SCHWERE ZIELE (Extreme). Chris Ryan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Chris Ryan
Издательство: Bookwire
Серия: Extreme
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958352032
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Seltsam, oder?«

      »Die haben versucht, euch vorzumachen, ihr hättet sie kalt erwischt. Ältester Trick der Welt«, sagte Gardner.

      »Unser Auftrag war, Roulette zu schnappen«, fuhr Falcon fort, als hätte er Gardner nicht gehört. »Der zweite Anführer der Messengers of God. Wissen Sie, diese Gangs in den Favelas bringen täglich Menschen um. Okay, das gehört zu dem Leben hier dazu. Aber Roulette, das war ein richtiger Schweinehund. Der hatte sein eigenes kleines Killerkommando. Die haben Leute umgebracht, ihnen die Köpfe abgeschnitten und dann statt dessen Schweineköpfe an den Hals genäht. Oder Arme und Beine abgesägt, die Bäuche ausgehöhlt und dort dann die Gliedmaßen hineingepackt wie bei einem Blumengesteck. Ich hab in meiner Dienstzeit so einiges gesehen, aber diese Kerle …« Er schüttelte den Kopf. »Die Straßen waren wie leer gefegt. Wir drangen immer tiefer ins Herz von Barbosa vor.« Er schnappte nach Luft, dann erzählte er weiter. »Als wir im Zentrum ankamen, fingen die Schwierigkeiten an. RPGs. Heckenschützen. Neun- oder zehnjährige Jungen und Mädchen warfen Molotowcocktails gegen die Skulls. Die mögen groß sein, aber sitzen Sie mal in einem drin, wenn so etwas passiert. Wir wollten uns zurückziehen, aber sie hatten überall Straßensperren errichtet.«

      Gardner fielen wieder die Betonblöcke und alten Autowracks ein.

      »Die wussten, dass Sie kommen«, sagte er.

      »Wie meinen Sie das?«

      »Sie haben es doch selbst gesagt. Der Angriff war nicht die übliche Scheiße. Jemand hat den Messengers gesteckt, dass Ihre Einheit auf dem Weg ist, also beschlossen sie, ihre Taktik zu ändern. Das war ein Hinterhalt, Rafa. Und dafür braucht man Zeit und einen Plan. So was schüttelt man nicht mal eben aus dem Ärmel.«

      Für einen Moment dachte Falcon schweigend darüber nach. »Das hier ist ein Kriegsgebiet«, sagte er dann. »Die Favelas sind nicht einfach nur Slums. Das sind Schlachtfelder. Irgendwann musste uns das zum Verhängnis werden. Mich bekümmert nur, dass zwei meiner Männer tot sind und die restlichen vermisst werden. Ich will diejenigen finden, die dafür verantwortlich sind, und sie bezahlen lassen.«

      Das Ende der Treppe spuckte sie vor einer Reihe von Häusern wieder aus, deren Wände mit zahlreichen Gang-Tags besprüht waren.

      Falcon bog in eine kurze Gasse ein und blieb keuchend stehen, die Hände in die Seiten gestemmt. Die Gasse mündete in eine im rechten Winkel zu ihnen verlaufende Straße, gesäumt von grauen Ziegelhäusern, die wie LEGO-Steine übereinandergesetzt waren.

      Gardner überquerte die Straße vor Falcon. Zweihundert Meter nördlich, nicht weit vom höchsten Punkt der Favela entfernt, bemerkte er ein cremefarbenes Gebäude.

      Große Johannesbrotbäume und Kakisträucher warfen ihre Schatten auf das zweistöckige Lochziegel-Bauwerk mit seinen weiß getünchten Fensterflügeln und dem Ziegeldach. Ein lackiertes Tor und ein etwas über einen halben Meter hoher Zaun rahmten das Anwesen ein.

      »Die Schule«, sagte Falcon, der Gardners Blick gefolgt war.

      »Kein Scheiß, es gibt hier eine Schule?«

      Mit vorstehender Unterlippe antwortete Falcon: »Die Regierung versucht, die Favelas in den Rest der Stadt zu integrieren. Es gibt hier Schulen, Krankenhäuser, Fitnessstudios. Sogar McDonalds.«

      Die Schule war nur einen Steinwurf vom Dschungel entfernt.

      Südlich von Gardner breitete Jesus der Erlöser seine Specksteinarme aus und sah auf die Atlantikküste hinab.

      Falcon versuchte hechelnd, zu Atem zu kommen. »Ich denke … wir haben sie abgehängt«, keuchte er.

      Gardner schwieg. Er konzentrierte sich auf die Umgegend. Eine hügelige Fläche, eine halbe Meile lang und etwa eine Meile breit, trennte den Gipfel der Favela von der Statue.

