»Richtig!« brüllte der Gelbe Jim. »Nehmt diesem Strolch den Stern ab und jagt ihn in die Savanne! Solchen schießwütigen Kerlen muß man das Handwerk legen!«
Jefferson schluckte.
Da meinte der Priester: »Break sitzt im Jail und die schlimmsten seiner Leute auch.
Das reicht. Nun kann der Sheriff den Stern zurückgeben und weiterreiten. Er hatte ursprünglich ja ohnehin nicht die Absicht hierzubleiben.«
Wyatt hatte die beiden Männer die ganze Zeit über aus kühlen Augen beobachtet. Jetzt ging er zur Tür und riß sie auf. »Raus!«
Jefferson trollte sich davon. Der Presbyterianer aber blieb stehen und schob seinen mächtigen Bauch weit vor.
»Was fällt Ihnen ein, Earp? Wie reden Sie mit mir! Sie haben nicht das geringste Recht, sich hier so aufzuspielen. Die ganze Stadt ist in Aufruhr!«
Wyatt senkte seinen Blick in die Augen des völlig verwirrten Mannes. »Raus, habe ich gesagt!«
Da trottete der Dicke hinaus.
»Feiglinge, Feiglinge!« röhrte Break aus seiner Zelle.
Wyatt riegelte die Tür des Office ab und machte sich auf den Weg zu Doc Collins.
Der Georgier lag auf einem Bett; seine Augen waren geöffnet. Als er den Marshal sah, stahl sich ein mattes Lächeln in sein Gesicht.
»Hallo, Marshal.«
»Hallo, Doc!«
»Ich sagte Ihnen ja, daß es eine prächtige Stadt ist. Eine ganz besonders prächtige sogar.«
Wyatt sah den alten Arzt an. »Wie sieht es aus?«
»Soweit ganz gut. Er hat ein zähes Leben. Ich habe ihm schon zweimal Whisky geben müssen.«
Hollidays Augen suchten das Gesicht des Missouriers. »Lassen Sie mich hier bloß nicht liegen, Wyatt!«
»Keine Sorge. Das werde ich ganz sicher nicht tun.«
»Ich bin in einer Stunde wieder auf den Beinen. Darauf können Sie sich verlassen.«
Collins winkte ab. »Nein, so rasch geht das nun doch nicht, Holliday. Sie müssen heute und morgen hierbleiben. Übermorgen können wir dann mal weitersehen.«
Schüsse und Schreie unterbrachen die Worte des Arztes.
Wyatt rannte hinaus.
Als er nach fünf Minuten zurückkam, brannte eine flammendrote Blutspur auf seiner rechten Wange.
Holliday fuhr hoch und sah ihn mit erschrockenen Augen an. Und da der Marshal schwieg und sich ans Fenster stellte, stieß er hastig hervor: »Break ist frei? Stimmt’s?«
Der Missourier nickte.
»Wie war das möglich?«
»Der Priester hat ihn und die anderen herausgelassen.«
»Nein!« entfuhr es dem Gambler.
»Leider doch. Dafür liegt er jetzt auf dem Vorbau. Einer der Halunken hat ihn mit einem schweren Gegenstand niedergeschlagen.«
Holliday rutschte vom Bett und richtete sich auf. Schwankend stand er da und schob sich seinen Waffengurt zurecht. Mit taumelnden Schritten ging er zur Tür.
»All right. Es ist wirklich eine bezaubernde Stadt. Kommen Sie, Marshal!«
Wyatt hielt ihn zurück. »Nein, Doc, legen Sie sich hin. Im Augenblick ist da ohnehin nichts zu machen. Die Bande ist jetzt wieder vollzählig und hat ganz sicher bereits alles für unseren Empfang vorbereitet.«
Holliday sah den Missourier an. »Und wenn ich jetzt nicht verwundet wäre, gingen wir dann?«
»Auch dann nicht«, entgegnete der Marshal. Es war eine Lüge, aber er sah keine andere Möglichkeit, den Verletzten wieder auf sein Lager zu bringen.
Doc Collins griff sich an den Schädel. »Alles umsonst!« preßte er wütend hervor.
