Dr. Daniel Staffel 6 – Arztroman. Marie Francoise. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Francoise
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Daniel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740939892
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»Der Zyklus einer Frau ist durch äußere Einflüsse sehr leicht durcheinanderzubringen. Das heißt in Ihrem Fall, daß Chiara möglicherweise gar keinen Eisprung hat. Und je massiver die Streßsituation wird, um so schwieriger kann es sein, diesen normalen Zyklus wieder in Gang zu bringen.«

      Elio und Chiara tauschten einen Blick.

      »Ich werde mich bemühen, für Chiara eine möglichst entspannte Atmosphäre zu schaffen«, versprach Elio, dann sah er Dr. Daniel an. »Werden Sie trotzdem eine Untersuchung vornehmen? Ich meine…, wenn es nur an dieser unglücklichen Situation liegt, dann müßte man Chiara doch nicht noch zusätzlich quälen.«

      »Das ist letzten Endes eine Entscheidung, die nur Sie beide treffen können«, entgegnete Dr. Daniel. »Aufgrund des wenigen, was ich weiß, kann ich körperliche Gründe natürlich nicht ausschließen. Eine umfassende Untersuchung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht unbedingt erforderlich. Sie können erst mal versuchen, ob es mit der Schwangerschaft klappt, wenn die störenden Faktoren beseitigt sind – sofern sich das angesichts der Eltern Chiaras überhaupt durchführen läßt.« Er schwieg einen Moment. »Wenn Sie sich dann aber doch zu einer gründlichen Untersuchung entschlie-ßen sollten, würde ich Ihnen dringend empfehlen, einen gu-ten Gynäkologen aufzusuchen.«

      Wieder tauschten Elio und Chiara einen langen Blick.

      »Ich glaube, ich würde mich lieber von Ihnen untersuchen lassen«, meldete sich Chiara mit leiser Stimme zu Wort.

      »Das läßt sich machen«, stimmte Dr. Daniel bereitwillig zu. »Monsignore Antonelli hat gesagt, daß es hier in der Nähe eine Klinik gibt, die zu einem Kloster gehört. Ich weiß zwar nicht, wie gut diese Klinik auf derartige Untersuchungen eingerichtet ist, aber sie wird vielleicht für die ersten Tests genügen, mit denen ich mir einen genaueren Überblick über die Situation verschaffen kann.« Er erhob sich. »Ich werde mich mit dem Monsignore unterhalten und Ihnen dann Bescheid sagen, wann wir die Untersuchung vornehmen können.«

      Auch Elio stand auf. »Ich begleite Sie hinaus.«

      Dr. Daniel reichte Chiara die Hand, dann legte er impulsiv einen Arm um ihre Schultern und drückte sie einen Augenblick an sich.

      »Keine Sorge, Chiara, wir kriegen das schon irgendwie in den Griff«, erklärte er mit dem ihm eigenen sehr warmherzigen Lächeln.

      »Danke, Herr Doktor«, flüsterte die junge Frau.

      Währenddessen war Elio schon vorangegangen und schloß nun gewissenhaft die Tür hinter sich und Dr. Daniel.

      »Vor Chiara wollte ich es nicht sagen«, erklärte er leise. »Sie leidet unter dem Druck, den ihre Eltern ausüben, schon so sehr.« Er seufzte. »Es sind nicht nur die Cardellos, die mir zu schaffen machen, sondern auch meine Eltern. Sie drängen mich schon seit einem Jahr, die Ehe mit Chiara annullieren zu lassen.«

      Aufmerksam sah Dr. Daniel ihn an. »Werden Sie es tun?«

      Ohne einen Augenblick zu überlegen, schüttelte Elio den Kopf. »Nein, auf gar keinen Fall.« Dann machte er ein bekümmertes Gesicht. »Aber ich fürchte, ich werde es immer schwerer haben, mich mit dieser Einstellung durchzusetzen.« Er schwieg einen Moment. »Wissen Sie, Herr Doktor, ich bin ein Einzelkind. Meine Mutter hatte große Probleme, Kinder auszutragen. Die meisten sind kurz nach der Geburt oder innerhalb des ersten halben Jahres gestorben. Aus diesem Grund bin ich der einzige Erbe. Meinen Eltern gehört die kleine Pizzeria am Ortsrand. Vielleicht sind Sie mal daran vorbeigekommen.« Er senkte den Kopf. »Wenn meine Ehe kinderlos bleiben würde, wäre für die Pizzeria kein Erbe mehr da.« Mit ernstem Blick sah er Dr. Daniel an. »Ich persönlich würde mich nicht scheuen, ein Kind zu

      adoptieren, aber für meine Eltern würde damit eine Welt zusammenbrechen. Vor allem mein Vater ist so stolz auf den Namen Sandrini, daß er ein adoptiertes Kind nie wirklich akzeptieren könnte.«

      Spontan legte Dr. Daniel ihm eine Hand auf die Schulter. »Machen Sie sich im Moment noch keine zu großen Sorgen darüber, Herr Sandrini. Ich werde versuchen, Ihnen zu helfen.«

      *

      »Alena, haben Sie einen Augenblick Zeit für mich?« fragte Dr. Stefan Daniel, als ihm die Gynäkologin der Waldsee-Klinik in der Eingangshalle begegnete.

