DIE LETZTE FIREWALL. William Hertling. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Hertling
Издательство: Bookwire
Серия: Singularity
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958353121
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      Tony seufzte und verließ den Raum, rieb sich seinen ausladenden Bauch. Gewalt war ihm zuwider. So konnte er nie und nimmer sein Abendessen genießen.

      Kapitel 14

      »Hör endlich auf damit«, sagte Mike und rieb sich die Schläfen. »Du checkst mein Implantat alle fünf Minuten. Meine ID ist abgeschaltet, verdammt noch mal.«

      »'Tschuldigung«, sagte Leon, der nach seinem Erlebnis im Institut immer noch etwas aus der Fassung war.

      »Wir mieten uns ein Flugauto, um Shizoko zu besuchen«, sagte Mike. »Es wäre unauffällig, keiner wird uns erkennen und wir könnten in acht Stunden in Austin sein.«

      Leon dachte kurz über das Fliegen in einem computergesteuerten Flugauto nach. »Wenn eine KI aufseiten der Extremisten ist, dann wären wir damit ein perfektes Ziel. Flugtaxis sind vollautomatisiert und überwacht.«

      »Willst du etwa einen Charterflug nehmen?« Mikes Stimme hob sich ungläubig.

      »Nein, ich möchte komplett aus dem Raster fallen. Was wäre, wenn wir den Transkontinental nehmen würden?«

      »Wir wären dann immer noch auf der Passagierliste.«

      »Dann besorgen wir uns eben ein Auto ohne Computer oder GPS.«

      »So was baut man schon seit zwanzig Jahren nicht mehr«, sagte Mike. »Weißt du überhaupt, wie lange es dauert, nach Austin zu fahren?«

      Leon sah im Netz nach. »Fünfundzwanzig Stunden, wenn wir uns am Steuer abwechseln.«

      Mike grunzte. »Ich habe mal Folgendes gehört: Wenn alle von dir erwarten, dass du eine Hightechlösung wählst, dann benutze etwas ganz Einfaches. Und wir beide sind so Hightech, wie es nur geht. Also gut, die Idee gefällt mir.«

      Nachdem sie im Netz recherchiert hatten, fanden sie sich bei einer Vermietung für seltene Autos am Flussufer wieder. Das Gebäude mit einer Glasfront war vollgepackt mit glänzenden Flugautos und einer Sammlung exklusiver Bodenfahrzeuge, mit einem schwarz weißen Bugatti als Kronjuwel, mit mächtigen Mantelpropellern an den vier Enden. Ein Lotus Xavier Bodenfahrzeug wurde angelassen, als sie vorbeigingen, was Leon so sehr erschreckte, dass er zur Seite sprang. Es war beunruhigend, nicht zu wissen, was ein eigenes Bewusstsein hatte und was nicht.

      »Wir möchten einen Oldtimer mieten«, sagte Mike zu der Wand im Büro.

      Ein Kopf tauchte hinter dem Tresen auf, das Haar ragte in vielfarbigen Stacheln hoch und die Augen blinzelten, als ob sie sich an das Licht gewöhnen müssten. »Wir hätten da einen Lotus vom vorigen Jahr.«

      »Nein, einen echten Klassiker«, sagte Leon. »Wir wollen kein neues Auto. Wir suchen etwas richtig Altes, ein Bodenfahrzeug. Eines, das man noch selber fahren muss.«

      Die Augen des Teenagers weiteten sich. »Sie wollen selbst fahren?«

      »Klar.«

      »Aber das ist doch verrückt. Man fährt keine Autos. Die KIs übernehmen das.«

      »Also im Netz heißt es, Sie hätten Oldtimer«, erklärte Leon. »Zeigen Sie uns die doch einfach.«

      Sein Gesichtsausdruck wurde für einen Augenblick leer, bevor er sie wieder ansah. »Die sind im Keller.«

      Sie nahmen einen großen Lastenaufzug nach unten und als die Tür sich öffnete, rochen sie altes Leder, Öl und Staub.

      Zwei Dutzend Autos standen in seltsamen Winkeln auf einer offenen Fläche. Eine gepanzerte, schwarze Stretch-Limousine war ihnen am nächsten. Die technischen Details schwebten im Netz über den Fahrzeugen und die kugelsicheren Reifen wurden bei diesem Wagen besonders angepriesen.

      »Der ist nicht übel«, sagte Leon. »Die Idee mit der Panzerung gefällt mir.«

      »Viel zu auffällig«, antwortete Mike und ging daran vorbei.

