»Hm –«, brummte der Spieler, »ich traue ihm alles zu.«
»Er ist ein Satanshund, das ist klar, aber über die Berge kommt er nicht. Ich werde den Gedanken nicht los, daß er die Wahnidee gehabt hat, den Tecca-Paß irgendwie zu umgehen. Aber das ist nicht drin. Da muß er steckenbleiben. Wir selbst haben eine Menge Vieh und Leute da oben verloren. Jimmy Jirjahlke kennt die Berge wie seinen alten Sattel. Er sagte mir schon in Colorado, ehe wir nach Wyoming hinübertrailten, daß der Missourier es nicht schaffen könne. Außerdem, was willst du? Wir machen hier unser Geschäft, stärken uns und ziehen mit der Crew durch die Berge zurück. Da holen wir ihn sicher ein und pumpen ihn voll Blei.«
Thompson riß die Zügel hoch.
»Ich, Geg, ich werde ihn voll Blei pumpen. Ich allein! Ich hoffe, du hast das begriffen.«
Der Cowboy war nicht der Mann, sich so schnell einschüchtern zu lassen.
»Das bleibt abzuwarten, Ben. Wenn er mir vor die Bleispritze kommt, harke ich ihn auseinander.«
Der Spieler schoß ihm einen blitzenden Blick zu, in dem plötzlich tödlicher Haß flammte.
»Das wirst du nicht tun, Geg. Wenn du ihn tötest, bist du mein Feind.«
»Du bist ein Idiot, Ben! Ein verblendeter Idiot! Sei froh, wenn der Bursche tot ist, sonst hast du ihn ständig im Nacken. Er hat dich ins Jail gebracht, weil er ein Gesetzesfanatiker ist. Bestimmt hat dieser Kerl eines Tages einen silbernen Stern am Hemd. Und er wird dir folgen, wenn es sein muß, bis ans Ende der Welt. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Du bist ein hirnloser Mann, Ben Thompson, sonst wüßtest du das selber. Alles was dieser Earp tut, ist verdammt genau überlegt. Er hat Rooper aufgestachelt, die Herde nach Montana auf den Trail zu bringen. Damit wollte er mich schlagen. Daß ihm der Trail nicht glückte, war sein Pech. Aber er wird überleben, dessen bin ich sicher. Dieser Halunke gehört zu der Sorte Unkraut, die kein Orkan aus den Wurzeln reißt. Er lebt – und er lauert auf uns. Vor allem auf dich. Weil du ein Sheriff-Mörder bist…«
Da holte der Spieler aus. Der Schlag riß den Cowboy aus dem Sattel.
Peshaur lag am Boden, als er sich aufrichtete, rann ein Blutfaden aus seinem rechten Mundwinkel.
Thompson war vom Pferd gesprungen und stierte ihn aus glimmenden Augen an.
Da warf der vierschrötige Cowboy seine behaarte Faust mitten in dieses gelbe faltige Gesicht.
Aber der Spieler blieb stehen. Sein Blick war glasig geworden.
»Du hirnverbrannter Idiot, du erbärmlicher Falschspieler!«
Da stürzte sich Thompson mit einem wilden Schrei auf ihn und warf ihn zur Erde. Eine wilde Keilerei sich überschlagender, brüllender und fluchender Menschenknäule begann.
Die nachfolgenden Cowboys hielten an und blickten amüsiert und stumm auf die kämpfenden Männer.
Die Herde kam zum Stehen.
Der Kampf blieb unentschieden. Sie waren gleich stark, gleich gefährlich und gleich gemein, die beiden Banditen. Keiner gab dem anderen etwas nach. Deshalb endete auch ihr Fight unentschieden.
Sie rappelten sich wieder hoch und stierten einander mit glasigen Augen an.
Dann wandte Peshaur sich um und torkelte zu seinem Pferd.
Auch Thompson langte nach einem seiner Steigbügel, griff nach dem Sattelhorn und zog sich auf seinen Gaul.
Langsam trottete die Herde weiter nach Norden.
