Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jodocus Temme
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027238149
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haben schon den Regierungsrat von Schilden gesprochen?« fragte ihn der kleine General.

      »Unmittelbar nach der Unterredung mit ihm fuhr ich zu Seiner Majestät«, war die Antwort des Polizeiministers.

      »Und der Herr von Schilden ist unmittelbar nach seiner Unterredung mit mir bei Ihnen gewesen?«

      »So ist es.«

      »Ah, und ich habe unterdes Beweise gesammelt für das, was Schilden Ihnen mitgeteilt hat. Der Geist der Empörung hat schon weit um sich gegriffen. Es wird hohe Zeit, dass ihm Einhalt geschieht.«

      »Exzellenz wollten darüber mit dem Könige sprechen?«

      »Ich bin deshalb hier.«

      »Ich hätte einen unmaßgeblichen Vorschlag an Ew. Exzellenz. Unitis viribus

      »Exzellenz haben Recht! Machen wir gemeinschaftliche Sache.«

      Die beiden Exzellenzen verließen das Vorzimmer des Königs.

      Der General von Taubenheim schüttelte vorher noch einmal die Hand des Grafen Westernitz.

      »Wir sehen Sie beim Tee, lieber Graf?«

      »Es wird mir eine große Ehre sein.«

       Dritter Teil

       Inhaltsverzeichnis

       Erstes Kapitel.

       Alte Erfahrungen über die alte Lehre von dem Danke der Welt.

       Inhaltsverzeichnis

      Die Saison zu Hofgeismar stand in ihrer vollsten Blüte. In dem hübschen, freundlichen Bade herrschte ein größeres und reicheres Leben als in manchen Jahren vorher. Das deutsche Land hatte seit einem Jahre Ruhe; das Volk, befreit von dem fremden Drucke, hatte begonnen, in und zu einem neuen, frischen und freien Leben aufzuatmen. Wenigstens zu einem freien Leben, in der Hoffnung, die ihm dazu gemacht war; und in der Begeisterung, von der damals das Volk, das Throne und Land befreit hatte, noch getragen wurde, war ihm die Hoffnung schon das Leben selbst. Einzelnen war freilich schon nach kaum einem Jahre manche Illusion zerstört worden. Die Menge aber lebte noch in ihrer Begeisterung, in ihrer Hoffnung, in ihrer Freude. So waren auch die deutschen Bäder im Sommer 1816 wieder gefüllt.

      Mancher Verwundete und Kranke, der sich seine Wunden und sein Siechtum in den Kämpfen, Schlachten und Strapazen der Feldzüge geholt hatte, war da.

      In Hofgeismar war auch wieder der Domherr von Aschen.

      Er hatte sein altes Quartier wieder bezogen, die alten Bekannten wiedergefunden; er war schon in Ovelgönne, an der Dahlheimer Sägemühle gewesen; er hatte freilich weder dort noch hier alles so gefunden, wie die Lieben, die er wiederfand, und wie er selbst es hätte wünschen mögen; aber er selbst hatte sich ja nie die Illusionen gemacht, die jenen jetzt genommen wurden, oder deren Zerstörung sie noch erst fürchteten oder auch nicht fürchteten.

      Außerdem war er nicht der Mann, den der Verlust einer Hoffnung, auch bei andern, hätte unglücklich machen können. So lebte er in dem Bade und in seinem alten Quartiere in seiner ruhigen und zufriedenen Weise fort; und er hatte schon vier Wochen so gelebt.

      Da sollte ihm doch in seine Ruhe eine Störung hineintreten.

      Es war noch ziemlich früh am Morgen, als sein alter Diener ihm einen Brief brachte.

      »Von Ovelgönne, Euer Gnaden. Der kleine Bernhard brachte ihn.«

      »Soll warten!«

      Der Bediente ging.

      Der Domherr las den Brief.

      »Lieber Onkel Florens! Dürfte ich Dich dringend bitten, recht bald zu mir zu kommen; wenn es Dir möglich wäre, noch im Laufe des heutigen Tages. Ich bedarf Deines Rates, Deiner Hilfe; ich nicht allein Deine Karoline.«

      »Hm«, sagte der Domherr, »das muss sehr dringend sein, und verzwickt und verzwackt dazu. Das Mädchen hat doch sonst selbst Rat, und auch einen reichen Schatz von Hilfe trägt sie in sich, für sich wie für andere.«

      Er klingelte seinem alten Johann.

      »Bernhard soll zurücksagen, dass ich komme, gleich nach Mittag. Du kannst mir das Essen eine Stunde früher bestellen und dann den Wagen.«

      Johann ging wieder.

      Er war aber kaum eine Minute fort, als an die Tür geklopft wurde.

      »Herein!« rief der Domherr.

      Er hätte es nicht zu rufen brauchen. Die Tür war schon aufgemacht, es trat schon jemand in das Zimmer.

      »Guten Morgen, Onkel Florens!«

      »Alle Wetter! Guten Morgen, Gisbert! Woher kommst Du denn?«

      »Von Göttingen.«

      »Und was macht Dein Arm?«

      »Gut.«

      »Und Deine Frau?«

      »Ich suche sie.«

      »Was? Gisbertine?«

      »Ja.«

      »Ist sie fort?«

      »Ich suche sie ja.«

      »Davongelaufen? Wieder einmal?«

      »Das vorige Mal war ich gegangen, Onkel Florens!«

      »Ja, ja, das eine Mal Du, das andere Mal sie! Eine schöne Ehe! Aber ich hatte es ja vorhergesagt. Auch in Göttingen sah ich es, schon am ersten Tage.«

      »Ich auch!«

      »Teufel, Bursche — Aber Du suchst sie bei mir?«

      »Nachdem ich sie anderswo nicht finden konnte. Sie ist also auch nicht hier?«

      »Nein.«

      »Und Du weißt nichts von ihr?«

      »Kein Sterbenswort.«

      »Du hast auch keine Ahnung, wo sie sein könnte?«

      »Nicht die allermindeste.«

      »Adieu, Onkel Florens!«

      »Junge, was fällt Dir ein!«

      »Ich will fort, weiter.«

      »Deine Frau zu suchen?«

      »Ja.«

      »Aber Du bist ja kaum gekommen!«

      »Vor drei Minuten.«

      »Alle Wetter, Du hast Eile. Aber da fällt mir etwas ein.«

      »Es betrifft Gisbertine?«

      »Ja.«

      Dem Domherrn war wirklich etwas eingefallen, der Brief Karolinens, dessen dringlicher Inhalt; Karoline hatte auch von andern geschrieben, die seines Rates und seiner Hilfe bedürften.

      »Gisbertine könnte hier sein«, sagte er.

      »Hier im Bade?«

      »Wenigstens in der Nähe.«

      »Wo?«

      »Ich habe Dir von Ovelgönne und Karoline Lohrmann erzählt —«

      »Dort?«

      Der junge Freiherr wollte fort.

      Der Domherr hielt ihn zurück.

      »Junge, welch ein Geist ist denn in Deine träge Natur gefahren? Vor Jahr und Tag, wenn Dir