MATTHEW CORBETT und die Königin der Verdammten (Band 2). Robert Mccammon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert Mccammon
Издательство: Bookwire
Серия: Matthew Corbett
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958353299
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angenehmere Temperatur als seine Dachstube haben würde, aber es gab mindestens ein Problem. »Der Fußboden besteht doch einfach nur aus Erde, oder?«

      »Nichts, was ein Teppich nicht beheben könnte«, meinte Grigsby.

      »Letzte Runde, Gentlemen! Letzte Runde!«, rief Mr. Sudbury und läutete die Glocke über der Bar. »In zehn Minuten wird geschlossen!«

      »Ich weiß nicht.« Matthew vermied es, Berry anzusehen, obwohl er spürte, dass sie ihn musterte. »Wäre es nicht äußerst eng

      »Wie viel Platz braucht Ihr denn? Berry und ich könnten Euch einen Teil freiräumen, und ich habe ein Bettgestell, das Ihr benutzen könnt. Ihr sagtet doch, es ist ja nur für diese eine Nacht. Oder auch so lange, wie Ihr bei mir zu Gast sein möchtet.«

      Aha, dachte Matthew. Da ist der Haken. Grigsby wollte ihn in Berrys Nähe einquartieren, um Matthew dazu zu verpflichten, auf sie aufzupassen. »Da gibt es doch kein einziges Fenster«, sagte er. »Ich bin an eine Aussicht gewöhnt.«

      »Wo wollt Ihr denn im Dunkeln hingucken? Kommt schon, Matthew! Es ist bisher nur eine Rumpelkammer. Für ein Bett ist jedenfalls reichlich Platz und ich kann Euch wahrscheinlich auch ein kleines Pult auftreiben, falls Ihr eins braucht. Mit einer Laterne habt Ihr Licht genug und schon ist es ein Zuhause für die Nacht.«

      Matthew trank ein paar Schlucke Wein und überlegte. Er war schrecklich müde und ihm war egal, wo er an diesem Abend schlief, solange es nicht zu dreckig war. »Keine Mäuse?«

      »Keine einzige. Es ist so dicht wie eine Festung. Die Tür hat ein Schloss und der Schlüssel ist in meiner Schreibtischschublade.«

      Er nickte und warf einen schnellen Blick auf Berry. »Und was sagt Ihr dazu?«

      »Tut, was Ihr für richtig haltet. Sofern Ihr nicht Angst habt, etwas von meinem Pech abzubekommen.«

      »Ist es denn unerschöpflich?«

      »So scheint es mir zumindest.«

      »Ich glaube nicht an Pech.«

      »Aber, Sir«, sagte sie mit übertrieben süßlicher Stimme. »Ihr glaubt doch an Glück? Warum solltet Ihr dann nicht glauben, dass ein Mensch von einer dunklen Wolke Pech verfolgt werden kann?«

      »Ich glaube, dass Eure Wolke selbst gemacht ist«, gab Matthew zurück und bemerkte wieder das warnende Funkeln ihrer Augen. Er sprach trotzdem weiter. »Aber vielleicht geht es Euch gar nicht darum, beachtet zu werden. Vielleicht wollt Ihr Euch in der dunklen Wolke verstecken.«

      »Verstecken?« Ihr Mund verzog sich leicht. »Und wovor?«

      »Worum es hier geht«, unterbrach Grigsby Matthew zu dessen Erleichterung, da er mit dem Mädchen nicht länger streiten wollte, »ist keine dunkle Wolke, sondern wo Ihr eine dunkle Nacht verbringen wollt. Was sagt Ihr nun dazu, Matthew?«

      »Nichts sage ich.« Falls Berry tatsächlich von einer dunklen Wolke Pech verfolgt wurde, hatte sie das Talent, davon auch auf andere Menschen regnen zu lassen. Matthew merkte, dass er das dritte Glas Wein geleert hatte und dass es ihn weiterhin nach Betäubung durstete.

      »Also, Berry und ich sollten uns auf den Weg machen. Komm, Großtochter.« Grigsby und das Mädchen erhoben sich vom Tisch und sie verließ die Schänke ohne einen Blick zurück. »Seht es ihr nach, Matthew. Sie ist gereizt. Das könnt Ihr doch verstehen, nach dem Unglück mit dem Schiff und alldem. Könnt Ihr ihr das wirklich übelnehmen?«

      »Ihr Pech kann man infrage stellen, ihre schlechten Manieren allerdings nicht.«

      »Ich glaube wirklich, dass sie sich in gewisser Weise für das Unglück heute verantwortlich fühlt. Einfach, weil sie vor Ort gewesen ist, nehme ich an. Aber macht Euch keine Sorgen, sie wird sich bald für Euch erwärmen.«

      Matthew runzelte die Stirn. »Warum sollte ich mich darum sorgen, ob sie sich für mich erwärmt oder nicht?«

      »Das war nur eine freundschaftliche Bemerkung. Aber hört mal, ich meine das ernst mit der Unterkunft. Würde Euch das passen?«

      »Ich habe mich noch nicht entschieden, aber danke.«

      »Ich stelle Euch eine Laterne neben die Tür und hänge den Schlüssel daneben, für den Fall, dass Ihr mein Angebot doch annehmen wollt. Ja?«

      Berrys Bockigkeit schien ansteckend zu sein, denn Matthew wollte mit einem Schulterzucken reagieren. Aber dann seufzte er. »Also gut. Zuerst trinke ich aber noch was.«

      »Haltet Euch an die Sperrstunde«, warnte Grigsby ihn und verließ dann das Trot.

