Dr. Daniel Staffel 6 – Arztroman. Marie Francoise. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Francoise
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Daniel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740939892
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sehr leise und voller Angst.

      »Nein, Fräulein Klein«, entgegnete Dr. Daniel beruhigend. »Jedenfalls nicht in dem Sinne, wie Sie es jetzt vielleicht denken.« Er lehnte sich an die Kante der Untersuchungsliege und griff wie tröstend nach Brigittes Hand. »Die Blutuntersuchung hat ergeben, daß Sie schwanger sind.«

      Die junge Frau erschrak zutiefst, dann verbarg sie ihr Gesicht in den Händen.

      »Ausgerechnet jetzt«, stammelte sie, und man hörte ihr dabei die Verzweiflung an. »Oliver wird aus allen Wolken fallen. Wir wollten doch noch gar nicht…«

      Dr. Daniel und Manon tauschten einen kurzen Blick. Die Ärztin erkannte die Besorgnis in den Augen ihres Mannes. Sie ahnte, daß die Schwangerschaft für ihn noch nicht das eigentliche Problem darstellte.

      Jetzt ließ Brigitte die Hände sinken und sah Dr. Daniel bittend an.

      »Können Sie es wegmachen?«

      »Ich glaube nicht, daß Sie eine so wichtige Entscheidung jetzt übers Knie brechen sollten«, entgegnete Dr. Daniel, der genau wußte, daß im Moment Verzweiflung und Ratlosigkeit aus Brigitte sprachen. »Gleichgültig, mit welcher Reaktion Sie von Ihrem Freund rechnen – er sollte doch zumindest erfahren, daß er im Begriff ist, Vater zu werden. Möglicherweise ist er ja gar nicht so entsetzt darüber, wie Sie es jetzt befürchten.«

      »Das ist er bestimmt«, flüsterte Brigitte und war dabei den Tränen nahe. »Wir haben doch erst vor einem Jahr den Baugrund gekauft, und jetzt…, der Rohbau steht zwar, aber wir stecken bis zum Hals in Schulden. Wenn ich nicht mehr arbeiten kann…, wie soll es denn dann weitergehen?«

      Es widerstrebte Dr. Daniel, Brigitte jetzt mit noch einem weiteren Problem zu belasten, doch er hatte als Arzt keine andere Wahl.

      »Das alles ist sehr schlimm, Fräulein Klein«, meinte er. »Aber ich bin sicher, daß sich die finanziellen Schwierigkeiten irgendwie beheben lassen würden.«

      Mit einem Ruck hob Brigitte den Kopf, die aus seinen Worten etwas Bestimmtes herausgehört zu haben glaubte. »Ist mit dem Kind etwas nicht in Ordnung?« Sie wartete seine Antwort gar nicht erst ab, sondern fügte sofort hinzu: »Dann verlange ich ohnehin eine Abtreibung.«

      »Es geht nicht um das Kind, Fräulein Klein, sondern um Sie«, entgegnete Dr. Daniel ruhig. »Wurde bei Ihnen jemals Diabetes festgestellt?«

      Brigitte erbleichte. Ihr Gesicht war jetzt von beinahe durchscheinender Blässe, so daß Manon besorgt nähertrat. Sie hätte sich nicht gewundert, wenn Brigitte plötzlich erneut ohnmächtig zurückgesunken wäre.

      »Diabetes?« Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. »Oh, mein Gott.«

      »Da Sie offensichtlich noch nie an Zuckerkrankheit gelitten haben, vermute ich, daß es sich bei Ihnen um eine sogenannte Gestationsdiabetes handelt. Ich nehme an, Sie wissen, was das ist.«

      Brigitte nickte schwach. »Eine vorübergehende Zuckerkrankheit, die nur in der Schwangerschaft auftritt.«

      »Trotzdem ist damit nicht zu spaßen«, erklärte Dr. Daniel. »Die Gefahren, die für das Kind entstehen, sind ebenso groß wie bei der normalen Zuckerkrankheit..«

      Da brach Brigitte in Tränen aus. Ihr ganzes Leben lag plötzlich in Scherben vor ihr, und sie hatte im Moment keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Impulsiv legte Manon einen Arm um ihre bebenden Schultern.

      »Wir werden jetzt ganz systematisch vorgehen, Fräulein Klein«, betonte Dr. Daniel, und seine tiefe, warme Stimme zeigte wieder einmal Wirkung. Brigitte wurde spürbar ruhiger, während Manon sie tröstend streichelte. »Als erstes werde ich Sie in die Waldsee-Klinik überweisen, damit ich Sie und das Baby gründlich untersuchen kann. Wir werden Ihre Diabetes behandeln. Im übrigen wird Ihnen die Ruhe dort draußen bestimmt guttun, und wenn Sie möchten, werden meine Frau und ich Ihnen gern beistehen, wenn Sie mit Ihrem Freund sprechen«, bot Dr. Daniel ihr an.

