Die Kinder, die den Worten Kasperles aufmerksam lauschten, lachten immer lauter, Pucki wußte sich vor Freude kaum zu lassen.
»Freut euch das, Kinderle?« rief Kasperle krähend. »Wenn ihr mal eine Wurst habt, so 'ne Schlagwurst, dürft ihr euch auch damit schlagen. Dazu wird die Wurst gemacht!«
Die Großmutter jammerte weiter.
»Ach, Kasper, was hast du verbrochen,
das wird fürchterlich gerochen.
In diesem Brief, auf dem Papier,
steht manche Untat noch von dir!«
»Hört mal, Kinderchen«, sagte Kasperle ins Publikum, »es paßt mir nicht, daß die Großmutter meine Streiche vorliest. Ich will ihr das verderben.«
Weg war er. Die gute Großmutter las inzwischen weiter und jammerte über den ungeratenen Enkel. Plötzlich erschien Kasperle wieder, hielt in beiden Händen einen Napf mit Marmelade, stellte sich hinter die Großmutter, die mit vorgeneigtem Kopf den Brief las, und kleckerte dann mit einem Löffel die Marmelade auf das Briefblatt.
»Hu –«, schrie die Großmutter, »was ist das? Woher kommt das?«
Klack – schon wieder ließ Kasperle die Marmelade auf den Briefbogen fallen.
Die Kinder jubelten in hellstem Entzücken.
»Großmutter, der Kasperle hat noch mehr Marmelade! – Großmutter, dreh dich mal um!«
»Ich muß erst fertig lesen«, erwiderte die Großmutter und drückte das Gesicht so nahe an den Briefbogen, daß es über und über mit Marmelade beschmutzt wurde.
Kasperle lachte schallend und die Kinder ebenso.
»So werde ich das immer machen«, sagte Kasperle. »Wenn die Großmutter einen Brief an den Onkel schreibt, beschmiere ich ihn auch mit Marmelade. – Findet ihr das nicht fein, liebe Kinder?«
»Ja – ja«, erscholl es vielstimmig.
Nun wurde die Großmutter sehr böse. Sie verschwand einen Augenblick und kam mit einem dicken Stock zurück, um auf Kasperle einzuschlagen.
»Großmutter«, rief der listige Bursche, »ich weiß was!«
»Was weißt du, du ungeratener Bengel?«
»Dort hinten sitzt einer, Großmutter, der hat eine Büchse. Großmutter, der sieht immerfort hierher.«
»Eine Büchse hat er?« rief die Großmutter erregt. »Will er etwa nach mir schießen? Da laufe ich lieber davon!« – Weg war sie.
Kasperle schüttelte sich vor Lachen.
»Hi hi hi, liebe Kinderchen, der Mann dort hinten hat nur eine Konservenbüchse! Hi – hi – hi –, nun fürchtet sich die alte Frau und ist weg.«
Doch plötzlich kam ein Tier gekrochen. Das machte das Maul so weit auf, daß Pucki angstvoll zu Onkel Niepel lief und sich an ihn klammerte.
»Onkel Niepel – frißt es mich?«
»Nein, nein, es will nur das unartige Kasperle fressen.«
»Kasperle – Kasperle«, rief Pucki in Angst, »lauf schnell weg, das böse Tier will dich fressen!«
Das große Tier machte Pucki gar keinen Spaß. Sie hatte Angst. Erst als Kasperle wieder aus dem Rachen des Ungeheuers gekrochen kam, beruhigte sich Pucki. Sie wollte hier nicht länger bleiben.
»Onkel Niepel, wir wollen nu zu der Pfefferkuchenbude gehen. – Läßt du mich noch mal würfeln? Ich möchte auch so 'nen großen Pfefferkuchen haben wie der Junge.«
Die drei Knaben wollten jedoch beim Kasperletheater bleiben. So wurde Fräulein Irma beauftragt, auf die Knaben aufzupassen, während Niepel mit Pucki weiterging.
Über den Platz wurde soeben ein Esel geführt, auf dem die Kinder reiten durften.
