in der Ethik, das religiöse Bewußtsein in der Religionsphilosophie zu Gegenständen einer besonderen Wissenschaft gemacht. Diese psychologischen Tatsachen treten in der Geschichte als geistige Mächte, als Hauptelemente der menschlichen Kultur auf: Wissenschaft, Kunst, Sitte, Recht und Staat, Religion; oder, sofern sie durch ein verwirklicht gedachtes Ziel wirken, als Ideale: Wahrheit, Schönheit, Sittlichkeit, Vereinigung mit der Gottheit. Doch erfüllen Philosophie der Geschichte und Psychologie ihre Aufgabe nur in beständiger gegenseitiger Ergänzung, und beide Standpunkte der Betrachtung müssen deshalb auch in jeder Geisteswissenschaft zusammenwirken.

      Aber der Zweck der Philosophie gestattet nicht, bei der Trennung der Gebiete stehen zu bleiben, er schließt vielmehr die Aufgabe in sich, auch Natur und Geist, auch jene verschiedenen Richtungen des Geisteslebens nach ihren letzten Zusammenhängen untereinander zu untersuchen und auf einen einheitlichen Grund zurückzuführen, die Aufgabe der Metaphysik. Diese alle andern abschließende Wissenschaft beschäftigt sich daher mit der Frage nach der Anwendung der Denkgesetze auf die wirkliche Welt und deren Bedingungen und Grenzen (Erkenntnistheorie), nach der Gültigkeit der Allgemeinbegriffe, die wir der Betrachtung der Dinge zu Grunde legen: Sein, Veränderung, Raum und Zeit, Ursache und Zweck, und endlich mit der Gottesidee, soweit sie nicht bereits auf Grund der Erkenntnistheorie als für das philosophische Erkennen unerreichbar angesehen wird.

       Inhaltsverzeichnis

      Die Geschichte der Philosophie ist eine Geschichte der Versuche, die § 1 bezeichneten Aufgaben zu lösen.

      Die erste selbständige Philosophie findet sich bei den Griechen. Die ionischen Naturphilosophen (um 600 v. Chr.) fanden den einheitlichen Urgrund der Dinge in einem Urstoff, z. B. Thales im Wasser, die Pythagoreer in Maß und Zahl, die Eleaten im reinen Sein im Gegensatz zur scheinbaren Vielheit der Dinge, Heraklit im endlos sich verwandelnden Feuer, die Atomisten in den gleichartigen, kleinsten, unteilbaren Stoffteilchen mit ihrer verschiedenartigen Ordnung, Gestalt, Lage und Bewegung. Erst für Anaxagoras war das Ganze der Welt das Werk eines vernünftigen Wesens, des Geistes. Die bisher einfach vorausgesetzte Erkennbarkeit der Welt wurde aber von den alles bezweifelnden Sophisten bestritten und mußte von den großen Philosophen der Folgezeit neu begründet werden.

      Mit diesen, mit Sokrates, Plato und Aristoteles erreichte die griechische Philosophie ihren Höhepunkt. Sie machten den Menschen selbst und sein Denken zum Gegenstand der Untersuchung. Sokrates († 399) beschäftigte sich mit der Bildung fester Begriffe, besonders des Wahren und Guten. Plato († 347) gelangte auf diesem Wege zur Lehre von den Ideen als den geistigen Urbildern der Dinge und erfaßte noch tiefer Wesen und Aufgabe des Menschen. Sein großer Schüler Aristoteles († 322) wurde durch sorgfältige Untersuchung der Gesetze des Denkens zum Begründer der Logik als Wissenschaft und übertraf seinen Vorgänger durch die Weite des Blicks, mit der er den ganzen Wissensstoff der damaligen Zeit, besonders auch der Naturwissenschaft, in das Gebiet der Philosophie hereinzog.

      Die nachfolgenden Philosophen, die Stoiker und Epikureer verlegten den Schwerpunkt in die Ethik und fanden als höchste Regel des Lebens die Befriedigung des Weisen in seinem inneren Leben. Die Skeptiker forderten den Verzicht auf alles Wissen und die Neuplatoniker machten einen letzten Versuch, in der Einigung mit der Gottheit die Wahrheit unmittelbar anzuschauen.

      Das Christentum entwickelte im Mittelalter unter dem Einfluß des Aristoteles eine eigene christliche Philosophie, die Scholastik, aber erst durch die Reformation wurde freie Forschung möglich gemacht.

      In der neueren Philosophie lassen sich zwei Hauptströmungen verfolgen, eine empiristische und eine rationalistische. Die erste, hauptsächlich ein Erzeugnis der englischen Philosophie, beginnt mit dem Engländer Baco von Verulam († 1626), der auf Naturforschung und Erfahrung die Philosophie gründet, und wird fortgesetzt durch Locke, Hume und in neuester Zeit durch John Stuart Mill († 1873) und Herbert Spencer. Die rationalistische Richtung wurde hauptsächlich von den deutschen Philosophen gepflegt. Sie beginnt mit Descartes († 1650), der auf den gewissesten aller Sätze: ich denke also bin ich (cogito ergo sum) alle Wahrheit gründete, und wird fortgeführt durch Spinoza und Leibniz.

      In den letzten Jahrzehnten fanden außerdem zwei philosophische Richtungen große Verbreitung, besonders in der Tagesliteratur: der Materialismus, der auch das geistige Leben auf die Materie zurückführen will, vertreten durch Moleschott, Vogt, Büchner, und der Pessimismus, begründet durch Schopenhauer († 1860), in selbständiger Weise fortgebildet durch Ed. v. Hartmann.

      Als Hauptströmungen treten in der Gegenwart hervor der Neukantianismus, der mit Abweisung aller Metaphysik das Hauptgewicht auf die Ethik legt, und der Positivismus, der, von Frankreich und England herübergekommen, nur das Tatsächliche der Erfahrungswelt gelten lassen will. Gegen die letztere Auffassung, soweit sie zu einer rein naturwissenschaftlichen Deutung des Geisteslebens geführt hat, macht sich jedoch eine idealistische Gegenströmung mehr und mehr geltend.

       Inhaltsverzeichnis

      Neben einem Überblick über die Geschichte der Philosophie werden sich zur Einführung in die Philosophie solche Zweige derselben besonders eignen, welche teils der Ausgangspunkt und die Grundlage der andern philosophischen Wissenschaften, teils eine Schule für das philosophische Denken bilden. Beides trifft bei Psychologie und Logik zu.

      Verschiedene Beobachtungen im täglichen Leben und manche Resultate der Naturwissenschaft weisen uns darauf hin, daß die einfache Betrachtung der Außenwelt nicht der feste Punkt ist, von dem wir in der Philosophie ausgehen dürften. Träume, Sinnestäuschungen, Hallucinationen beweisen, daß dem von uns Wahrgenommenen nicht notwendig ein Gegenstand entsprechen muß. Erscheinungen wie die der Farbenblindheit zeigen, daß das Bild, das wir von den Gegenständen haben, nicht allein von diesen selbst, sondern zum mindesten auch von unserer Organisation abhängig ist. Die Naturwissenschaft erklärt das, was wir als Licht, Schall, Wärme wahrnehmen, für eine Bewegung des Äthers, der Luft, der Moleküle. So erhebt sich der Zweifel