Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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      Nat war plötzlich wie umgewandelt. Er hatte sich an den Marshal herangeschoben und krächzte: »He, wenn Sie Wyatt Earp sind, Mister, so hätten Sie es anständigerweise doch gleich sagen können. Außerdem – wo ist denn der Stern?«

      Wyatt öffnete seine Jacke. Links auf dem weißen Hemd saß der silberne Fünfzack.

      Nat Higgins stierte auf das blinkende Stück Metall. »Heavens, ich habe noch nie so ein Ding gesehen, ohne Augenschmerzen zu bekommen. Diesmal ist das irgendwie anders.«

      Auch der Vormann hatte sich herangeschoben. Er reichte Wyatt die Hand. »Marshal, ich bin ein Esel gewesen, das ist klar. Und daß meine Boys Dummköpfe sind, wußte ich längst!«

      Der Mayor zog den Marshal mit sich hinaus. »Kommen Sie, Mr. Earp. Wir werden bei mir daheim zu Abend essen, oder…?«

      »Nichts oder. Ich habe es nicht eilig. Vor drei Wochen bekam ich einen Brief von Clyde Henderson. Und weil ich ohnehin hinunter nach El Paso wollte, dachte ich, fragst du mal nach, was aus dem Bahnbau geworden ist.«

      Der Mayor führte Wyatt auf die Straße. »Nichts, Mr. Earp, gar nichts. Henderson hat einen Haufen Geld in das Projekt gesteckt und bis heute nur Verluste erlitten. Noch liegen drüben beim Doktor drei Verletzte. Ein Arbeiter wurde getötet…«

      »Yeah. Das hat er mir geschrieben.«

      Owen Lloyd dachte einen Augenblick nach und sagte dann kurz entschlossen:

      »Ach, weshalb wollen wir Umwege machen. Henderson wohnt da drüben, ich werde Sie gleich zu ihm bringen.«

      Der alte Neger öffnete.

      Er machte sehr erstaunte Augen, als er den Mayor vor der Tür sah. »Ich möchte Mr. Henderson sprechen…«

      Da war der Bankier schon im Korridor. Im Abendlicht erkannte er denn die massive Gestalt des Mayors. Und er sah auch den hochgewachsenen Mann neben ihm.

      Der Mayor schob sich in den Korridor. »So, Mr. Henderson, ich möchte Ihnen einen alten Freund vorstellen, er kommt aus Kansas und will nach El Paso hinunter. Sie hatten ihm einen Brief geschrieben.«

      »Wyatt Earp?« rief Henderson.

      »Yeah, Wyatt Earp!« versetzte Lloyd und wandte sich zum Gehen.

      *

      Von diesem Tage an wurde vieles anders.

      Joe Boswell zog wieder mit seinen Leuten und den knarrenden Planwagen in die Berge hinaus. Die Arbeit wurde fortgesetzt.

      Der Name des Missouriers wirkte wie ein Zauber. Alle hatten wieder Mut, und die Arbeit nahm ihren Fortgang.

      Der hochgewachsene Mann mit dem eckigen, harten Gesicht schien dem Bahnbau tatsächlich zu neuem Leben verholfen zu haben. Er war ständig in Bewegung, saß in seiner typischen, etwas vorgeneigten Art im Sattel seines Falbhengstes, hatte die Zügelleinen in der Rechten über dem Sattelknauf, und die Linke schien immer in unmittelbarer Nähe des schwarzen Revolverkolbens zu schweben, der aus dem Halfter blickte.

      Nach einigen Tagen fragte der Marshal den Ingenieur: »Können Sie mir die Stelle zeigen, wo Gennan erschossen wurde?«

      »Sicher, sie liegt schon ein Stück zurück…«

      Die beiden ritten an den Platz, an dem der Vorarbeiter Jim Gennan von einer Kugel getroffen worden war.

      »Da hat er gestanden!« erklärte Boswell.

      Wyatt Earp musterte den Platz, dann blickte er zu der Bergkuppe hinauf. »Und dort standen die Indianer?«

      »Yeah.«

      »Und Sie?«

      Boswell zog die Brauen zusammen. »Wie meinen Sie das?« Er schluckte. »Glauben Sie etwa, daß ich…«

      »Unsinn, ich möchte nur wissen, wo Sie in dem Augenblick standen, als Gennan die Kugel bekam.«

      »Hier, genau da, wo ich jetzt bin.«

      »Und Gennan bekam die Kugel von vorn in die Brust?«

      Boswell schluckte wieder.

