Dr. Daniel Staffel 6 – Arztroman. Marie Francoise. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Francoise
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Daniel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740939892
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ist ja wirklich fürchterlich«, pflichtete Gabi ihr sofort bei.

      »Ich werde sie heute noch besuchen«, beschloß Sarina spontan, dann blickte sie sinnend vor sich hin. »Frau Dr. Carisi…, ach nein, Frau Dr. Daniel wollte ich sagen…, also…, sie will sich demnächst um eine Nachfolgerin für Brigitte kümmern.«

      Gabi nickte, hielt aber mitten in der Bewegung inne. »Das ist doch eigentlich nicht nötig – vor allem jetzt, wo Frau Dr. Daniel gar nicht mehr den ganzen Tag in der Praxis arbeitet.«

      Sarina lächelte. »Genau das wollte ich von dir hören. Derselbe Gedanke ist mir nämlich auch schon gekommen, und…«

      »Bekomme ich heute noch Arbeit oder nicht?«

      Sarina und Gabi erschraken zutiefst, als hinter ihnen so unerwartet Dr. Daniels Stimme erklang.

      »Na, Sie beide haben aber ein sehr schlechtes Gewissen«, urteilte er schmunzelnd, dann wurde er ernst. »Aber ich kann mir schon denken, daß die Sorge um Fräulein Klein Sie so abgelenkt hat.«

      »Ja, das auch«, gab Sarina zu. »Allerdings haben Gabi und ich gerade über etwas anderes gesprochen. Wissen Sie, Ihre Frau sagte eben, sie würde sich um eine Nachfolgerin für Brigitte umsehen, aber… eigentlich ist das doch gar nicht nötig.«

      Dr. Daniel runzelte die Stirn. »Ich finde es zwar sehr lobenswert, daß Sie die Arbeit Ihrer Kollegin so selbstlos übernehmen wollen, aber Sie beide kennen den Betrieb hier doch am allerbesten. Sowohl bei mir als auch bei meiner Frau geht es ja meistens zu wie auf dem Wochenmarkt. Sie würden also die meiste Zeit ganz erheblich im Streß stehen ohne eine weitere Kraft.«

      Sarina und Gabi tauschten einen Blick.

      »Wir schaffen das schon«, urteilte Gabi dann recht entschlossen.

      »Also schön«, meinte Dr. Daniel. »Dann werden wir uns bei Gelegenheit mal zusammensetzen und die Einzelheiten besprechen. Aber jetzt sollten wir unsere Patienten wirklich nicht länger warten lassen.«

      *

      Eva-Maria verstand sich selbst kaum. Da war sie noch vor wenigen Tagen völlig niedergeschlagen gewesen, weil sie das Gefühl gehabt hatte, Tobi niemals vergessen zu können, und nun…

      Die sich öffnende Tür unterbrach ihre Gedanken. Mit einem schüchternen Lächeln sah sie den jungen Mann an, der hereintrat. Sàndor hieß er, und allein sein Name klang für sie schon wie Musik.

      »Guten Morgen, Fräulein Neubert«, grüßte er, und seinem freundlichen Lächeln war nicht zu entnehmen, ob sie für ihn eine Patientin wie jede andere war oder vielleicht ein bißchen mehr.

      »Guten Morgen«, flüsterte Eva-Maria. Sie scheute sich davor, ihn einfach Sàndor zu nennen, hatte aber auch nicht den Mut, nach seinem Nachnamen zu fragen.

      Mit geübten Griffen legte Sàndor die Manschette um Eva-Marias Oberarm, pumpte auf und drückte dann das Stethoskop in ihre Armbeuge. Dabei berührten seine Fingerspitzen ihre Haut, und obwohl die Berührung an sich nichts Intimes ausdrücken sollte, klopfte Eva-Marias Herz so laut, daß sie das Gefühl hatte, Sàndor müßte es hören.

      Mein Blutdruck muß jetzt mindestens bei zweihundert liegen, dachte Eva-Maria.

      »130 zu 70«, erklärte Sàndor, und das junge Mädchen hätte am liebsten die Augen geschlossen, um seine tiefe, weiche Stimme in sich nachklingen zu lassen.

      Er griff nach ihrem Handgelenk, um den Puls zu zählen, und nun konnte Eva-Maria ihr Vibrieren nicht mehr unterdrücken. Erstaunt sah Sàndor sie an.

      »Sie zittern ja«, stellte er fest, dann lächelte er. »Sie werden doch wohl keine Angst vor mir haben, Fräulein Neubert.«

      »Nein«, hauchte Eva-Maria und wurde über und über rot. »Es ist nur…, diese ganze Atmo-sphäre hier im Krankenhaus…, das alles macht mich ein bißchen nervös, und…, ich fühle mich auch nicht besonders gut…«

      Aufmerksam sah Sàndor sie an. »Soll ich Frau Dr. Reintaler Bescheid sagen? Oder lieber Dr. Daniel?«

      Hastig schüttelte Eva-Maria den Kopf. »Das ist sicher nicht nötig. Ich…, ich brauche bestimmt nur etwas Ruhe.«

      »Ich bin gleich fertig«, erwiderte Sàndor.