      Brigitte nickte zuerst, doch dann schüttelte sie den Kopf. »Ich…, ich weiß nicht…, Oliver muß ja denken…«

      »Wenn er Sie liebt, wird er dafür Verständnis haben«, meinte Manon, dann half sie Brigitte von der Liege herunter.

      Mit langsamen, schleppenden Schritten folgte die junge Frau den beiden Ärzten nach draußen und stieg dann in Dr. Daniels Wagen. Es hatte zu regnen begonnen, und das trübe Wetter paßte genau zu Brigittes momentaner Stimmung. Auch in ihr sah alles grau und trostlos aus.

      *

      Der erste Eindruck, den Dr. Wolfgang Metzler von Sàndor Balog bekam, war mehr als positiv. Der junge Mann sah absolut nicht so aus, als würde er hier nur seine Dienstzeit absitzen wollen.

      »Es wartet eine Menge Arbeit auf Sie«, erklärte Dr. Metzler schließlich. »Und es wird manchmal eine äußerst unangenehme Arbeit sein.«

      »Das macht nichts«, urteilte Sàndor. »Ich habe keine Angst davor, mir die Hände schmutzig zu machen.« Er zögerte einen Moment, rückte dann aber mit seinem eigentlichen Anliegen doch heraus. »Herr Chefarzt, ich fürchte, es ist viel zu früh dafür, aber…, glauben Sie, daß später…, wenn ich meinen Zivildienst abgeleistet habe…, daß dann hier für mich einmal eine Stelle frei sein wird?«

      Dr. Metzler lächelte. Es gefiel ihm, daß der junge Mann bereits jetzt an seine weitere Zukunft dachte.

      »Ja, Herr Balog, ich denke schon«, meinte er. »Für einen tüchtigen Krankenpfleger ist in der Waldsee-Klinik immer Platz.«

      Sàndor lächelte. »Das ist schön. Wissen Sie, ich habe mitbekommen, wie die Klinik entstanden ist, und seitdem war es immer mein Wunsch, hier zu arbeiten. Ich bin froh, daß ich jetzt endlich die Möglichkeit dazu habe.«

      »Das höre ich natürlich gern«, erklärte Dr. Metzler, dann reichte er Sàndor die Hand. »Ich denke, wir werden gut zusammenarbeiten.« Er begleitete den jungen Mann hinaus. »Ich werde Sie jetzt unserem Oberarzt anvertrauen. Dr. Scheibler wird Ihnen die Klinik zeigen und Ihnen wohl auch schon die ersten Aufgaben zuteilen. Eine lange Eingewöhnungszeit werden Sie vermutlich nicht haben.«

      »Die brauche ich auch nicht. Schließlich bin ich ja zum Arbeiten hergekommen.«

      »Dieses Eingeständnis war ein großer Fehler.«

      Mit diesen Worten und einem freundlichen Lächeln kam Dr. Gerrit Scheibler auf ihn zu und reichte ihm nun auch die Hand, um sich vorzustellen.

      »Ich werde Sie jetzt nämlich gleich mit Arbeit nur so überhäufen«, prophezeite er, doch so schlimm wurde es dann gar nicht.

      Dr. Scheibler machte ihn mit dem übrigen Personal bekannt und zeigte ihm die Räumlichkeiten der Klinik, dann warf er einen Blick auf die Uhr.

      »Da sind wir ja gerade rechtzeitig fertiggeworden«, meinte er. »Unsere Krankenpflegehelferin Darinka Stöber beginnt in ein paar Minuten mit der Verteilung des Mittagessens. Da dürfen Sie jetzt gleich mithelfen. Finden Sie allein in die Chirurgie hinüber, oder brauchen Sie mich?«

      »Nein, Herr Oberarzt, so groß und unübersichtlich ist die Klinik nicht, daß ich mich hier verlaufen könnte«, erklärte Sàndor.

      Dr. Scheibler nickte. »Gut, dann also an die Arbeit. An-schließend können Sie in die Kantine zum Mittagessen gehen, und nachher melden Sie sich dann wieder bei mir.«

      »In Ordnung, Herr Oberarzt.«

      Eiligen Schrittes durchquerte Sàndor die Eingangshalle und lief dann die Treppe hinauf.

      »Ein netter Junge«, urteilte Dr. Scheibler, als der Chefarzt auf ihn zukam.

      Dr. Metzler nickte. »Wenn man Robert glauben darf, dann haben wir mit ihm wirklich einen guten Fang gemacht.«

      »Das Gefühl habe ich auch. Es scheint, als würde er keiner Arbeit aus dem Weg gehen, und genauso etwas brauchen wir hier. Die Schwestern sind ohnehin restlos überlastet.«

      Das bemerkte auch Sàndor schon nach wenigen Stunden, was seinen Entschluß, hier kräftig mit zuzupacken, nur