Wyatt schüttelte den Kopf. »Nein, nichts war umsonst. Wenn Break und seine Kumpane auch jetzt im Augenblick frei sind, sie werden sich entschieden anders benehmen als neulich. Weil sie wissen, daß wir nicht mit uns tanzen lassen.«
*
Das Zünglein an der launischen Waage hatte sich also wieder zugunsten der Verbrecher gesenkt. Aber sie krakeelten nicht und gossen den Whisky nicht flaschenweise in sich hinein.
Sie waren gewarnt. Und ein gebranntes Kind scheut das Feuer. Und sie waren gebrannt. Der Zunder, den Wyatt Earp und Doc Holliday ihnen geboten hatte, war von nachhaltiger Wirkung.
Vielleicht hätten die Tramps die so unerwartet wiedergewonnene Freiheit dazu benutzt, Fersengeld zu geben, sich aus dem Staub zu machen, die Nähe dieses Sheriffs und seines Helfers zu meiden. Aber da war Gordon Jim Break – und da war sein Plan!
Break hatte es sofort verstanden, die Wankelmütigen zu bereden.
»Wir bleiben, Boys! Wir müssen bleiben. Jetzt haben wir so viel hier durchgestanden, und das darf nicht umsonst geschehen sein. Jetzt kommt der Endkampf. Wenn er auch ein teuflischer Bursche ist, dieser Sheriff, wir werden ihn brechen!«
»Wie lange willst du hierbleiben?« wollte Folgerson wissen. »Vielleicht so lange, bis er neue Hilfe bekommt?«
»Nein, ganz sicher nicht. Wir werden nicht darauf warten, daß er seinen Dodger Clan herbestellt. Ich bin doch nicht lebensmüde. – Aber ich werde es sein, der Hilfe bekommt. Ich habe einen Mann herbestellt, der diesen kaltschnäuzigen Morgan Earp in der Luft zerreißen wird.«
»Und?« fragte Hunter mißlaunisch. »Wer sollte das sein?«
»Jake Clay!«
Der Trumpf stach. Stumm und bewundernd blickten die Verbrecher auf ihren Boß.
»Jake Clay?« fragte Hunter. »Das ist doch nicht dein Ernst?«
»Weshalb nicht?«
»Wer soll denn das bezahlen?«
»Ich werde ihn bezahlen, Boys. Ich allein.«
»Und was verlangt er?«
»Tausend.«
Hunter blieb der Mund offenstehen.
»Tausend Bucks? Bist du des Teufels? Wir haben hier ohnehin kaum etwas Nennenswertes an uns bringen können, und da willst du tausend Böcke zum Fenster hinauswerfen?«
»Zum Fenster hinauswerfen?« Break maß Hunter mit einem verächtlichen Blick. »Du bist zwar ein rauher Bursche, Hunter, aber ein Schwachkopf. Jake Clay ist eine Kanone. Das wißt ihr alle. Er ist der kälteste Schießer weit und breit. Er wird uns diesen Morgan Earp aus dem Wege räumen, wie Lupton den anderen Mann weggefegt hat.«
Lupton richtete sich stolz auf und blähte seine Nüstern. »Das war kein Kinderspiel. Der Bursche ist derart reaktionsschnell, daß ich alles auf eine Karte setzten mußte.«
»Mach’ dich nicht zu dick«, verwies ihn Break in seine Schranken, »schließlich hast du ihn aus dem Hinterhalt heraus angegriffen. Clay wird das nicht tun. Er hat es gar nicht nötig. Und unsere Weste ist rein. Ich war ohnehin nicht begeistert von dem Gedanken, daß dieser Earp von uns augelöscht werden sollte. Denn in diesem Falle hätten wir immer damit rechnen müssen, daß seine Brüder eines Tages hier anrücken würden. Stellt euch nur vor, wenn wir eines Tages Wyatt Earp auf dem Hals hätten. Nicht auszudenken! Mit dem ist noch keiner fertig geworden.«
Der Priester hatte von Jefferson den zweiten Schlüssel zum Sheriff Office verlangt und die Tramps unter der Bedingung freigelassen, daß sie sofort verschwinden würden. Sie hatten ihm ihren Dank postwendend