Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
Скачать книгу
meinte Ingo und schaute Kathrin an, die bisher geschwiegen hatte.

      »Hochwürden hat sicher recht«, sagte sie jetzt. »Mit ein bissel guten Willen kann man über alles reden.«

      Sie schaute Sebastian an.

      »Ingo hat mir erzählt, worum es dabei eigentlich geht«, fuhr sie fort. »Ich kann verstehen, daß der Georg wütend war, weil er den Hof net bekommen hat. Aber muß das nach all dieser Zeit wirklich noch sein?«

      Der Bergpfarrer hob die Hände und ließ sie wieder sinken.

      »Du siehst ja, was alles möglich ist.«

      Er blickte die beiden lächelnd an.

      »Aber wenigstens ihr seid euch einig, vermute ich.«

      Sie nickten glücklich und faßten sich bei den Händen.

      »Ja, das sind wir«, antwortete Kathrin. »Als ich hergekommen bin, hätt’ ich net gedacht, daß mir so was in meinen Ferien passieren könnte.«

      »Aber ich hoff’ doch, daß du trotzdem Zeit findest, wieder mit mir in die Berge zu gehen.«

      »Auf jeden Fall«, rief Kathrin. »Darauf freu’ ich mich doch schon, seit ich wußte, daß ich herfahren würd’.«

      »Na, dann sollten wir mal einen Termin ausmachen.«

      Die junge Frau biß sich auf die Lippe.

      »In den nächsten Tagen wird’s allerdings net gehen«, schränkte sie ein. »Der Herr Haller, von dem ich Ihnen erzählt hab’, kommt her, um sich Ingos Bilder anzuschauen. Da werd’ ich mich natürlich auch ein bissel um ihn kümmern müssen.«

      »Freilich, das seh’ ich ein. Aber du bist ja noch ein Weilchen da.«

      Er reichte ihnen die Hand.

      »Also, ihr zwei, dann noch einen schönen Abend.«

      »Bis morgen, Hochwürden«, sagte Ingo. »In der Messe.«

      Sebastian ließ sich seine Verblüffung nicht anmerken. Es war schon lange her, daß Ingo in die Kirche gekommen war. Selbst gestern bei der Trauung fehlte er. Um so mehr freute sich der Geistliche, daß der Kunstmaler den Weg dorthin zurückgefunden hatte.

      Wahrscheinlich, vermutete er, war Kathrin Sonnenleitner daran nicht ganz unschuldig.

      *

      »Grüß dich«, sagte Jörn Haller lächelnd und breitete die Arme aus.

      Er sah gut aus. Schlank, ein interessantes Gesicht und eine modische, kurze Frisur. Der Kunsthändler kleidete sich immer elegant, allerdings nicht zu auffällig.

      Nachdem er sich am Vortag noch einmal gemeldet und sein Kommen zugesagt hatte, war er am Sonntag mittag in St. Johann eingetroffen. Kathrin hatte sich gleich um ein Zimmer für ihn bemüht und tatsächlich Glück gehabt. Ein Gast, der im Hotel reserviert hatte, war nicht angereist, so daß Sepp Reisinger froh war, doch noch vermieten zu können.

      Die junge Frau und der Kunsthändler standen sich in der Halle gegenüber. Jörn zog sie an sich und wollte ihr einen Begrüßungskuß geben. Sie neigte rasch den Kopf zur Seite, so daß seine Lippen nur ihre Wangen streiften. Jörn Haller quittierte es mit einer hochgezogenen Augenbraue.

      »Wie war die Fahrt?« erkundigte sich Kathrin.

      Er nickte und deutete auf die Sitzecke.

      »Danke, gut. Wollen wir uns setzen?«

      Sie schüttelte den Kopf. »Vielleicht könnten wir gleich zum Brucknerhof fahren«, schlug sie vor.

      »Brucknerhof? Du hast mir gar net erzählt, daß dieser Herr Bruckner Bauer ist.«

      »Ist er auch net«, erklärte sie auf dem Weg zum Parkplatz. »Wenigstens jetzt net mehr. Ingo hat die Landwirtschaft aufgegeben, als seine Eltern verstarben. Die Felder und den Bergwald hat er verpachtet, um sich ganz auf die Malerei konzentrieren zu können.«

      Sie schaute Jörn von der Seite her an.

