Don Pedro.
Nun? was wollt Ihr damit sagen?
Don Juan.
Ich kam hieher, es Euch mitzuteilen; und um die Sache kurz zu fassen – denn es ist schon zu lange die Rede davon gewesen – das Fräulein ist treulos.
Claudio.
Wer? Hero?
Don Juan.
Eben sie; Leonatos Hero, Eure Hero – jedermanns Hero.
Claudio.
Treulos?
Don Juan.
Das Wort ist zu gut, ihre Verderbtheit zu malen: ich könnte sie leicht schlimmer nennen. Denkt nur auf die schlimmste Benennung, ich werde sie rechtfertigen. Wundert Euch nicht, bis wir mehr Beweis haben: geht nur heut abend mit mir, dann sollt Ihr sehn, wie ihr Kammerfenster erstiegen wird, und zwar noch in der Nacht vor ihrem Hochzeitstage. Wenn Ihr sie dann noch liebt, so heiratet sie morgen; aber Eurer Ehre wird es freilich besser stehn, wenn Ihr Eure Gedanken ändert.
Claudio.
Wär es möglich?
Don Pedro.
Ich will es nicht glauben.
Don Juan.
Habt Ihr nicht Mut, zu glauben, was Ihr seht, so bekennt auch nicht, was Ihr wißt. Wollt Ihr mir folgen, so will ich Euch genug zeigen. Wenn Ihr erst mehr gehört und gesehn habt, so tut hernach, was Euch beliebt.
Claudio.
Sehe ich diese Nacht irgend etwas, weshalb ich sie morgen nicht heiraten könnte, so will ich sie vor der ganzen Versammlung, wo sie getraut werden sollte, beschimpfen.
Don Pedro.
Und so wie ich für dich warb, sie zu erlangen, so will ich mich nun mit dir vereinigen, sie zu beschämen.
Don Juan.
Ich will sie nicht weiter verunglimpfen, bis ihr meine Zeugen seid. Seid nur ruhig bis Mitternacht, dann mag der Ausgang sich offenbaren.
Don Pedro.
O Tag, verkehrt und leidig!
Claudio.
O Unglück, fremd und seltsam!
Don Juan.
O Schmach mit Glück verhütet:
So sollt ihr sagen, saht ihr erst den Ausgang.
(Alle ab.)
DRITTE SZENE
Straße
Holzapfel, Schlehwein und Wache treten auf
Holzapfel.
Seid ihr fromme, ehrliche Leute und getreu?
Schlehwein.
Ja; sonst wär's schade drum, wenn sie nicht die ewige Salvation litten an Leib und Seele.
Holzapfel.
Nein, das wäre noch viel zuwenig Strafe für sie, wenn sie nur irgendeine Legitimität an sich hätten, da sie doch zu des Prinzen Wache inkommodiert sind.
Schlehwein.
Richtig. Teilt ihnen jetzt ihr Kommando aus, Nachbar Holzapfel.
Holzapfel.
Erstens also. Wer meint ihr, der die meiste Unkapazität hätte, Konstabler zu sein? –
Erste Wache.
Veit Haberkuchen, Herr, oder Görge Steinkohle, denn sie können lesen und schreiben.
Holzapfel.
Kommt her, Nachbar Steinkohle. Gott hat Euch mit einem guten Namen gesegnet. Ein Mann von guter Physiognomik sein, ist ein Geschenk des Glücks; aber die Schreibe- und Lesekunst kommt von der Natur.
Zweite Wache.
Und beides, Herr Konstabler – –
Holzapfel.
Habt Ihr, ich weiß, daß Ihr das sagen wolltet. Also dann, was Eure Physiognomik betrifft, seht, da gebt Gott die Ehre und macht nicht viel Rühmens davon; und Eure Schreibe- und Lesekunst, damit könnt Ihr Euch sehn lassen, wo kein Mensch solche Dummheiten nötig hat. Man hält Euch hier für den allerstupidsten Menschen, um Konstabler bei unsrer Wache zu sein; darum sollt Ihr die Laterne halten. So lautet Eure Vorschrift: Ihr sollt alle Fragebunten irritieren; Ihr seid dazu da, daß Ihr allen und jedem zuruft: Halt! in des Prinzen Namen.
Zweite Wache.
Aber wenn nun einer nicht halten will?
Holzapfel.
Nun, seht Ihr, da kümmert Euch nicht um ihn, laßt ihn laufen, ruft sogleich die übrige Wache zusammen und dankt Gott, daß Ihr den Schelm los seid.
Schlehwein.
Wenn man ihn angerufen hat, und er will nicht stehn, so ist er keiner von des Prinzen Untertanen.
Holzapfel.
Richtig. Und mit solchen, die nicht des Prinzen Untertanen sind, sollen sie sich gar nicht abgeben. Dann sollt Ihr auch keinen Lärm auf der Straße machen, denn daß eine Wache auf dem Posten Toleranz und Spektakel treibt, kann gar nicht geduldet werden.
Zweite Wache.
Wir wollen lieber schlafen als schwatzen, wir wissen schon, was sich für eine Wache gehört.
Holzapfel.
Recht. Ihr sprecht wie ein alter und tranquiller Wächter; denn ich sehe auch nicht, was im Schlafen für Sünde sein sollte. Nur nehmt Euch in acht, daß sie Euch Eure Piken nicht stehlen. Ferner! Ihr sollt in allen Bierschenken einkehren, und den Besoffenen sollt Ihr befehlen, zu Bett zu gehn. –
Zweite Wache.
Aber wenn sie nun nicht wollen. –
Holzapfel.
Nun, seht Ihr, da laßt sie sitzen, bis sie wieder nüchtern sind. Und wenn sie Euch dann keine bessere Antwort geben, da könnt Ihr ihnen sagen, sie wären nicht die Leute, für die Ihr sie gehalten habt.
Zweite Wache.
Gut, Herr.
Holzapfel.
Wenn Ihr einem Diebe begegnet, so könnt Ihr ihn kraft Eures Amts in Verdacht haben, daß er kein ehrlicher Mann sei; und was dergleichen Leute betrifft, seht Ihr, je weniger Ihr mit Ihnen zu verkehren oder zu schaffen habt, je besser ist's für Eure Repetition.
Zweite Wache.
Wenn wir's aber von ihm wissen, daß er ein Dieb ist, sollen wir ihn da nicht festhalten?
Holzapfel.
Freilich, kraft Eures Amts könnt Ihr's tun; aber ich denke, wer Pech angreift, besudelt sich: der friedfertigste Weg ist immer, wenn Ihr einen Dieb fangt, laßt ihn zeigen, was er kann und sich aus Eurer Gesellschaft wegstehlen.
Schlehwein.
Ihr habt doch immer für einen sanftmütigen Mann gegolten, Kamerad.
Holzapfel.
Das ist wahr, mit meinem Willen möcht ich keinen Hund hängen, wieviel mehr denn einen Menschen, der nur einige Redlichkeit im Leibe hat.
Schlehwein.
Wenn Ihr ein Kind in der Nacht weinen hört, so müßt Ihr der Amme rufen, daß sie's stillt.
Zweite Wache.
Wenn aber die Amme schläft und uns nicht hört?
Holzapfel.
Nun, so zieht ihn Frieden weiter und laßt das Kind sie mit dem Schreien wecken. Denn wenn das Schaf sein Lamm nicht hören will, das da bäh schreit, so wird's auch keinem Kalb antworten, wenn's blökt.