*
Am späten Nachmittag dieses Tages sahen die Männer fern in einer Talsenke die Dächer einer kleinen Stadt auftauchen.
»Das ist Rockwood!« brüllte Peshaur, dessen Gesicht noch angeschwollen vom Kampf mit Thompson war.
Der Spieler, dessen Gesicht ebenfalls verschwollen und mit blauroten Flecken bedeckt war, knurrte:
»Woher willst du das wissen?«
Peshaur wandte sich um und rief einen seiner Treiber heran:
»Jim, siehst du die Stadt da vorn?«
»Yeah, Boß, das ist Rockwood. Ich kenne es genau!«
Ehe sie die ersten Häuser erreichten, wandte der Cowboy George Peshaur den Blick auf die dünne Weide vor der Stadt. Die kurzen Berggräser waren niedergetreten, zerstrampelt von vielen tausend Rinderhufen.
Der Rindermann sah es sofort, und er wußte, was es bedeutete.
Aber er war gehässig genug, es dem Spieler zu verschweigen.
Trotzdem sollte auch Ben Thompson die Stadt nicht ungewarnt erreichen.
An einem leerstehenden Haus, das hundertfünfzig Yards vor dem Anfang der Mainstreet stand, klebte ein großes Plakat.
Die beiden Männer ritten darauf zu und glotzten es an.
In großen Letter schrie es ihnen von der Hauswand entgegen:
Ben Thompson, Sheriff-Mörder, ich warte hier in der Stadt auf Dich!
Geg Peshaur, Viehdieb und Mordanstifter, auch auf Dich warte ich!
Ich hoffe, Ihr habt in Fort Morgan das Grab Eures Freundes Clinholm besucht.
Wyatt Earp
Die beiden Banditen sahen einander betroffen an.
Der Cowboy hatte plötzlich ein verdammt ungutes Gefühl im Magen. Er spie in weitem Bogen aus und blickte zur Mainstreet hinüber.
Der Spieler war grau im Gesicht geworden. Seine zu weit auseinanderstehenden gelben Augen hatten sich zu schießschartenschmalen Spalten zusammengezogen.
»Er ist also hier«, flüsterte er tonlos.
»Yeah!« stieß der Cowboy heiser hervor. »Er ist hier und wartet auf uns. Auf dich und mich. Und er wird verdammt wenig Zeit haben.«
Thompson stierte mit glimmenden Falkenaugen in die leere Mainstreet.
»Er hat Bill ausgelöscht…«
Peshaur deutete mit dem ausgestreckten Arm in die Mainstreet.
»Da, sieh nur, wie leergefegt! Sie warten auf dich. Auf Ben Thompson. Die Straßen sind doch überall leer, wo du auftauchst! Das hast du immerhin geschafft!«
Der Spieler riß den Colt aus dem Halfter.
»Halt’s Maul, Geg! Oder du stirbst, ehe der Wolf dich da drüben zerreißen kann.«
Peshaur lachte den anderen grimmig an.
»Schieß nur, Bennie. Deshalb läufst du ihm doch nicht weg!«
Er hob den Arm.
Die Cowboys trieben auf seinen Wink den Rest der Herde, die sie unter unsäglichen Mühen und mit vielen Verlusten über den Tecca-Paß gebracht hatten, auf die Weide vor der Stadt.
Die beiden Reiter saßen auf ihren Pferden und blickten in die Mainstreet.
Thompson wandte sich nach dem Cowboy um.
Der grinste ihn tückisch an.
»Ich lasse dir den Vortritt, Ben. Du bist der berühmtere, und auf dich ist er schärfer!«
»Du elender Feigling! Du verdammter, dreckiger Kuhtreiber. Du stinkiger Viehdieb!«
Peshaurs Lächeln erstarb und blieb in seinen Zähnen hängen.
»Es ist zu Ende, Ben. Reite los! Einer muß den Anfang machen!«
Der Spieler starrte nach vorn.
Die sinkende Sonne warf rotgoldene Strahlenbündel in die breite Straße. Kein Mensch war zu sehen. Trostlose Leere gähnte den Männern entgegen.