      Ein 2011er Lotus Exige kam als Nächstes. »Der letzte Exige, der je gebaut wurde. Nummer 25 von 25, limitierte Auflage.« Leon pfiff leise. »Wunderschön.«

      »Zu klein«, sagte Mike.

      Leon ignorierte ihn und ging auf die andere Seite, wo er ein kurvenreiches, glänzendes, silberfarbenes Auto entdeckt hatte. »Hast du jemals etwas von einer Corvette mit geteilten Fenstern gehört?«, rief er durch den Raum.

      »Komm her«, rief Mike begeistert. »Ich hab hier was.«

      Nur widerwillig verließ Leon die Corvette und stellte sich neben Mike, der vor einem riesigen, breiten Wagen stand. »Was zur Hölle ist das denn?«

      »Das ist ein 1971er Cadillac Cabrio«, verkündete Mike. »Das ist doch mal ein Wagen für einen Roadtrip.« Er streichelte den Kühler.

      Leon hatte da seine Zweifel. Mike musste verrückt geworden sein. »Sehr schnittig sieht er aber nicht aus und er hat keinerlei Schutz. Es gibt ja noch nicht mal ein Dach.«

      »Ach was, er ist perfekt. Ich habe ein gutes Gefühl bei diesem Wagen.«

      »Du bist verrückt.« Leon schlug die Hände über dem Kopf zusammen.

      Mike wandte sich dem Angestellten zu. »Läuft er mit Benzin?«

      »Benzin?«, gab der Junge verblüfft zurück und sah ihn mit offenem Mund an. »Nein, er fährt natürlich elektrisch. Wie alle Autos.«

      »Aber das ist ein 71er Caddy. Damals gab es noch keine Elektroautos.«

      »Der hier ist elektrisch«, beharrte der Teenager. »Es gibt doch gar keine Tankstellen mehr.« Er öffnete den Tankdeckel, um ihnen den Stecker zu zeigen. »Sehen Sie?«

      »Hol mich der Teufel.« Mike sah sich den Wagen noch einmal von oben bis unten an. »Wir nehmen ihn.«

      Leon schüttelte entsetzt den Kopf. »Wie wäre es mit einem gepanzerten Hovercraft?«, fragte er und zeigte auf ein Schwebefahrzeug in der hinteren Ecke, der wie ein halber Panzer aussah. »Der macht locker 350 auf der Geraden.«

      »Nope. Wir nehmen den Caddy.«

      »Argh!«

      Dreißig Minuten später fuhren sie die I-91 in ihrem makellosen Oldtimer hinunter, mit Mike hinter dem Steuer.

      »Ich kann nicht glauben, dass du nie fahren gelernt hast«, seufzte Mike.

      »Als ich meinen Abschluss machte, war doch alles längst automatisiert«, antwortete Leon und streichelte das rote Sitzleder. »Und davor habe ich öffentliche Verkehrsmittel benutzt. Aber ich habe an Fahrzeugsimulatoren gespielt.«

      »Das ist nicht dasselbe.«

      »Stimmt, es ist besser. Im Simulator kann ich Autos mit richtiger Kurvenstabilität fahren, die es auf der Viertelmeile auf 200 bringen.« Leon war immer noch verbittert, dass sie so eine lahme Ente genommen hatten, die mit viel Glück 150 schaffte und weder Airbags hatte, noch über ein Dach verfügte.

      Mike hielt auf dem Seitenstreifen an. »Du fährst.« Er stieg aus dem Wagen und ging zur Beifahrerseite hinüber.

      »Ich habe keine Lizenz für manuelles Fahren«, sagte Leon und weigerte sich auszusteigen.

      »Fahr einfach. Du bist neunundzwanzig Jahre alt. Es wird Zeit, es zu versuchen.« Mike wartete, stand immer noch neben der Beifahrertür. Alle paar Sekunden schoss ein Wagen vorbei und staubte sie ein.

      Leon stöhnte, rutschte auf der durchgehenden Sitzbank hinüber und legte den windigen Sicherheitsgurt an. Er trat probeweise auf das Gaspedal, aber nichts passierte.

      »Stell ihn auf D«, schlug Mike vor und schnallte sich an.

      Leon startete mit einem Ruck, ließ Staub und Steine hinter ihnen hoch spritzen. Mike stieß einen triumphierenden Laut aus und ein vorsichtiges Lächeln stahl sich auf Leons Gesicht. Er zog den Wagen unkontrolliert auf die Fahrbahn, doch die KI-gesteuerten Fahrzeuge wichen ihm mühelos aus. Er beschleunigte weiter und bald schwammen sie im Verkehr mit.