Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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      »Das hab’ ich doch schon längst getan«, antwortete sie.

      Als er sie jetzt neben dem weltmännischen Kunsthändler zum Atelier gehen sah, da waren die Zweifel wieder da. Doch jetzt gab es keinen Schritt zurück mehr. Die Tür wurde geöffnet, und sie traten ein.

      *

      »Und«, fragte Kathrin auf der Rückfahrt gespannt, »was hältst du von seinen Bildern?«

      Jörn Haller schwieg einen Moment, dann nickte er.

      »Sie sind gut«, sagte er. »Sie sind wirklich gut.«

      Die junge Frau klatschte in die Hände.

      »Dann steht einer Ausstellung in München nix mehr im Weg?«

      Jörn atmete tief durch. Er wußte genau, daß er jetzt jedes Wort genau überlegen mußte.

      »Nein, überhaupt nicht. Allerdings werde ich morgen noch mal hinfahren und mit dem Herrn Bruckner über die Einzelheiten sprechen. Ich möcht’ dich aber bitten, mich allein’ mit ihm reden zu lassen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, daß ihn deine Gegenwart hemmt…« Er hob beschwichtigend die Hand, als Kathrin zu einer Erwiderung ansetzte.

      »Versteh’ mich net falsch. Aber ich täusch’ mich doch net, wenn ich annehme, daß da was ist, zwischen dir und Ingo Bruckner.«

      Die junge Frau spürte, daß ihre Kehle trocken wurde. Vor diesem Moment hatte sie sich ein wenig gefürchtet. Sie wußte ja, wie sehr Jörn sie begehrte, und die Angst, er könne vor lauter Eifersucht Ingos Werk vernichtend beurteilen, war immer noch da.

      »Ja«, gab sie dennoch zu. »Ich liebe ihn. Aber das ist nicht der Grund, warum ich dich gebeten hab’, seine Bilder zu begutachten. Auch wenn ich nix für Ingo empfinden würd’, hätt’ ich dich darum gebeten, weil ich der Meinung bin, daß sie viel zu gut sind, als daß sie in seinem Atelier verstauben.«

      »Du hast völlig recht«, stimmte er zu.

      Doch insgeheim dachte er etwas ganz anderes.

      Es war vom ersten Augenblick für ihn offenbar gewesen, daß der Kunstmaler und die Frau, die er so sehr liebte, ein Paar geworden waren. Und während er die Bilder anschaute, wurde Jörn Haller von rasender Eifersucht gequält. Er stellte sich vor, wie Kathrin in den Armen des Nebenbuhlers lag, wie sie sich küßten und mehr…

      Dabei war der Mann wirklich gut, das mußte Jörn neidlos anerkennen. In den letzten Jahren war ihm nicht ein Maler begegnet, dessen Bilder ihn so beeindruckt hatten wie diese hier.

      Doch das Werk des Malers Ingo Bruckner würde niemals der Öffentlichkeit vorgestellt werden! Nie würde er sich dafür einsetzen, daß der Mann, der im Begriff war, ihm die Frau wegzunehmen, berühmt wurde!

      Allerdings konnte er das nicht hier und jetzt kundtun. Da mußte er zu subtileren Mitteln greifen.

      Noch während er die Bilder betrachtete, nahm ein Plan langsam Gestalt an. Doch davon durfte er sich nichts anmerken lassen, um Kathrins willen. Wenn sie dahinterkam, was er ausheckte, dann war alles vorbei.

      Deshalb auch seine Bitte, am nächsten Tag alleine mit Ingo Bruckner reden zu dürfen.

      Einen ersten, kleinen Sieg glaubte er errungen zu haben, als Kathrin wieder in seinen Wagen stieg. Ingo Bruckner schien erwartet zu haben, daß sie bei ihm blieb. Sein enttäuschter Blick sprach Bände.

      Jörn reichte dem Maler die Hand.

      »Ich muß den ersten Eindruck erst mal sacken lassen«, sagte er lächelnd, wobei seine Augen dieses Lächeln nicht widerspiegelten. »Auf jeden Fall möcht’ ich noch mal herkommen und einen zweiten Blick auf Ihr Werk werfen.«

      Dann wandte er sich rasch ab, als Kathrin den Mann küßte, den er in die tiefste Hölle wünschte.

      »Was fangen wir denn nun mit dem Abend an?« fragte er, als sie nach St. Johann zurückfuhren. »Ich würd’ dich gern’ zum Essen einladen. Magst du?«

      Kathrin nickte, obgleich es ihr lieber gewesen wäre, in ihr Zimmer, in der Bergerschen Villa, zu sein und im Bett zu liegen. Die durchfeierte Nacht steckte ihr immer noch in den Knochen, und gestern war es auch wieder spät geworden, ehe sie sich von Ingo trennen konnte.