      Der Marshal blickte zu der Bergkuppe hinauf. Dann sagte er rauh: »Er ist nicht von den Indianern erschossen worden.« Damit zog er sich wieder in den Sattel und ritt nach Norden.

      Boswell folgte ihm eilig. »Marshal«, rief er erregt. »Ich verstehe Sie nicht…«

      Wyatt Earp?sah ihn ruhig an. »Was gibt’s da zu verstehen. Die Sache ist doch ganz klar. Da, wo Gennan stand, konnte ihn keine Kugel von der Bergkuppe her in die Brust treffen, allenfalls in die Seite oder vielleicht rechts in den Rücken.«

      Der Ingenieur hielt seinen Gaul an und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann stieß er heiser hervor: »By gosh! Sie haben recht! Sind wir denn alle verrückt gewesen? Ja, ja – aber wer hat ihn denn umgebracht?«

      »Das möchte ich auch gern wissen. Noch was, ich habe auch den Platz betrachtet, an dem Sie in der letzten Nacht von Yellow Horse mit dem Messer bedroht wurden. Die Spuren waren schon ziemlich verwischt, aber doch deutlich genug, daß ich bei den Pferden Eisenhufe und bei den Reitern Sohlen und hochhackige Absätze feststellen konnte. Alles Dinge, Mr. Boswell, die man äußerst selten bei Indianern vorfindet.«

      »Wollen Sie damit sagen, daß auch das Weiße waren?«

      »Yeah, das wollte ich damit sagen.«

      Wyatt Earp blickte düster vor sich hin und erklärte dem verblüfften Ingenieur dann, daß er mit den Leuten in dieser Nacht zurückreiten sollte. »Bis zu den kleinen Silver Hills, da läßt sich in der Felskluft, die wir zusammen besichtigt haben, ein prächtiges, leicht zu verteidigendes Lager aufbauen.«

      Boswell begriff kein Wort. »Weshalb denn? Von dort aus haben wir morgen früh doch einen höllisch weiten Weg bis zur Arbeitsstelle!«

      »Den sollen Sie ja auch morgen noch gar nicht antreten, diesen Weg.«

      »Ich verstehe Sie nicht, Marshal.«

      »Sie sollen einen Tag aussetzen mit den Arbeiten.«

      »Weshalb denn?«

      »Weil ich eine kleine Reise machen muß. Ich will den Leuten einen Besuch machen, denen Ihre Arbeit nicht in den Kram paßt.«

      Boswell nickte. Aber er hatte nichts begriffen. Immerhin würde er sich an die Vorschrift des Bankiers halten, der ihm gesagt hatte, daß er alles tun sollte, was der Marshal befehle.

      So zogen denn die Wagen nach Eintritt der Dunkelheit zurück nach Süden.

      Wyatt ritt ein Stück neben dem Treck her, bog dann ab und ritt nach Nord­osten davon.

      *

      Eine fast ägyptische Finsternis lag über den Bergen.

      In einem winzigen Bergkessel brannte ein kleines Feuer. Sieben Männer lagerten darum und starrten in die Glut.

      Ein hünenhafter Mann mit harten hellen Augen und weißen Zähnen, wetterbrauner Haut und scharfen Mundfalten schob gerade einen dicken knorrigen Ast in die Glut.

      Neben ihm saß ein kleiner sichelbeiniger Kreole. Er sah den anderen an. »Was hast du vor, Speedy?«

      Der Hüne reckte seine Glieder, spie ins Feuer und rollte sich eine Zigarette. Als die Rauchwolken zum Feuer hinzogen, stieß er sich den mißfarbenen Stetson aus der Stirn und knurrte: »Gegen drei Uhr reiten wir.«

      »Und wohin?«

      »Nach Süden!«

      Der Kreole wischte sich über sein glänzendes, noch vom Fett der Nachtmahlzeit triefendes Kinn. »Glaubst du nicht, was Jimmy herausgekriegt hat?«

      »Kein Wort. Die Halunken in Santa Fé haben sich da eine ganz scharfe Sache ausgeheckt. Ich nehme kein Wort davon an. Nie und nimmer ist Wyatt Earp in dem Camp. Erstens hat er einen festen Job oben in Wichita, und zweitens könnte Henderson einen so teuren Aufpasser gar nicht bezahlen.«