      »Nein, so war das nicht gemeint«, entgegnete Eva-Maria rasch. Sie wollte seine Gesellschaft doch so lange wie möglich auskosten.

      »Sàndor!« Schwester Bianca schaute zur Tür herein. »Beeil dich. Wir müssen Frau Gerber aus dem Aufwachraum holen, sonst wird Dr. Parker giftig.«

      Sàndor lächelte, was Eva-Maria erneut völlig dahinschmelzen ließ.

      »Das kann ich mir bei ihm gar nicht vorstellen«, meinte er, während er schon seine Sachen zusammenräumte und sich mit einem freundlichen »bis heute mittag« von Eva-Maria verabschiedete.

      »Täusch’ dich nicht«, erwiderte Bianca. »Dr. Parker hat gerade zum zweiten Mal hier oben angerufen und gefragt, wo wir bleiben. Der Aufwachraum ist nicht so groß, daß…«

      Mehr hörte Eva-Maria nicht mehr, weil sich die Tür nun hinter Bianca und Sàndor schloß. Sehnsüchtig blickte sie ihm nach. »Bis heute mittag«, hatte er gesagt und dabei gelächelt.

      Eva-Maria seufzte. »So wird er alle Patienten anlächeln.«

      Sie warf einen Blick auf die Uhr. Noch fast vier Stunden würden vergehen, bis sie ihn wiedersah. Er würde ihr das Mittagessen bringen, Puls, Blutdruck und Temperatur kontrollieren und dann wieder gehen.

      Eva-Maria runzelte die Stirn. Wenn irgend etwas vorfallen würde, was ihn länger in ihrem Zimmer hielt…

      Ich könnte einen Schwindelanfall vortäuschen, dachte sie. Dann müßte er sich doch um mich kümmern. Oder noch besser – eine Ohnmacht.

      Sie lächelte vor sich hin. Heute mittag würde sie ihn jedenfalls länger in ihrem Zimmer gefangenhalten.

      Doch Dr. Daniel machte ihr, ohne etwas von ihren zärtlichen Gefühlen für Sàndor zu ahnen, einen Strich durch die Rechnung. Der junge Mann hatte gerade das Tablett auf dem fahrbaren Nachttischchen abgestellt, als Dr. Daniel mit einem fröhlichen Gruß ins Zimmer trat.

      »Nun, Eva-Maria, wie fühlst du dich?« fragte er, während sich Sàndor diskret zurückziehen wollte. Doch Dr. Daniel wandte sich ihm noch einmal zu. »Warte draußen auf mich. Ich möchte mich ein bißchen mit dir unterhalten.«

      »Ja, Herr Dr. Daniel, gern«, stimmte er zu und lächelte – ein Beweis für Eva-Maria, daß Sàndor tatsächlich zu jedem so freundlich war wie zu ihr.

      »Entschuldige, Eva-Maria«, erklärte Dr. Daniel nun. »Es gehört sich eigentlich nicht, eine Frage zu stellen und sich dann mit jemand anderem zu unterhalten, aber ich wollte verhindern, daß mir Sàndor wieder durch die Lappen geht. Schon seit Tagen versuche ich vergeblich, ihn zu treffen.«

      »Kennen Sie ihn denn?« wollte Eva-Maria wissen.

      Dr. Daniel nickte. »Ja, fast so gut wie dich. Er ist hier in Steinhausen aufgewachsen.«

      »Komisch«, murmelte Eva-Maria. »Ich habe ihn nie zuvor gesehen.«

      »Das ist nicht weiter verwunderlich. So ein kleines Dorf ist Steinhausen ja heute auch nicht mehr. Außerdem ist Sàndor in den vergangenen Jahren in München zur Schule gegangen und hat in seiner Freizeit viel gelernt.« Er schwieg kurz. »Aber wir wollten eigentlich nicht über Sàndor sprechen, sondern über dich. Also, mein Kind, wie fühlst du dich?«

      »Ganz gut«, meinte Eva-Maria. »Ich habe keine Schmerzen mehr, und Frau Dr. Reintaler hat bei der Visite gesagt, mein Zustand wäre mehr als zufriedenstellend.«

      Dr. Daniel nickte und warf einen Blick in die Krankenakte, die er sich mitgebracht hatte, dann lächelte er Eva-Maria an.

      »Ich glaube, wir können uns bald über deine Entlassung unterhalten.« Er überlegte eine Weile. »Übers Wochenende möchte ich dich noch hierbehalten, aber ich