      Alena Reintaler lächelte. »Natürlich, Stefan. Worum geht’s denn?«

      »Um eine Patientin meines Vaters, die ich vor zwei Tagen untersucht habe«, antwortete der junge Assistenzarzt. »Seitdem läßt mir der Fall keine Ruhe mehr.« Er atmete tief durch, dann schilderte er Alena die Situation der jungen Jana Kemmerer.

      »Ich befürchte, daß das Ba-

      by bei einer Spontangeburt im Geburtskanal steckenbleiben könnte«, schloß er seinen Bericht.

      »So leicht passiert das nun auch wieder nicht«, entgegnete Alena. »Aber ich finde es lobenswert, daß Sie sich darüber so große Gedanken machen. Haben Sie von den Ultraschallaufnahmen eine Kopie gemacht?«

      Stefan nickte. »Ich habe die ganze Untersuchung auf Video aufgezeichnet. Wollen Sie sie sich ansehen?«

      Alena nickte.

      Wenig später saßen sie im Ärztezimmer der Gynäkologie, und Alena betrachtete interessiert die Aufnahmen, die Stefan gemacht hatte.

      »Das Baby ist tatsächlich sehr groß«, stellte sie nachdenklich fest.

      »Und es ist das erste Kind der Patientin«, fügte Stefan hinzu. »Überdies habe ich bei der gynäkologischen Untersuchung den Eindruck gewonnen, als wäre ihr Becken nicht sehr breit.«

      »Aber Ihr Vater hielt eine Spontangeburt doch für unbedenklich«, meinte Alena nach einem Blick in die Krankenakten, die über Jana Kemmerer angelegt worden waren. Sie erinnerte sich dunkel, die Patientin einmal untersucht zu haben, aber in letzter Zeit hatte sie zu sehr im Streß gestanden, als daß sie sich noch an jede Einzelheit hätte erinnern können.

      Stefan schüttelte den Kopf. »Nicht ganz. Er hat Frau Kemmerer zu einem Kaiserschnitt geraten, doch sie besteht auf einer natürlichen Geburt. Mein Vater konnte sie immerhin davon überzeugen, daß eine Hausgeburt ein unnötiges Risiko in sich bergen würde. Sie wird also hier in der Klinik entbinden, aber…« Er sah die Akten an. »Ich habe ein ungutes Gefühl bei der Sache.« Er schwieg einen Moment und versuchte sich an die Eintragungen im Mutterpaß zu erinnern. »Im übrigen hat mein Vater die Patientin zum letzten Mal vor sechs Wochen gesehen. In der Zwischenzeit ist das Baby nochmals gewachsen.«

      Alena überlegte eine Weile, dann meinte sie: »Wie ich sehe, haben Sie Frau Kemmerer bereits für nächste Woche wieder in die Klinik bestellt.«

      Stefan nickte. »Eben aus diesem Grund. Ich will das Kind an diesem Tag noch einmal abmessen.«

      »Wenn die Patientin hier ist, benachrichtigen Sie mich bitte. Ich werde versuchen, mit ihr zu sprechen. Vielleicht kann man sie ja doch noch zu einem Kaiserschnitt bewegen.«

      *

      »Papa, wo warst du denn so lange?« beschwerte sich Tessa und zog dabei einen beleidigten Schmollmund.

      Liebevoll nahm Dr. Daniel die Kleine auf den Arm und gab ihr einen zärtlichen Kuß auf die Wange.

      »Es gibt hier im Ort eine junge Frau, die meine Hilfe braucht«, erklärte er ihr, dann sah er Manon an. »Ich fürchte, ich werde in dieser Woche noch einmal weg sein.«

      Seine Frau schmunzelte. »Wie sollte es auch anders sein.« Sie legte einen Arm um Dr. Daniels Taille, stellte sich auf Zehenspitzen und küßte ihn. »Mein geliebter Robert kann einfach nicht ohne Arbeit sein.«

      »Das ist es nicht«, wehrte Dr. Daniel ab, dann lächelte er. »Ich könnte mich an das süße Nichts-tun sehr wohl gewöhnen.« Er wurde wieder ernst. »Diese Frau hat wirklich ernsthafte Probleme.«

      Manon küßte ihn noch einmal. »Du mußt dich nicht verteidigen, Robert. Glaubst du, daß ausgerechnet ich dafür kein Verständnis hätte?«

      »Ich will aber nicht, daß du wieder weggehst, Papa«, mischte sich nun Tessa