      »Es macht dir doch nix aus, wenn wir gleich hinfahren? Oder wolltest du dich erst mal ausruhen?«

      »Nein, nein«, schüttelte er den Kopf. »Ich bin ja schon ganz neugierig auf deine Entdeckung.«

      Unterwegs zeigte sich der Kunsthändler beeindruckt von der Landschaft. Es kam selten vor, daß Jörn Haller über die Dörfer fuhr, und in den Bergen war er noch weniger unterwegs. Meistens war er irgendwo in den Metropolen der Welt zu Gast, in denen Kunst gehandelt wurde: London, Paris, Mailand oder gar New York.

      »Ein wirkliches Idyll«, meinte er.

      »Da vorne müssen wir abbiegen«, erklärte Kathrin, die neben ihm saß und den Weg wies.

      Jörn bog von der Bergstraße ab, auf einen Seitenweg und sah den Bauernhof schon vor sich liegen.

      Ingo Bruckner schien ein wenig nervös zu sein. Seit Kathrin angerufen und mitgeteilt hatte, daß der Kunsthändler aus München eingetroffen sei, und sie in Kürze mit ihm zum Hof kommen würde, war der Kunstmaler wie kopflos zwischen Haus und Atelier herumgelaufen, hatte hier geräumt und da geordnet, die aufgestapelten Bilder durchgesehen und überlegt, ob er das ei ne oder andere besser irgendwo in die hinterste Ecke verbannen sollte, damit es gar nicht erst unter die kritischen Augen des Besuchers kam.

      Auch wenn er es gar nicht mehr abwarten konnte, so wäre es ihm jetzt doch lieber gewesen, er hätte Kathrin davon abhalten können, diesen Mann herzuholen.

      Doch nun war es zu spät; der Wagen fuhr gerade auf den Hof, und die beiden stiegen aus.

      Kathrin lächelte ihm aufmunternd zu, als sie ihn mit dem Kunsthändler bekannt machte. Ingo kam es irgendwie merkwürdig vor, wie der Mann ihn ansah.

      Ganz so, als wolle er ihn einschüchtern…?

      »Ich hab’ ja wahre Wunder über Sie gehört«, sagte Jörn Haller mit einer überraschend angenehmen Stimme. »Sie sind also der neue Rembrandt.«

      Ingo zuckte verlegen die Schultern, und Kathrin, die seine Verlegenheit bemerkte, stieß den Kunsthändler an.

      »Schau’ dir erst mal die Bilder an, bevor du überhaupt was sagst«, meinte sie.

      Ingo musterte sie verstohlen. In Gegenwart dieses elegant gekleideten Mannes kam sie ihm ganz anders vor, als gestern noch. Irgendwie geschäftsmäßig. Der Maler wurde sich wieder bewußt, woran er beim ersten Kuß gedacht hatte, daß sie eine Frau war, die aus einer ganz anderen Welt kam, als der, in der er lebte.

      Hatte da diese Liebe überhaupt einen Sinn?

      Gestern abend, nach einem romantischen Essen, im Schein unzähliger Windlichter, die Ingo aufgestellt hatte, da hatte er diese Zweifel erstmals geäußert.

      »Was wird aus uns, Kathrin?« fragte er und schaute in ihre wunderschönen, grünen Augen. »Unsere Herkunft ist so verschieden, daß man meinen könnt’, wir lebten in verschiedenen Welten.«

      »Was macht das schon?« hatte sie gefragt. »Wir haben uns gefunden, und das ist doch alles, was zählt.«

      Ingo hatte den Blick abgewendet und nachgedacht.

      Natürlich war ihre Liebe die Hauptsache. Aber Kathrin war eine selbständige Frau, die mit beiden Beinen im Leben stand. Die wußte, wohin ihr Weg führte. Er hingegen lebte mehr oder weniger von der Hand in den Mund. War auf die pünktliche Pachtzahlung angewiesen und selbst die reichte nicht immer.

      Hinzu kam, daß er ein Außenseiter war. Außer Tobias und dessen Familie sprach sonst keiner seiner Verwandten mit ihm. Das hatte erst gestern der Eklat auf der Hochzeit wieder gezeigt. Auf den Tanzabend im Löwen verzichtete er schon seit Jahren, Freunde gab es auch nicht.

      »Aber du bist ein Künstler«, beharrte Kathrin, als er alle seine Bedenken ins Feld führte. »Und du wirst’ es schaffen. Eines Tages werden all die, die dich heut’ schneiden, bewundern. Wenn sie’s net schon längst tun, weil du so lebst, wie