      Matthew erbat sich von Sudbury noch ein halbes Glas Wein und trank es, während er auf einem der Schachbretter einen schwierigen Zug aufbaute und zu lösen versuchte. Um acht Uhr verkündete Sudbury, dass er nun die Schänke schloss, und so nahm Matthew schließlich seine Tasche mit den staubigen Sachen, bedankte sich beim Wirt für dessen freundliche Großzügigkeit und ließ ihm einen Schilling aus dem Spendenbecher da. Er war der letzte Gast, der das Wirtshaus verließ, und hörte, wie hinter ihm die Tür verriegelt wurde.

      Die Nacht war warm und angenehm. Matthew bog nach rechts in die Crown Street ein und an der nächsten Ecke gen Süden auf die Smith Street ab. Er hatte vor, einen Umweg zu machen – links zur Wall Street, um dann über die Queen Street am Wasser entlang zu Grigsbys Haus zu marschieren. Er brauchte frische Luft und Zeit zum Nachdenken. Sein Blick war etwas unscharf, aber insgesamt war sein Kopf recht klar. Die Eckpfostenlaternen brannten, im Himmel schienen die Sterne und weit im Osten über dem Atlantik flackerte ein entferntes Gewitter. Menschen, die es eilig hatten, bis zu Beginn der ab zwanzig Uhr dreißig geltenden Sperrstunde nach Hause zu kommen, hasteten an Matthew vorbei, aber er beeilte sich nicht, als er die Wall Street entlangging. Er dachte weder an Brutus, den Stier, noch die zerstörte Töpferei, sondern an die geheimnisvolle Dame im Tollhaus.

      Eine Reise nach Philadelphia stand ihm bevor – aber was, wenn Primm keinerlei Informationen preisgeben würde? Wie ließ sich der Name der Königin der Verdammten dann herausfinden? Indem er alle Bürger von Philadelphia auf der Straße anhielt und ihnen die Frau beschrieb? Greathouse hatte recht. Es war ein unmögliches Unterfangen. Nun gut. Aber wie war es zu schaffen?

      Dieses Mädchen war zum Verrücktwerden. Pech und eine dunkle Wolke.

      So ein Unsinn.

      Nun aber wieder zurück zu dem Problem, wie sich der Name der alten Frau herausfinden ließ. Er hatte das Gefühl, dass er es mit Greathouse zu weit getrieben hatte. Das ist Eure Aufgabe, hatte Greathouse gesagt. Hieß das, dass Matthew ganz allein nach Philadelphia reisen würde, obwohl dies doch sein erster Fall für die Herrald Vertretung war? Na, das war ja eine famose Einführung, oder?

      Und jemand sollte dem Mädchen mal Manieren beibringen. In ihren Augen hatte außer der aufblitzenden Wut aber noch etwas anderes gelegen, dachte Matthew. Vielleicht ist es eine dunkle Wolke, in der Ihr Euch verstecken könnt. Lag darin mehr Wahrheit, als er sich bewusst gewesen war?

      Er erreichte die Straßenecke und blieb unter dem Lichtschein der Laterne stehen, um auf die Uhr zu sehen. Fast Viertel nach acht. Er hatte noch Zeit, denn Grigsbys Haus lag nur zwei Straßenblöcke nördlich von hier. Er zog seine Uhr auf, während seine Gedanken zwischen der verrückten Dame und dem zum Verrücktwerden irritierenden Mädchen hin- und herwanderten.

      Wieder zuckte weit über dem Meer ein Blitz auf. Rechts von ihm erhoben sich die dunklen Umrisse von Schiffen, deren Spiere und Masten in den Himmel ragten. Ein Geruchsgemisch aus Teer, Kiefern und Hafenwasser umgab ihn. Er befand sich ungefähr auf halber Strecke zwischen Wall Street und King Street, war in Gedanken bei den Erfordernissen für eine Sechstagesreise nach Philadelphia – drei Tage hin und drei Tage zurück –, als er hinter sich ein Knirschen hörte.

      Es klang wie ein Stiefel auf Kies oder Austernschalen und er wollte sich …

      Im gleichen Moment, in dem ihm die Nackenhaare zu Berge stiegen und er sich umdrehen wollte, packte ihn ein Arm um den Hals, zerrte ihn von den Füßen und schleuderte ihn gewaltsam gegen die raue