      »Ich muß mich aber erst noch ein bissel frisch machen«, erklärte sie.

      »Gut«, sagte Jörn, »dann um sieben im Hotel?«

      »Einverstanden.«

      Sie gab ihm einen flüchtigen Kuß auf die Wange, als er sie vor dem Haus ihrer Bekannten aussteigen ließ.

      »Ich freu’ mich.«

      Sie nickte noch einmal und winkte kurz, ehe sie hinausging.

      Maria Berger saß im Wohnzimmer, ihr Mann war irgendwo draußen im Garten beschäftigt.

      »Na, was hat er gesagt?« erkundigte sich Christels Mutter, die wußte, daß Kathrin und der Kunstmaler auf dem Brucknerhof gewesen waren.

      Die junge Frau überlegte einen Moment.

      Ja, was hatte Jörn eigentlich konkret gesagt?

      Er fände die Bilder gut, war seine Antwort gewesen. Aber sehr begeistert hatte er sich eigentlich nicht gezeigt.

      Oder war das nur ihr Eindruck gewesen?

      »Ich glaub’, sie haben ihm gefallen«, sagte sie. »Morgen will er jedenfalls noch einmal mit Ingo sprechen. Ich bin sicher, daß Jörn die Ausstellung organisieren wird.«

      »Ach, das ist ja schön«, freute sich Maria. »Ingo hat’s verdient. Das Bild, das er Christel und Tobias zur Hochzeit geschenkt hat, das fand ich wunderschön. Ich hab’ schon überlegt, ob ich ihn net bitten soll, daß er uns auch eines malt. Eine schöne Landschaft würd’ noch gut in den Flur passen oder oben, in den Treppenaufgang.«

      »Dann solltest du ihn aber schnell fragen«, lachte Christel. »Bevor er berühmt geworden ist, und seine Bilder unbezahlbar werden.«

      *

      Die Küche des Hotels war weit über die Grenzen des kleinen Ortes hinaus bekannt. Irma Reisinger, Sepps Frau und Mitinhaberin des Löwens, war eine ausgezeichnete Köchin. Konserven oder Tiefkühlkost kamen ihr nicht ins Haus, sie bezog die Rohstoffe frisch von Lieferanten aus der Umgebung, und wenn einmal etwas nicht zu bekommen war, wurde das betreffende Gericht von der Karte gestrichen. Die Gäste – darunter nicht nur die, welche im Hotel wohnten, die Einheimischen kamen sehr oft zum Essen – hatten dafür Verständnis.

      Kathrin hatte sich eine Stunde ausgeruht und dann geduscht und umgezogen. Während sie auf dem Bett lag, die Augen geschlossen, und doch nicht schlafend, dachte sie über den Besuch auf dem Brucknerhof nach.

      Doch, alles in allem konnte sie zufrieden sein. Sicher, daß Ingo und sie ein Paar waren, konnte Jörn nicht verborgen geblieben sein. Er hatte es auf der Rückfahrt ja auch geradeheraus gefragt. Aber wenn er eifersüchtig war, so hatte er es sich nicht anmerken lassen, und Kathrin hoffte, daß sein Urteil nicht dadurch getrübt worden war.

      Es war mehr, als nur die Liebe zu Ingo, die sie hoffen ließ, daß Jörn alles in Bewegung setzen würde, damit die Ausstellung ein Erfolg wurde. Sie hatte es dem Kunsthändler gegenüber ja gesagt: Ingos Bilder mußten an die Öffentlichkeit. Wenn sie an all die betuchten Leute dachte, die wie verrückt die Werke weniger begabter Maler gekauft hatten, dann war sie sicher, daß Ingos Bilder reißenden Absatz finden würden. Mit dem Geld, das er dadurch verdiente, würde er sich ein neues, größeres Atelier bauen können und ohne Geldsorgen sich ganz seinem kreativen Schaffen widmen.

      Vielleicht sogar in München, wo es eine regelrechte Kunstszene gab. Wo Maler, Galeristen und Käufer regelmäßig zusammenkamen und sich austauschten. Es würde Ingo, der hier von allem abseits war, eine völlig neue Welt eröffnen, und vielleicht…, vielleicht würden sie zusammenleben, heiraten, eine Familie gründen…

      Kathrin merkte, wie sie ins Träumen kam. Aber es war schön, solche Träume