»Ach, Papa«, entrang es sich Christels Mund, »das ist ja wunderschön!«
Maria Berger gab ihrem Mann einen Stoß.
»Deshalb hast die ganze Zeit so geheimnisvoll getan«, sagte sie.
Fritz strahlte.
»Es sollte doch keiner wissen, und heut’ morgen hab’ ich noch schnell die Blumen geholt und mitgeholfen, die Kutsche zu schmücken. Das wollt’ ich mir doch net nehmen lassen.«
Christel gab ihrem Vater einen dicken Kuß.
»So, auch von mir meinen herzlichen Glückwunsch«, sagte Michael Vilsharder, der heruntergesprungen war. »Und jetzt alle einsteigen!«
Die Kutsche war groß genug, daß nicht nur das Brautpaar, sondern auch die Eltern darin Platz hatten. Unzählige Schaulustige hatten sich auf der Straße versammelt, winkten und riefen Glückwünsche herüber. Der Kutsche schloß sich ein langer Autocorso an. Man hatte die Gäste auf mehrere Wagen verteilt, und in Kathrins Auto fuhren Tobias’ Schwester und ihre Familie mit.
Sebastian Trenker winkte ihnen hinterher. Dann eilte er in die Kirche zurück. Max und er waren natürlich auch eingeladen worden. Wahrscheinlich war inzwischen auch Claudia Bachinger eingetroffen, Max’ Freundin, die in Garmisch-Partenkirchen wohnte.
Doch bevor sich der Bergpfarrer für die Feier umzog, hatte er noch etwas Wichtiges zu erledigen – ein Gespräch mit Sepp Mooser!
Er hatte dem Landstreicher angeboten, für ein paar Tage im Pfarrhaus zu bleiben, wo er sich im Garten und beim Holzhacken nützlich machen könne. Sepp hatte sofort zugesagt. Sophie Tappert suchte ihm aus dem Fundus für Bedürftige ein paar Sachen heraus, und nach einem ausgedehnten Bad und einer gründlichen Rasur sah man Sepp den Obdachlosen nicht mehr an.
Schon als er beim Pfarrhaus ankam, hörte Sebastian, daß sein Gast eifrig damit beschäftigt war, das Holz zu hacken, das ein Bergbauer vor ein paar Tagen angeliefert hatte. Sepp stand hinter dem Haus und hieb kraftvoll auf die Scheite ein. Ein großer Berg lag schon neben ihm, und an der Wand des Schuppens stapelte sich bereits das, was der Mooser-Sepp am Morgen zerkleinert hatte.
»Mach’ mal Schluß für heut’«, sagte Sebastian zu ihm. »Und dann hätt’ ich dich noch gern’ gesprochen, ehe ich zum Brennerhof fahr’.«
*
Die große Scheune, in der sonst die Maschinen standen, und Heu und Futter gelagert wurden, war vollkommen ausgeräumt worden. Viele Tische, die, genau wie die Stühle, im Hotel ausgeliehen worden waren, hatte man zu einer rechteckigen Tafel zusammengeschoben und festlich eingedeckt. Es fehlte nichts. Geschirr, Gläser, Bestecke, selbst silberne Kerzenleuchter schmückten die Hochzeitstafel, deren weiße Tischdecken mit Efeu und kleinen Blumengestecken verziert waren.
Keiner der Gäste hatte abgesagt, so daß die Leute jetzt dichtgedrängt zusammenstanden und sich unterhielten. In einer Ecke der Scheune war eine provisorische Bühne gebaut worden, auf der die Musiker ihre Plätze hatten. Hans Brenner, ein Liebhaber volkstümlicher Musik, hatte die ›Wachnertaler Buam’‹ engagiert. Aber auch die jüngere Generation würde auf ihre Kosten kommen; die Kapelle spielte von der Polka bis zum Rock n’ Roll alles, was es an Musik gab.
Die meisten kannten sich, und die anderen stellten sich einander vor. Kathrin hatte bisher vergebens nach ihrem Tischherrn Ausschau gehalten. Gerade wollte sie nach Christel suchen, als die Braut mit einem jungen Mann an ihrer Seite in die Scheune kam.
Kathrin erkannte ihn sofort!
»Ach, da bist du ja«, sagte Christel. »Da kann ich dir ja gleich deinen Tischherrn vorstellen. Das ist Ingo Bruckner, Tobias’ Cousin. Ingo, darf ich dich mit Kathrin, meiner besten Freundin, bekannt machen?«
Sie reichten sich die Hände. Nichts deutete darauf hin, daß der Kunstmaler sich an Kathrin erinnerte. Sie lächelte, als er ihre Hand drückte.
