Nach Padua geh' ich jetzt, dort zu besuchen
Den Sohn, den ich seit lange nicht gesehn.
Petruchio.
Wie heißt er? sagt!
Vincentio. Lucentio, edler Herr.
Petruchio.
Das trifft sich gut, für deinen Sohn am besten,
Und nach Verwandtschaft nun, wie nach dem Alter
Mag ich Euch jetzt »geliebter Vater« nennen.
Die Schwester meiner Frau hier, dieser Dame,
Ist deines Sohnes Weib jetzt; staune nicht,
Noch zürne drum. Untadlig ist ihr Ruf,
Die Mitgift reich, sie selbst aus gutem Hause,
Auch außerdem von Sitt' und Eigenschaft
Wie eines Edelmanns Gemahlin ziemt.
Erlaubt, Vincentio, daß ich Euch umarme,
Und gehn wir, deinen wackern Sohn zu sehn,
Den deine Ankunft sicher hoch erfreut.
Vincentio. Ist's Wahrheit? oder ist's nur kecker Mutwill',
Daß Ihr als lust'ger Reisender die Laune
An Fremden übt, die auf der Straß' Ihr findet?
Hortensio.
Nein, ich versichr' Euch, alter Herr, so ist's.
Petruchio.
Komm, geh nur mit und sieh die Wahrheit selbst,
Du traust wohl nicht, weil wir dich erst geneckt.
(Petruchio, Katharina und Vincentio ab.)
Hortensio.
Petruchio, schön! du hast mir Herz gemacht!
Zur Witwe! wär' sie noch so widerspenstig,
Jetzt hast du Selbstvertraun und Mut und kennst dich. (Ab.)
FÜNFTER AUFZUG
ERSTER AUFTRITT
Straße
Von der einen Seite treten auf Biondello, Lucentio und Bianka, Gremio geht auf und ab, ihnen gegenüber.
Biondello.
Nur schnell und still, Herr, denn der Priester wartet.
Lucentio.
Ich fliege, Biondello, aber sie haben dich vielleicht im Hause nötig, darum verlaß uns.
Biondello.
Nein, meiner Treu', erst müßt Ihr die Kirche im Rücken haben, und dann will ich zu meinem Herrn zurück, sobald ich kann.
(Lucentio, Bianka und Biondello ab.)
Gremio.
Mich wundert, wo nur Cambio bleiben mag.
Petruchio, Katharina, Vincentio und Diener treten auf.
Petruchio.
Hier ist die Tür, dies ist Lucentios Haus,
Mein Vater wohnt mehr nach dem Markte zu,
Dorthin muß ich, und also lass' ich Euch.
Vincentio.
Ihr müßt durchaus mit mir vorher noch trinken,
Ich denk', ich kann Euch hier als Wirt begrüßen,
Und angerichtet finden wir wohl auch. (Klopft an die Tür.)
Gremio.
Sie haben Geschäfte da drinnen, Ihr müßt stärker klopfen.
Magister oben am Fenster.
Magister.
Wer klopft denn da, als wollt' er die Tür einschlagen?
Vincentio.
Ist Signor Lucentio zu Hause, Herr?
Magister.
Zu Hause ist er, Herr, aber nicht zu sprechen.
Vincentio.
Wenn ihm nun aber jemand ein- oder zweihundert Pfund brächte, daß er sich einen guten Tag mache?
Magister.
Behaltet Eure hundert Pfund für Euch, er hat sie nicht nötig, solange ich lebe.
Petruchio.
Nun, ich hab's Euch wohl gesagt, Euer Sohn sei in Padua beliebt. – Hört einmal, Herr, ohne viel unnütze Weitläufigkeit, sagt doch, ich bitte Euch, dem jungen Herrn Lucentio, sein Vater sei von Pisa angekommen und stehe hier an der Tür, um ihn zu sprechen.
Magister.
Du lügst. Sein Vater ist von Pisa angekommen und guckt hier aus dem Fenster.
Vincentio.
Bist du sein Vater?
Magister.
Ja, Herr, so sagt mir seine Mutter, wenn ich ihr glauben darf.
Petruchio.
Was soll das heißen, guter Freund? Das ist ja offenbare Schelmerei, daß Ihr einen fremden Namen annehmt.
Magister.
Legt Hand an den Schurken! Er denkt wohl jemand hier in der Stadt unter meiner Maske zu betrügen?
Biondello kommt zurück.
Biondello.
Ich habe sie in der Kirche zusammen gesehn; der Himmel verleih' ihnen günstigen Wind. Aber was ist hier? Mein alter Herr Vincentio? Nun sind wir alle verloren und zugrunde gerichtet!
Vincentio.
Komm her, du Galgenstrick.
Biondello.
Ich hoffe, das kann ich bleiben lassen!
Vincentio.
Komm hierher, Spitzbube! Was, hast du mich vergessen?
Biondello.
Euch vergessen? Nein, Herr, ich konnte Euch nicht vergessen, denn ich habe Euch in meinem Leben nicht gesehn.
Vincentio.
Was, du ausgemachter Schelm! Deines Herrn Vater, Vincentio, nie gesehn?
Biondello.
Was! meinen würdigen, liebewerten alten Herrn? Ei, versteht sich, Signor, da guckt er ja zum Fenster heraus!
Vincentio.
Ist dem wirklich so? (Schlägt ihn.)
Biondello.
Hilfe! Hilfe! hier ist ein verrückter Mensch, der mich umbringen will. (Läuft davon.)
Magister.
Zu Hilfe, mein Sohn! Zu Hilfe, Signor Baptista!
Petruchio.
Komm, liebes Käthchen, laß uns zurücktreten und warten, wie dieser Handel ablaufen wird.
(Sie gehn auf die Seite.)
Magister, Baptista, Tranio und Diener treten auf.
Tranio.
Herr, wer seid Ihr denn, daß Ihr Euch herausnehmt, meinen Diener zu schlagen?
Vincentio.
Wer ich bin, Herr? Nun, Herr, wer seid denn Ihr? O ihr unsterblichen Götter! O