Don Pedro.
Stets war's ein Merkmal der Vortrefflichkeit,
Durch Larve die Vollendung zu entstellen: –
Ich bitt dich sing, laß mich nicht länger werben.
Balthasar.
Weil Ihr von Werbung sprecht, so will ich singen,
Denn oft beginnt sein Werben ein Galan,
Wo 's ihm der Müh nicht wert scheint: dennoch wirbt er
Und schwört, er sei verliebt.
Don Pedro.
Nun bitt ich, singe,
Und willst du erst noch länger präludieren,
So tu's in Noten.
Balthasar.
Welche Not! die Noten
Sind der Notiz nicht wert, notiert Euch das.
Don Pedro.
Das nenn ich drei gestrichne Noten mir,
Not, Noten und Notiz!
(Musik)
Benedikt.
Nun, divina musica. Nun ist seine Seele in Verzückung! Ist es nicht seltsam, daß Schafdärme die Seele aus eines Menschen Leibe ziehn können? Nun, im Ernst, eine Hornmusik wäre mir lieber.
Lied.
Klagt, Mädchen, klagt nicht Ach und Weh,
Kein Mann bewahrt die Treue,
Am Ufer halb, halb schon zur See
Reizt, lockt sie nur das Neue.
Weint keine Trän und laßt sie gehn,
Seid froh und guter Dinge,
Daß statt der Klag und dem Gestöhn
Juchheisasa erklinge.
Singt nicht Balladen trüb und bleich,
In Trauermelodien:
Der Männer Trug war immer gleich
Seitdem die Schwalben ziehen.
Weint keine Trän usw.
Don Pedro.
Auf meine Ehre, ein hübsches Lied.
Balthasar.
Und ein schlechter Sänger, gnädiger Herr.
Don Pedro.
Wie? O nein doch, du singst gut genug für den Notbehelf.
Benedikt (beiseite).
Wär's ein Hund gewesen, der so geheult hätte, sie hätten ihn aufgehängt. Nun, Gott gebe, daß seine heisre Stimme kein Unglück bedeute! – Ich hätte ebenso gern den Nachtraben gehört, wäre auch alles erdenkliche Unglück danach erfolgt.
Don Pedro (zu Claudio).
Ja, Ihr habt recht. – Höre, Balthasar! Schaffe uns eine recht ausgesuchte Musik; morgen abend soll sie unter Fräulein Heros Fenstern spielen.
Balthasar.
Die beste, die ich finden kann, gnädiger Herr.
(Ab mit den Musikern.)
Don Pedro.
Schön; – jetzt laß uns. – Kommt, Leonato, was erzähltet Ihr mir doch vorhin? Daß Eure Nichte Beatrice in Benedikt verliebt sei?
Claudio (beiseite).
O nur zu, nur zu, der Vogel sitzt. (Laut.) Ich hätte nie geglaubt, daß das Fräulein einen Mann lieben könnte.
Leonato.
Ich ebensowenig. Aber das ist eben das Wunderbarste, daß sie grade für den Benedikt schwärmt, den sie dem äußern Schein nach bisher verabscheute.
Benedikt.
Ist's möglich? bläst der Wind aus der Ecke?
Leonato.
Auf mein Wort, gnädiger Herr, ich weiß nicht, was ich davon denken soll. Aber sie liebt ihn mit einer rasenden Leidenschaft, es geht über alle Grenzen der Vorstellung.
Don Pedro.
Vielleicht ist's nur Verstellung.
Claudio.
Das möcht ich auch glauben.
Leonato.
O Gott, Verstellung? Es ist wohl noch nie eine verstellte Leidenschaft der lebendigen Leidenschaft so nahe gekommen, als sich's an ihr äußert.
Don Pedro.
Nun, und welche Symptome der Leidenschaft zeigt sie denn?
Claudio (leise).
Jetzt ködert den Hamen, dieser Fisch wird anbeißen.
Leonato.
Welche Symptome, gnädiger Herr? Sie sitzt Euch da,... nun, meine Tochter sagte Euch ja, wie.
Claudio.
Ja, das tat sie.
Don Pedro.
Wie denn? Wie? Ihr setzt mich in Erstaunen. Ich hätte immer gedacht, ihr Herz sei ganz unempfindlich gegen alle Angriffe der Liebe.
Leonato.
Darauf hätte ich auch geschworen, mein Fürst, und besonders gegen Benedikt.
Benedikt (beiseite).
Ich hielte es für eine Prellerei, wenn's der weißbärtige Kerl nicht sagte. Spitzbüberei, meiner Seele, kann sich doch nicht hinter solcher Ehrwürdigkeit verbergen.
Claudio (beiseite).
Jetzt hat's gefaßt, nur immer weiter.
Don Pedro.
Hat sie Benedikt ihre Neigung zu erkennen gegeben?
Leonato.
Nein, sie schwört auch, dies nie zu tun: das ist eben ihre Qual.
Claudio.
Jawohl, darin liegt's. Das sagte mir auch Eure Tochter; «Soll ich», sagte sie, «die ich ihm sooft mit Spott begegnet, ihm jetzt schreiben, daß ich ihn liebe?»
Leonato.
Das sagt sie, wenn sie grade einen Brief an ihn angefangen hat. Denn sie steht wohl zwanzigmal in der Nacht auf, und da sitzt sie dann in ihrem Nachtkleide und schreibt ganze Seiten voll – meine Tochter sagt uns alles. – – Und nachher zerreißt sie den Brief in tausend Hellerstückchen, zankt mit sich selbst, daß sie sowenig Zurückhaltung besitze, an jemand zu schreiben, von dem sie's doch wisse, er werde sie verhöhnen: «Ich beurteile ihn», sagt sie, «nach meiner eigenen Sinnesart, denn ich würde ihn verhöhnen, wenn er mir schriebe; ja, wie sehr ich ihn liebe, ich tät es doch».
Claudio.
Dann nieder auf die Knie stürzt sie, weint, seufzt, schlägt sich an die Brust, zerrauft ihr Haar, betet, flucht: «O süßer Benedikt! Gott schenke mir Geduld!»
Leonato.
Freilich, das tut sie, das sagt mir meine Tochter, ja, sie ist so außer sich in ihrer Ekstase, daß meine Tochter zuweilen fürchtet, sie möchte in der Verzweiflung sich ein Leids tun: das ist nur zu wahr.
Don Pedro.
Es wäre doch gut, wenn Benedikt es durch jemand anders erführe, da sie es ihm nun einmal nicht entdecken wird.
Claudio.
Wozu? Er würde doch nur Scherz damit treiben und das arme Fräulein dafür ärger quälen.
Don Pedro.
Wenn er das täte, so wär's ein gutes Werk, ihn zu hängen. Sie ist ein vortreffliches, liebes Fräulein und ihr guter Ruf über allen Verdacht erhaben.
Claudio.
Dabei ist sie ausgezeichnet