Der Kleine zog den Kopf in die Schultern. »Ich weiß nicht. Mir ist nicht sonderlich wohl bei der Geschichte.«
Der lange Speedy stieß eine höhnische Lache aus. »Du armseliger Regenwurm! Hast du also auch Angst vor dem Namen dieses Burschen!«
Da warf der Kleine den Kopf hoch und fauchte: »Du bist ein Büffel, Speedy. Vor seinem Namen habe ich keine Angst, aber vor ihm selbst!«
»Ich habe dir doch gesagt, daß er nicht da ist. Er kann gar nicht da sein. Ich weiß überhaupt nicht, was du willst. Der Boß hat den Befehl gegeben, den Bahnbau unter allen Bedingungen zu stoppen. Weißt du, was alle Bedingungen heißt? Das heißt auch mit einem Wyatt Earp!«
»Well, dann aber ohne mich. Der Kerl hat Bill Hogeeter gestellt und Joe Donegan geschnappt. Er hat Silk Cassedy gefangen und die beiden Tompsons erledigt.«
»Du bist ein Waschlappen, Larry…«
Da sprang der Kreole auf und stieß ein Holzstück in das Feuer, daß die Glut funkensprühend aufstob. »Du bist ein Junge in deinem Verstand, Speedy. Kennst du Hal Flanagan? Hast du ihn je gesehen. Ich habe keinen härteren Mann gekannt. Er schoß wie der Teufel und nahm es mit einem halben Dutzend solcher Burschen auf, wie du einer bist. Wyatt Earp hat ihn gefaßt. Er allein. Ich war damals unten in Panhandle City, als es geschah. Ich werde den Tag nie vergessen!«
Es war still am Feuer.
Der lange Speedy verzog den Mund und schnipste seine halbgerauchte Zigarette ins Feuer. Dann erhob er sich langsam und maß den Kreolen mit einem verächtlichen Blick. »Hör zu, Larry, du bist einer unser besten Cowboys gewesen. Und auf allen Ritten warst du ein tüchtiger Bursche. Es hat drei Jahre gedauert, bis ich gemerkt habe, daß du ein Feigling bist.«
Da blitzte in der linken Faust des Kreolen ein Klappmesser.
Speedy blickte auf die blinkende Waffe. »Was soll das?« krächzte er. »Glaubst du vielleicht, ich hätte Angst vor diesem Stück Stahl?«
Der Kleine blickte ihn aus zornglimmenden Augen an. »Es ist mir einerlei, ob du Angst hast, Speedy. Mir genügt, daß du ein Dummkopf bist. Wie der Boß dich zum Vormann machen konnte, werde ich nie begreifen. Es ist mir auch einerlei. Aber eines steht fest: Ich lasse mich von dir nicht beleidigen! Wenn du noch ein einziges schiefes Wort sagst, hast du die Klinge in den Rippen.«
Da erhob sich von der anderen Seite des Feuers ein blaßgesichtiger hagerer Bursche. Er trug einen dunklen Anzug, ein hellgraues Kattunhemd und eine Samtschleife. In seiner rechten Hand lag ein langläufiger großer Revolver. Aus engen Augen blickte er zu den beiden hinüber.
»Schluß jetzt. Larry, nimm das Messer weg!« schnarrte er.
Der Kreole blickte zu ihm hinüber. »Ich denke nicht daran. Speedy ist verrückt. Ich lasse mich nicht von einem solchen Schwachkopf in die Hölle reiten!«
Da holte der Riese aus und schlug zu.
Der Kreole blockte den Schlag ab und sprang vorwärts.
Aber vielleicht hätte die Spitze seiner Klinge dem Vormann eine schwere Wunde beigebracht.
Aber der dumpfe Knall des großen Revolvers in der Faust des blaßgesichtigen Burschen machte dem Kampf ein Ende.
Larry hielt seine blutende Hand hoch und preßte sie gegen die Brust. »Verdammtes Schwein!« knirschte er.
