Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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der Scheune, hatte der Geistliche auch mit seinem Bruder noch kurz darüber geredet. Max, der in St. Johann als Polizeibeamter für Ruhe und Ordnung sorgte, hatte Sepp Mooser kennengelernt, als er am Mittwoch zum Abendessen ins Pfarrhaus gekommen war.

      »Dein lieber Amtsbruder macht ja einen ganz schönen Wirbel«, erzählte er. »Bis zum Bischof will er rennen, wenn ich nix unternehm’.«

      Sebastian hatte gelächelt.

      »Das wird ihm net viel nützen«, erwiderte er. »Ottfried ist net dein Vorgesetzter, sondern meiner.«

      »Eben«, hatte Max unheilsvoll geantwortet. »Er denkt nämlich, daß du den Sepp deckst.«

      »Da denkt er vollkommen richtig«, zuckte der Bergpfarrer die Schultern. »Der Sepp war’s nämlich net. Oder glaubst du das etwa?«

      »Natürlich net«, schüttelte Max den Kopf. »Selbst wenn ich mich da net auf dich verlassen könnt’, ein bissel Menschenkenntnis hab’ ich schließlich auch. Nur weil einer auf der Straße lebt, ist er net automatisch ein Verbrecher, der hinter Schloß und Riegel gehört.«

      »Genau«, nickte Sebastian. »Aber jetzt laß uns feiern. Wie ich hör’, gibt’s was zu essen. Das willst’ dir doch sicher net entgehen lassen.«

      Die letzte Bemerkung hatte er mit einem Schmunzeln gesagt. Sie bezog sich auf den ungeheuren Appetit, den sein Bruder Max entwickeln konnte, wenn etwas Leckeres auf dem Tisch stand. Dabei sah man dem schlanken Polizisten gar nicht an, daß er gut und gerne aß. Diese Leidenschaft war wohl auch der Grund dafür, daß Max immer noch nicht geheiratet und eine eigene Familie gegründet hatte.

      Dann nämlich hätte er auf die Kochkünste Sophie Tapperts verzichten müssen…

      Auf dem Brennerhof hatte man sich mächtig ins Zeug gelegt. Von der Vorspeise, auf Buchenholz geräucherte Forelle mit Sahnemeerrettich, über die Hochzeitssuppe, mit Fleischklößchen, Eierstich und Gemüse, bis zu den verschiedenen Braten, die mit Kartoffeln, Knödeln, Gemüse und Salaten serviert wurden, war alles perfekt abgeschmeckt und angerichtet worden.

      Sebastians Haushälterin, die natürlich ebenfalls eingeladen war, beschloß, später in die Küche zu gehen und der alten Burgl und den Mandln ihre Anerkennung auszusprechen. Schließlich konnte sie beurteilen, wieviel Arbeit darin steckte, so ein Menü zu kochen.

      Doch noch war man nicht mit dem Essen fertig. Die Servierkräfte brachten immer wieder neue Schüsseln, Saucieren und Fleischplatten herein, die Kapelle sorgte für Tischmusik und Hans Brenner ließ zwischendurch schon Obstler und Enzian zur Verdauung verteilen.

      Endlich war man beim Nachtisch angelangt. Große Schüsseln mit Pudding, Obstsalat und Kannen mit Vanillesoße wurden auf die Tafel gestellt, und die Gäste bedienten sich selbst.

      An der Stirnseite saß das Brautpaar und blickte glücklich auf seine Gäste, denen es offensichtlich gut schmeckte.

      Alles in allem dauerte der Festschmaus drei Stunden, und als die Tafel dann aufgehoben wurde, war man froh, endlich aufstehen und sich die Beine vertreten zu können.

      Kathrin hatte sich nicht nur mit Pfarrer Trenker angeregt unterhalten. Auch Ingo hatte sich als charmanter Plauderer erwiesen. Als der Kunstmaler jetzt neben ihr über den Hof ging, da fragte sie sich, warum ihr Herz plötzlich so rasend schnell klopfte. Schneller, als es das jemals getan hatte, wenn sie mit einem Mann ausgegangen war.

      Hatte es etwas mit der festlichen Stimmung zu tun, in der sie sich befand? War es der Wein, den es zum Essen gegeben hatte?

      Oder steckte noch etwas ganz anderes dahinter?

      Kathrin sah ihren Begleiter von der Seite her an und wußte, daß er der Grund für ihre Aufregung war…

      *

      Es war eine gelungene Feier, darüber waren sich alle einig. Es wurde getanzt und getrunken, Freunde des Brautpaares führten Sketche auf, und die ›Wachnertaler Buam’‹ spielten auf, wie am Samstagabend im Festsaal des Hotels.