»Angenehm.«
»Ich freu’ mich, Sie kennenzulernen«, sagte sie.
»Du, ganz lieben Dank für dein schönes Geschenk«, bedankte sich Christel bei ihr.
Kathrin hatte dem jungen Paar ein wunderhübsches Teeservice geschenkt, aus feinem Porzellan, mit dem berühmten Motiv der ›ostfrisischen Rose‹.
»Jedesmal, wenn ich daraus trink’, werd’ ich an dich denken.«
Der Brennerhof war ein recht großer landwirtschaftlicher Betrieb und hatte entsprechend viele Angestellte. Knechte und Mägde waren heute das Servierpersonal, das gutgelaunt bei der Sache die Getränke und kleine Appetithappen anbot. Ingo nahm zwei Sektgläser von einem Tablett und reichte Kathrin eines davon. Dankbar lächelnd nahm sie es entgegen.
»Zum Wohl«, sagte er. »Auf eine schöne Feier.«
Kathrin konnte gar nicht verstehen, was Tobias’ Verwandtschaft gegen den jungen Burschen haben konnte. Er war ihr vom ersten Moment an sympathisch, und der kleine Vorfall mit der Tür des Blumenladens spielte überhaupt keine Rolle mehr.
Inzwischen waren alle Gäste eingetroffen, und der Geschenketisch bog sich unter der Last der Präsente für das Hochzeitspaar. Hans Brenner, der über alles ein wachsames Auge hatte, lief in die Küche. Dort waren, unter dem Kommando der alten Burgl, die seit Jahrzehnten auf dem Hof arbeitete, drei Mägde mit der Essenszubereitung beschäftigt. Der Bauer hatte eine Flasche Sekt und vier Gläser mitgenommen.
»Damit ihr net verdurstet«, sagte er gutgelaunt. »Himmel, ist das eine Hitze hier!«
Obwohl sämtliche Fenster geöffnet waren, war es wirklich unglaublich heiß in der Küche. Allerdings war das bei dem herrlichen Sommerwetter draußen auch kein Wunder.
»Die Gäste sind jetzt alle da. Wie schaut’s aus?«
Burgl warf einen prüfenden Blick in die Töpfe und nickte.
»Von uns aus kann’s losgehen«, sagte sie.
Hans Brenner eilte hinaus und gab dem Kapellmeister ein Zeichen. Ein Tusch wurde gespielt, und die Gäste wurden gebeten, Platz zu nehmen.
Dann begann der Hochzeitsschmaus.
*
Sebastian Trenker saß neben Ingo und Kathrin.
Während des Essens unterhielten sie sich, wenn nicht gerade eine Rede gehalten wurde. Die hielten sich allerdings in Grenzen; lediglich die beiden Schwiegerväter hielten eine kurze Ansprache, und Tobias bedankte sich, auch im Namen seiner Frau, für die vielen Geschenke und anderen Liebesgaben.
Der Bergpfarrer war einer der letzten gewesen, die eingetroffen waren. Claudia und Max waren schon vorausgefahren, während der Geistliche sich noch mit seinem Gast im Pfarrhaus unterhalten hatte.
Sepp Mooser hatte Sebastian mit großen Augen angesehen, als er ihm von dem Verdacht seines Amtsbruders berichtete.
»Hochwürden, ich versichere Ihnen, keinen Schritt hab’ ich in die Kirche gemacht«, sagte der Landstreicher nachdrücklich. »Bloß am Pfarrhaus geklingelt.«
Er verdrehte die Augen.
»Hätt’ mir ja gleich denken können, daß da was schiefläuft, so wie die Frau mich angeschaut hat«, fuhr er fort. »Huh, mir wird jetzt noch ganz angst und bang’, wenn ich daran denk’. Die hatte schon im Blick, was sie von unsereins hält.
Und dann der Kuchen erst! Gar kein Vergleich mit dem, den die liebe Frau Tapper mir gestern nachmittag serviert hat!«
Sepp machte ein nachdenkliches Gesicht.
»Du liebe Güte – ich ein Kirchenschänder? Warum bloß mußte ich mich auch im Dorf irren. Das hab’ ich jetzt davon, daß ich den Weg hab’ abkürzen woll’n!« sagte er kopfschüttelnd und zog die Mundwinkel nach unten.
Sebastian klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Dein Wort genügt mir, Sepp«, sagte er mit Nachdruck. »Wenn du sagst, daß