ZWEITE SZENE
Zimmer in Leonatos Hause
Don Juan und Borachio treten auf
Don Juan.
Es ist richtig; Graf Claudio wird Leonatos Tochter heiraten.
Borachio.
Ja, gnädiger Herr; ich kann aber einen Querstrich machen.
Don Juan.
Jeder Schlagbaum, jeder Querstrich, jedes Hindernis wird mir eine Arznei sein. Ich bin krank vor Verdruß über ihn, und was nur irgend seine Neigung kreuzt, geht gleichen Weges mit der meinigen. Wie willst du denn diese Heirat hindern?
Borachio.
Nicht auf eine redliche Art, gnädiger Herr, aber so versteckt, daß keine Unredlichkeit an mir sichtbar werden soll.
Don Juan.
Wie denn? Mach's kurz.
Borachio.
Ich glaube, ich sagte Euch schon vor einem Jahr, gnädiger Herr, wie weit ich's in Margaretens Gunst gebracht, des Kammermädchens der Hero?
Don Juan.
Ich erinnere mich.
Borachio.
Ich kann sie zu jedem ungewöhnlichen Augenblick in der Nacht so bestellen, daß sie aus dem Kammerfenster ihres Fräuleins heraussieht.
Don Juan.
Und was für Leben ist darin, der Tod dieser Heirat zu werden?
Borachio.
Das Gift hieraus zu mischen ist hernach Eure Sache. Geht zum Prinzen, Eurem Bruder; seid nicht sparsam damit, ihm zu sagen, welchen Schimpf es seiner Ehre bringe, den hochberühmten Claudio (dessen Würdigung Ihr mächtig erheben müßt) mit einer verrufenen Dirne zu vermählen, wie diese Hero.
Don Juan.
Und welchen Beweis soll ich ihm davon geben?
Borachio.
Beweis genug, den Prinzen zu täuschen, Claudio zu quälen, Hero zugrunde zu richten und Leonato zu töten. Wollt Ihr denn noch mehr haben?
Don Juan.
Alles will ich dran setzen, nur um sie zu ärgern.
Borachio.
Nun wohl, so findet mir eine bequeme Stunde, in der Ihr Don Pedro und Graf Claudio beiseite nehmen könnt. Sagt ihnen, Ihr wüßtet, Hero liebe mich; zeigt einen besondern Eifer für den Prinzen wie für Claudio, und wie Ihr aus Besorgnis für Eures Bruders Ehre, der diese Heirat gemacht, und für seines Freundes Ruf, der im Begriff sei, durch die Larve eines Mädchens hintergangen zu werden, dies alles offenbartet. Sie werden Euch schwerlich ohne Untersuchung glauben: dann erbietet Euch, Beweise zu schaffen, und zwar nicht geringere, als daß sie mich an ihrem Kammerfenster sehn sollen; mich hören, wie ich Margareten Hero nenne, wie Margarete mich Borachio ruft: und dies alles laßt sie grade in der Nacht vor dem bestimmten Hochzeitstage sehn. Denn ich will indes die Sache so einrichten, daß Hero abwesend sein soll, und daß, wenn sich so wahrscheinliche Gründe für ihre Treulosigkeit häufen, Argwohn als Überzeugung erscheinen und die ganze Zurüstung unnütz werden soll.
Don Juan.
Mag daraus Unheil kommen, was will, ich unternehme es. Zeige dich gewandt in der Ausführung, und tausend Dukaten sollen deine Belohnung sein.
Borachio.
Bleibt nur standhaft in Eurer Anklage, meine Gewandtheit soll mir keine Schande machen.
Don Juan.
Ich will gleich gehn und hören, welchen Tag sie zur Hochzeit angesetzt haben.
(Beide ab.)
DRITTE SZENE
Leonatos Garten
Benedikt und ein Page treten auf
Benedikt.
Höre!
Page.
Signor?
Benedikt.
In meinem Kammerfenster liegt ein Buch, bringe mir das hieher in den Garten.
Page.
Ich bin schon hier, gnädiger Herr.
Benedikt.
Das weiß ich, aber ich will dich fort haben und hernach wieder hier. (Page geht.) Ich wundre mich doch außerordentlich, wie ein Mann, der sieht, wie ein anderer zum Narren wird, wenn er seine Gebärden der Liebe widmet, doch, nachdem er solche läppischen Torheiten an jenem verspottet, sich zum Gegenstand seiner eignen Verachtung macht, indem er sich selbst verliebt: und solch ein Mann ist Claudio. Ich weiß die Zeit, da ihm keine Musik recht war, als Trommel und Querpfeife, und nun hörte er lieber Tamburin und Flöte. Ich weiß die Zeit, wo er fünf Stunden zu Fuß gelaufen wäre, um eine gute Rüstung zu sehn, und jetzt könnte er fünf Nächte ohne Schlaf zubringen, um den Schnitt eines neuen Wamses zu ersinnen. Sonst sprach er schlicht vom Munde weg, wie ein ehrlicher Junge und ein guter Soldat; nun ist er ein Wortdrechsler geworden, seine Rede ist wie ein phantastisch besetztes Bankett, ebensoviel kurioses, seltsames Konfekt. – Sollt ich jemals so verwandelt werden können, solange ich noch aus diesen Augen sehe? Wer weiß: – Ich glaube es nicht. Ich will nicht darauf schwören, daß mich die Liebe nicht in eine Auster verwandeln könne; aber darauf möchte ich doch einen Eid ablegen, daß sie mich vorher erst in eine Auster verwandelt haben muß, eh sie einen solchen Narren aus mir machen soll. Dieses Mädchen ist schön, das tut mir noch nichts; ein andres hat Verstand, das tut mir auch nichts; eine dritte ist tugendhaft, das tut mir immer noch nichts: und bis nicht alle Vorzüge sich in einem Mädchen vereinigen, soll kein Mädchen bei mir einen Vorzug haben. Reich muß sie sein, das ist ausgemacht; verständig, oder ich mag sie nicht; tugendhaft, oder ich biete gar nicht auf sie; schön, oder ich sehe sie nicht an; sanft, oder sie soll mir nicht nahe kommen; edel, oder ich nehme sie nicht, und gäbe man mir noch einen Engel zu; angenehm in ihrer Unterhaltung, vollkommen in der Musik: und wenn sie das alles ist, so mag ihr Haar eine Farbe haben, wie es Gott gefällt. Ach! da kommen der Prinz und unser Amoroso. Ich will mich in die Laube verstecken. (Geht beiseite.)
Don Pedro, Leonato und Claudio kommen.
Don Pedro.
Gefällt's Euch jetzt, das Lied zu hören?
Claudio.
Ja, teurer Herr. – Wie still der Abend ist,
Wie schlummernd, daß Musik noch süßer töne! –
Don Pedro.
Seht Ihr, wie Benedikt sich dort versteckt?
Claudio.
Jawohl, mein Fürst. Wenn der Gesang beendigt,
Soll unser Füchslein gleich sein Teil erhalten.
Balthasar mit Musik kommt.
Don Pedro.
Kommt, Balthasar, singt das Gedicht noch einmal.
Balthasar.