»Nur zehn Pfennige das Reiten«, rief ein aufgeputzter junger Bursche, der den Esel führte.
»Soll ich dich einmal reiten lassen, Pucki?«
»Schenk mir lieber die zehn Pfennige, Onkel, und dann laß mich auf dir reiten. Das ist ebenso schön.«
Niepel lachte, hob die Kleine empor und setzte sie auf seine Schultern.
»Das ist fein, Onkel – nu reiten wir zur Würfelbude, und dann krieg' ich einen großen Pfefferkuchen.«
Abermals durfte Pucki würfeln. Auch dieses Mal gewann sie nicht.
»Komm, wir würfeln noch einmal«, sagte Onkel Niepel.
»Ich kriege doch keinen Pfefferkuchen«, sagte Hedi.
Pucki drängte weiter. Es gab noch so vieles zu sehen. Da war eine Bude mit den Radautrommeln. Manches Kind hatte eine solche erworben und lärmte damit umher. Sehnsuchtsvoll schaute Pucki auf die herrlichen Instrumente.
»Onkel – –«. Pucki wies entsetzt auf einen Händler, »guck, dort sind die Schießer!«
Die Kleine riß sich von der Hand Niepels los und lief davon. Sie hatte einen Mann gesehen, der kleine, bunte Gasballons zum Kaufe anbot. Diese Ballons, die sie einst von Getreidehändler Henschel bekommen hatte, bereiteten dem Kinde heute noch Entsetzen. Das waren die bunten Bälle, die mächtig geschossen hatten, als es sich darauf setzte und später durch den Wald rannte. Niepel hatte Mühe, die kleine Ausreißerin einzuholen.
»Sie schießen, Onkel – es knallt mächtig!«
»Komm zurück zur Bude. Ich kaufe dir eine Knarre.«
»Ist der Schießer da?«
»Er tut dir nichts, mein Kind.«
Trotzdem war die Kleine voller Unruhe. Und als der Mann mit den Ballons wieder sichtbar wurde, drückte sie sich ängstlich an den Gutsbesitzer.
Als er ihr eine Knarre kaufen wollte, erblickte Pucki einen Knaben, der eine Röhre im Munde hatte, an der ein kleines Schweinchen hing. Je länger der Knabe in die Röhre blies, um so größer wurde das Schwein.
Pucki starrte das Wunder an.
»Onkel Niepel«, rief sie erregt, »der kleine Junge macht aus 'nem kleinen Schwein ein ganz großes Schwein, so ein großes, wie Vati hat!«
Abwartend stand das Kind neben dem Knaben, der das Schweinchen so weit aufpustete, bis es nicht mehr ging.
»Mach das Schwein noch größer«, sagte Pucki bittend.
»Das geht nicht.«
»Ach, Onkel Niepel, ich möchte auch so'n Schwein.«
»Das sollst du haben.«
Sehr bald hatte Pucki auch ein Schwein. Aus Leibeskräften blies sie in die Röhre, doch das Schwein wurde nicht größer. Im Gegenteil, sobald das Kind die Lippen von der Röhre nahm, schrumpfte es wieder zusammen.
»Onkel, es will nicht wachsen!«
»Es ist dick genug, sonst platzt es.«
»Macht man Wurst aus ihm?«
»Nein, du Dummerchen, das Schwein ist innen leer.«
»Kann man das nicht sehen?«
Das Spielzeug bereitete dem Kinde viel Vergnügen. Fritz sollte es durchaus sehen. So schritten die beiden zurück zum Kasperletheater. Die Vorstellung war gerade beendet. Niepel fand seine drei Jungen, die sofort den Vater bestürmten, er solle ihnen auch so ein Schwein kaufen.
Das geschah. Und nun bliesen die vier Kinder mit aller Lungenkraft darauf los. Pucki versuchte mit dem Fingerchen, ob das Schweinchen auch dick sei. – Da plötzlich gab es einen Knall, das Schweinchen zerplatzte.
»Es schießt!«
Pucki