Speedy grinste ihn breit an und fletschte die Zähne. »Du elende Ratte. Ich weiß genau, daß du auf meinen Job aus bist! Hast einen Zorn, weil der Boß mich zum Vormann gemacht hat, statt deiner. Weil er es sich nicht leisten kann, einen Zwerg seine wilde Crew anführen zu lassen. Aber du hast Pech gehabt. Greg hat im richtigen Augenblick eingegriffen. Und jetzt werde ich Kleinholz aus dir machen, du…«
Der gipsgesichtige Greg, dessen saubere Kleidung absolut nicht in diese abenteuerlich wirkende Lagerfeuerrunde passen wollte, spannte wieder geräuschvoll den Hahn seines Colts. »Stop, Speedy. Larry hat seine Strafe. Das reicht!«
Der Hüne warf den Kopf herum. »Was willst du denn? Du schäbiger Coltschwinger! Nimm das Ding weg, sonst stampfe ich dich in den Boden. Dieser Zwerg kriecht vor dem Namen eines Marshals, der vierhundert Meilen von hier auf seinem Schaukelstuhl sitzt und jetzt gerade seinen Stern poliert…«
Greg Boston Smith hatte spaltenenge Augen. »Du hast gehört, was ich gesagt habe.« Er nestelte eine fertiggedrehte Zigarette mit der Linken aus der Tasche, schob sie sich mit der gleichen Hand in den Mund, riß ein Zündholz an der Stiefelsohle an und blies eine feine Tabakwolke vor sich hin. Ohne die Zigarette aus den Lippen zu nehmen, schnarrte er: »Du bist der Vormann, all right! Aber du hast weiter nichts zu tun, als die Crew zu führen!«
»Ich bin eben dabei!« röhrte der Vormann. Dann sah er die anderen Männer am Feuer an. »Jim, Tobby, Lad und Mike wissen, daß ich nur im Sinne Austin Portlands handele, wenn ich diesen feigen Kojoten bestrafe! Ich habe den Befehl über die Crew…«
»Es ist nur ein Teil der Crew, und du wirst sie nicht mit deinem sturen Schädel aufreiben, verstanden!«
Speedy Turner grinste breit. Seine großen weißen Zähne schimmerten im Lichtschein des flackernden Feuers. »He, ich begreife: Es gibt noch mehr Leute, die scharf auf meinen Posten sind. All right. Aber wir sprechen noch miteinander.« Der Vormann ließ sich wieder auf seinem Platz nieder.
Auch der Revolverschwinger setzte sich. Langsam schob er den Colt ins Halfter zurück.
Der Kreole gab keinen Laut von sich. Er wickelte ein blauweißgewürfeltes Taschentuch um seine verwundete Hand und hockte sich auf seinen Sattel.
Es war still am Lagerfeuer. Nur das leise Knistern des brennenden Holzes war zu hören.
Ein großer Nachtvogel überquerte das nächtliche Camp.
In die Stille hinein sagte der Vormann: »Wir brechen gegen drei Uhr auf. Es wird alles genauso gemacht, wie ich es anordne. Mike und Jim umreiten das Lager. Greg, Lad und Tobby bleiben auf der Nordseite. Ich halte von Westen her auf die Wagen zu. Wenn mein Schuß gefallen ist, werft ihr die Pechfackeln auf die Planen.«
»Und Larry?« fragte der Coltmann.
Speedy blickte den Kreolen grinsend an. »Der verschwindet! Und zwar sofort!«
Da schnellte der kleine Cowboy hoch. »Das könnte dir so gefallen! Hör zu, Speedy. Ich bin fünf Jahre bei Portland. Und ehe du kamst, habe ich als Bestman auf der Ranch gearbeitet. Ich werde nicht zusehen, daß du die Boys in die Hölle reitest.«
»Was willst du denn tun?« fragte Greg schnarrend.
»Wen interessiert denn das?« warf der Hüne dazwischen.
Larry fauchte ihn an: »Die Boys interessiert es. Du hast es ja gehört.«
Da erhob sich der Vormann wieder. Breitbeinig stand er vor dem Feuer.?»Well, die Kröte hat das große Maul. Ich werde es ihr stopfen. Wir brechen um drei Uhr auf. Wer dagegen ist und glaubt, daß Larry was zu sagen hat, der steht jetzt auf.«
Die Männer blieben alle sitzen.
Speedy grinste den Kreolen an. »Na, Brother – wo sind deine Boys? He? Ich will dir noch etwas sagen. Ich bin nicht der Idiot, für den du mich hältst. Jim hat das Lager umschlichen. Er war nicht nur in Santa Fé. Die Bande hat einen Kerl bei sich, der einen Falben reitet und zwei Eisen an den Hüften trägt. Es ist ein texanischer Schießer, den ich allein auslöschen werde.«
Larry wirbelte herum. »Er reitet einen Falben! Well! Ich habe Wyatt Earp in Panhandle City gesehen und weiß, daß er einen Falbhengst reitet. Auch trägt er zwei Revolver. Ich weiß sogar genau, daß er links eine der Kanonen des verrückten Nat Buntline trägt. Mit diesem Ding schießt er auf vierzig Yards ein Loch in deine Nase! Du hast uns verschwiegen, was Jimmy gesehen hat! Weshalb hast du uns das verschwiegen? Weil du wahnsinnig bist. Weil du glaubst, du könntest den Bahnbau mit einer Gewaltlösung stoppen. Dafür schickst du die Boys gegen