Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
Скачать книгу
zum erstenmal bemerkbar. Es war etwas geschehen, was sich in diesem harten Lande noch tausendmal wiederholen sollte: Männer, die Tod und Teufel nicht fürchteten, verspürten einen Schauer auf dem Rücken, wenn sie daran dachten, wer da in der Stadt ihrer wartete. Ein hochgewachsener Mann mit hartem, eckigem Gesicht, tiefblauen Augen, schwarzem Haar und mit zwei alten Revolvern in den Kniehalftern.

      Die Magie des Missouriers Wyatt Earp hatte ihren Anfang genommen.

      Und doch ritt der Verbrecher Ben Thompson plötzlich langsam vorwärts. Mitten in die Mainstreet hinein. Er sah sich nicht mehr nach seinem Gefährten um.

      Der Spieler hielt plötzlich inne.

      Hatte er geträumt?

      Wie war der Mann auf einmal da vorn mitten auf die Straße gekommen?

      Hochaufgerichtet stand er da. Die Arme vor der Brust verschränkt. Den schwarzen Hut tief in die dunkle Stirn gezogen.

      Und doch sah der Spieler schon auf vierzig Yards die Augen des anderen funkeln.

      Die letzte Minute des Ben James Thompson hatte begonnen. Er hätte ihr vielleicht auf einige Zeit entrinnen können. Aber er war ein Spieler und nahm das gefährliche Spiel auf.

      Vielleicht wußte er, daß er diesmal verlieren würde.

      Aber er war seit eh ein Mann gewesen, der nicht aufgab.

      Zwanzig Yards vor Wyatt Earp stieg er aus dem Sattel.

      »Ich bin da, Earp!«

      »Yeah!« klang es ihm hart entgegen.

      Und dann schoß der Spieler schon. Es war unfair, aber er hatte ja nichts anderes getan, als was er sonst auch tat. Er betrog.

      Die Kugel pfiff über den Körper des Missouriers hinweg.

      Der hatte sich bei der Schußbewegung fallengelassen und einen Schuß aus dem rasendschnell gezogenen linken Colt abgegeben.

      Und selbst diese Kugel schickte der tödliche Schütze dem Gegner nicht ins Leben. Sie traf den Spieler oben rechts in der Brust, riß ihn aber von den Beinen, warf ihn zurück und ließ ihn mit dem Schädel unglücklicherweise so hart auf einen in der Straße eingelassenen Feldstein aufschlagen, daß er reglos liegenblieb.

      Als Wyatt herankam, sah er den Blick des Banditen starr an sich vorbei in den wolkenlosen Abendhimmel gehen.

      Der Sheriff-Mörder Ben Thompson war tot. Ein sinnloses, verbrecherisches Leben hatte sein Ende gefunden.

      Wyatt wandte sich ab und ging hinüber zum Hotel.

      Er wartete.

      Aber der andere Mann kam nicht.

      Er kam auch nicht in der Nacht.

      Und als der Missourier am nächsten Vormittag hinaus vor der Stadt ritt, sah er die Herde allein dastehen.

      Geg Peshaur hatte mit seinen Männern das Weite gesucht.

      Er hatte Ben Thompson in der Mainstreet fallen gesehen und war geflüchtet.

      Erst viele Jahre später sollte Wyatt Earp ihn unten in Dodge am Arkansas wiedersehen…

Im Sand von Texas

      Dreißig Meilen südlich vom Canadian, wo die gefürchtete gelbe Ebene beginnt, lag die kleine Texasstadt Panhandle. Ihr Name war zu Beginn der siebziger Jahre im alten Westen so bekannt wie Santa Fé, Dodge City und Wichita. Bekannt und berüchtigt. Die größten Ranches der Staaten lagen im Pfannenstiel, wie das Land um die Stadt genannt wurde. Harte, große und zähe Männer hatte dieses Land, Männer, die ob ihrer Qualitäten bis hinauf nach Montana so bekannt waren wie die großen Ranches und die hervorragenden Rinder.

      Aber leider kamen auch die berüchtigten Revolvermänner aus dem Panhandle, meistens sogar aus der Stadt selbst, die ja den gleichen Namen trug wie die Landschaft, in der sie lag. Der Schießer Ed Ferguson hatte dem Panhandle eine traurige Berühmtheit eingebracht. Lane Carringer und Cass Brisbane sollten noch fünf Jahre später oben am Arkansas dafür sorgen, dass dieser traurige Ruhm der kleinen Texasstadt nicht in Vergessenheit geriet.