      »Meine Einheit mal vierzig nördlich.« John war in der Vierzehnten, der Mobility Unit der D-Staffel des zweiundzwanzigsten Regiments der SAS. Also fünfhundertsechzig Meter nördlich von Jesus. »Deine Einheit mal zwanzig westlich.« Gardner diente in der elften Einheit, das Vier-Mann-Boot-Team der D-Staffel. Seine Einheit mal zwanzig – demnach musste sich Bald zweihundertzwanzig Meter westlich befinden. An dem Punkt, an dem die beiden gedachten Linien aufeinandertrafen, befand sich ein gezackter Bergkamm, der teilweise von leichtem Dschungel überwuchert wurde.

      »Das ist der nördlichste Punkt der Favela«, sagte Falcon. »Weiter geht es nicht.«

      »Da liegst du falsch, Kumpel.«

      »Was? Ich verstehe nicht …«

      Hinter ihnen explodierte Gewehrfeuer.

      »Die Messengers.«

      »Wie konnten die so verdammt schnell zu uns aufschließen?«, fragte Gardner.

      »Abkürzungen. Es gibt dutzende Wege durch die Favela. Über die Dächer, unter der Erde …« Falcon machte eine Pause, um das Zittern in seiner Stimme unter Kontrolle zu bekommen.

      »Sie werden jeden Moment hier sein. Die Gang besteht aus Hunderten von Kids. Wenn die mich finden, ziehen die mir bei lebendigem Leib die Haut ab. Sie …«

      »Ja ja, schon verstanden. Die mögen keine Besucher.« Gardner ließ ein teuflisches Grinsen aufblitzen. »Kommen Sie, wir haben immer noch etwas Vorsprung.«

      »Aber wohin?«

      »In den Dschungel.«

      Sie sprinteten über die Straße. Über ihnen verliefen diagonale Wellbleche, etwa einen Meter breit, welche die übereinandergebauten zwei- und dreistöckigen Gebäude miteinander verbanden. In einiger Entfernung zur Schule rostete das Wrack eines Isuzu Pick-ups vor sich hin.

      Als sie die Hälfte der Straße hinter sich gelassen hatten, hörte Gardner ein scharfes, krachendes Geräusch, gefolgt von einem dumpfen Wummern.

      Der innere Verteidigungsring.

      Heckenschützen.

      Kapitel 17

      11:10 Uhr

      Gardner überlegte nicht lange, sondern sprang hinter dem Pick-up in Deckung. Damit hatte er sich und Falcon zwar aus der Schusslinie gebracht, aber nun saßen sie fest und wie auf einem Tablett. Ein Schuss, 7,62mm-Munition aus der Waffe des Heckenschützen östlich von ihnen, schlug in den Isuzu. Das Kreischen von Metall, dass sich durch Metall bohrte, hallte in seinen Ohren. Der Heckenschütze nahm den Isuzu unter Beschuss in der Hoffnung, dass eine der Kugel von dem Chassis abprallen und sie treffen würde. Die Chancen dafür standen gering, aber um auf Nummer sicher zu gehen, zog Gardner Falcon hinter eines der Hinterräder und lehnte sich selbst gegen das Vorderrad. Vorder- und Hinterräder boten stets die beste Deckung bei einem Fahrzeug.

      »Was jetzt?«, fragte Falcon.

      »Ihre Freunde von der BOPE – wie lange brauchen die noch?«

      Falcon sprach in sein Handfunkgerät. »Noch zwanzig Minuten.«

      »Mist.«

      »So lange können wir die Messengers nicht aufhalten.« Falcon geriet in Panik.

      »Haben Sie etwas Gottvertrauen, Rafa.«

      Da das krachende Geräusch und das dumpfe Ffump kurz aufeinanderfolgten, musste sich der Heckenschütze in einem Radius von etwa dreihundert Metern befinden. Und ausgehend von dem Winkel, in dem die Kugeln auf den Isuzu trafen, wusste Gardner, dass der Kerl östlich von ihnen lauerte. Und er wusste, dass sie etwas tun mussten. Ihnen blieben noch maximal zwei oder drei Minuten, bevor die Kumpane des Schützen auf der Party eintreffen würden.

      »Behalten Sie die Gasse im Auge«, wies er Falcon an.

      Er griff sich die Colt Commando am Lauf und händigte Falcon im Austausch seine gefälschte bulgarische AK aus. Auf mittlerer Distanz war eine AK ungefähr so verlässlich wie das Profil einer Internet-Partnerbörse. Mit der Colt hingegen konnte man die Nase der Queen auf einem Zehnpenny-Stück noch aus dreihundert Metern Entfernung treffen.

      »Sobald