      Zwischendurch spazierten die Gäste, einzeln und in Gruppen, über den Hof und die angrenzenden Wiesen, auf der Suche nach etwas Abkühlung und Erholung.

      Kathrin nahm sich endlich die Zeit, den Tisch mit den Geschenken anzuschauen. Ingo unterhielt sich angeregt mit Sebastian Trenker.

      Mittlerweile war der jungen, rothaarigen Frau klargeworden, daß Ingo Bruckner ihr gefährlich werden konnte. Noch nie hatte ein Mann sie so fasziniert wie dieser Kunstmaler.

      Nicht einmal der gutaussehende, attraktive Galerist und Kunsthändler Jörn Haller.

      Kathrin blickte auf das Gemälde, das Ingo dem Brautpaar geschenkt hatte. In all der Zeit, in der sie in der Firma Ausstellungen organisiert hatte, hatte sie sich ein gewisses Sachverständnis angeeignet, geschult auch durch Jörn. Das Bild, das sie unwillkürlich an Botticelli erinnerte, hielt sie für ein gelungenes Kunstwerk, das die eigene Handschrift des Malers trug. Gerne hätte sie Ingos andere Werke gesehen, aber ihn darum zu bitten kam wohl nicht in Frage.

      Er hatte mehrmals mit ihr getanzt, und Kathrin war aufgefallen, daß er sich, außer mit ihr und Pfarrer Trenker, sonst kaum mit jemandem unterhielt. Sie fragte sich, was wohl die Gründe dafür waren, daß seine Verwandten Ingo so schnitten. Es tat ihr leid, aber sie merkte auch, daß es weitaus mehr als nur Mitgefühl war, was sie ihm entgegenbrachte.

      Jedesmal, wenn sie in seinen Armen über den Tanzboden geschwebt war, hätte sie dieses markante Gesicht küssen mögen. Wenn Ingo mit ihr sprach, sog sie jedes seiner Worte in sich auf. Sie bebte innerlich, wenn er sie berührte, und ihr Herzschlag beschleunigte sich, wenn er sie mit seinen braunen Augen anschaute, als könne er auf den Grund ihrer Seele blicken.

      »Ist das net schön?« unterbrach Maria Berger ihre Gedanken.

      Die Brautmutter war neben Kathrin getreten und zeigte auf das Gemälde.

      »Es ist wunderbar«, nickte die junge Frau. »Ich hab’ selten einen jungen Maler kennengelernt, dessen Werk solch eine starke Ausdruckskraft besitzt.«

      »Ach ja, du verstehst ja etwas davon«, meinte Christels Mutter. »Ich net. Aber mir gefällt’s halt.«

      »Und das ist das Wichtigste«, sagte Kathrin.

      Sie schaute sich zu der Tafel um, wo Ingo und der Geistliche immer noch in ihr Gespräch vertieft waren. Sie sah sein Gesicht, die braunen Haare, seine Augen, die sich plötzlich ihr zuwandten. Kathrin schluckte, als Ingo sie anlächelte und dann wieder zu seinem Gesprächspartner sah.

      »Weißt du, warum Ingos Verwandten nicht so gut mit ihm auskommen?« fragte sie Maria Berger.

      Die zuckte die Schultern.

      »Man muß die Leute versteh’n«, antwortete sie. »Viel weiß ich net darüber, aber es ist wohl so, daß sie, nach dem Tod seiner Eltern, erwartet haben, daß Ingo den Hof weiterführt. Statt dessen hat er das Land an seinen Onkel verpachtet und sich ganz seiner Malerei gewidmet. Das haben sie ihm net verziehen. Der Brucknerhof bestand immerhin seit über hundertfünfzig Jahren.

      Ich sprech’ aber net von Tobias’ Eltern. Der Hans ist ja der Bruder von Ingos Mutter. Mit denen kommt er gut aus. Sonst hätt’ man ihn wahrscheinlich auch net eingeladen. Aber die anderen halt. Sie sind eben sehr auf Traditionen bedacht. Mit einem modernen Künstler können sie nix anfangen und das lassen’s ihn spüren.«

      Kathrin verstand allmählich. Es mußte wirklich ein Schock für die Verwandtschaft gewesen sein, als Ingo verkündete, den alten Familienbetrieb nicht mehr weiterführen zu wollen.

      »Aber verkauft er denn seine Bilder?« fragte sie. »Oder wovon lebt er?«

      »Nein, verkaufen tut er net«, schüttelte Maria den Kopf. »Von dem, was Hans ihm an Pacht zahlt, bestreitet er seinen Lebensunterhalt, soviel ich weiß. Ab und an hilft er auf dem Hof aus, wenn’s net reicht.«

      »Aber warum behält er sie denn?« wunderte sich Kathrin. »Man malt doch net, um die Werke dann in seinem Atelier verstauben zu lassen. Hat er denn wenigstens schon