      Hal Flanagan jedoch sollte sie alle in den Schatten stellen. Er war der unheimlichste Mann, den dieses staubige Land je ausgespuckt hatte. Er war mittelgroß, hager, hatte breite Schultern und schmale Hüften. Sein kantiges Gesicht, das meist tief im Schatten des grellweißen Hutes lag, war gipsfarben und von scharfen Falten zersägt. Schiefergrau steckten die scharfen Augen in engen Schlitzen. Die Brauen waren in einem schwarzen Strich über der Nasenwurzel zusammengewachsen. Der Mund sah aus wie die scharfe Narbe eines Peitschenschlages, dünn, lang, hart und blassrot. Das Kinn schob sich weit und eckig nach vorn: Es war ein kaltes, rigoroses Gesicht, das von den grauen Augen beherrscht wurde.

      In Panhandle genoss dieser Mann so etwas wie eine stummängstliche Verehrung. Er war der berühmteste Sohn der kleinen Texasstadt.

      Und als er jetzt auf seinem schwarzen Hengst staubbedeckt in die breite Mainstreet einritt, blieben die Leute auf den Stepwalks stehen und sahen zu ihm hinüber.

      Gewiss, es rief keiner: »Hallo, da kommt Hal Flanagan! Der große Flanagan! Hal, wie geht’s? Bist du endlich wieder da? …« Nein. Es blieb still in der Straße.

      Die Abendsonne schickte ihre flammend roten Strahlen in die Stadt, und alle Gegenstände warfen riesenlange Schatten.

      Vor dem Farewell-Hotel brachte Flanagan seinen Hengst zum Stehen, rutschte unsäglich langsam aus dem Sattel und schlang die Zügelleine um den Querholm. Ehe er auf den Vorbau zuschritt, lockerte er die beiden großen Revolver in den Halftern, die er tief auf den Oberschenkeln trug, wandte sich noch einmal um und blickte die Straße hinunter.

      Gap Lonegan, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen Geräte-Handel hatte, zuckte zusammen, als ihn der Blick des Revolvermannes traf. Schnell hob er die Hand und winkte dem »Heimkehrer« gequält lächelnd zu.

      Flanagan erwiderte diesen Gruß nicht.

      Auch Joe Carpentier, der die Sattlerei nebenan hatte, sah mit nicht ganz glücklichen Augen auf den Schießer.

      Tub Harringay stand hinter den Gardinen seiner kleinen Bank, hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt und die Lippen zusammengepresst. Sein massiger Schädel war vorgebeugt. Plötzlich zuckte er zusammen. Er hatte das Gefühl, der Mann drüben müsse ihn durch die Gardinen gesehen haben.

      Harringay wandte sich um, riss seinen Hut vom Haken, rief vorn im Schalterraum einem Clerk etwas zu und stampfte über die Straße.

      Der Schießer sah ihm ausdruckslos entgegen.

      Der Bankier streckte beide Hände aus, so, als wolle er den anderen herzlich begrüßen.

      Flanagan übersah diese Geste.

      »Hallo! Ich sah zufällig durchs Fenster und denke: Du träumst! Er kann es doch gar nicht sein! Aber er ist es! Hal, alter Junge! Willkommen daheim …«

      Die Lippen des Schießers sprangen auseinander. Hohl und rostig klang seine Stimme.

      »Was willst du?«

      Der Bankier versuchte, diese brüske Abweisung zu überspielen.

      »Darf ich dich zu einem Drink einladen, Hal? Du hast sicher einen langen Ritt hinter dir …«

      Der Revolvermann wandte sich ab. Wortlos ging er auf das Hotel zu.

      Auf dem Vorbau hatten mehrere alte Männer mit knorrigen, verbrannten Gesichtern gesessen. Sie standen auf, als der Mann mit dem weißen Hut an ihnen vorbeikam.

      »Hal?«

      »Hallo, Hal!«

      »Wie geht’s?«

      »Wieder im Lande?«

      Der Schießer beachtete dieses Verlegenheitsgestammel nicht. Mit der linken Stiefelspitze stieß