Von dem Leben und den Meinungen berühmter Philosophen. Diogenes Laertius. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Diogenes Laertius
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 9783843800181
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(131) Übrigens war er doch ein Streiter und ruhmsüchtig. Als sie daher anfangs, er und Asklepiades, beide einem Baumeister bauen halfen, und man den Asklepiades entblößt auf dem Dach Leimen zutragen sah, so verbarg er sich, so oft er einen herzukommen sah.

      7. Als er nachher an Staatsgeschäften teilgenommen hatte, war er so sehr ängstlich, dass er einmal den Altar verfehlte, wie er den Weihrauch darauf setzen wollte. Als Krates einmal bei ihm stand und ihn tadelte, dass er sich mit Staatssachen beschäftige, so befahl er einigen, ihn ins Gefängnis zu setzen, aber dieser hielt dennoch den Vorbeigehenden im Auge und richtete sich auf und nannte ihn einen agamemnonischen Regenten der Stadt.

      8. Er war auch still und zum Aberglauben geneigt. (132) Als er einstmals mit Asklepiades in einer Herberge unwissend von hingeworfenem Fleisch gegessen hatte und er’s nachher erfuhr, widerte ihn so, dass er sich entfärbte und Asklepiades ihn noch ernstlich bedeutete, dass ihm das Fleisch keinen Schaden tun könne, sondern nur die Meinung, die er davon habe. In anderen Stücken war er ein Mann von hohem und freiem Geiste.

      9. In der Haltung seines Körpers war er, da er schon ein alter Mann war, nicht weniger als ein Athlet stark und fest und hatte ein verbranntes Gesicht. Er war fett, aber schwach, von mittlerer Größe, wie man aus seinem Bildnis sehen kann, das zu Eretria auf dem alten Rennplatz steht, denn es ist gleichsam absichtlich fast nackend und zeigt die meisten Teile seines Leibes.

      10. (133) Er nahm sehr gern Fremde bei sich auf und wegen der Ungesundheit von Eretria stellte er viele Schmausereien an, wobei auch Dichter und Musiker sich einfanden. Er liebte auch Arat, den Tragödiendichter Lykophron und den Rhodier Antagoras. Vorzüglich vor allen war Homer sein Vertrauter, dann die Liederdichter, nächst dem Sophokles. Auch den Achäus schätzte er als den zweiten unter den Satirikern, dem Äschylus aber erkannte er den ersten Rang zu. Daher soll er zu den Andersdenkenden im Staat folgendes gesagt haben:

      Der Schnelle wird auch wohl vom Schwachen eingeholt,

       und von der Schildkröt’ auch in kurzer Zeit ein Aar.

      Dies sind Verse des Achäus aus dem Satyrspiel Omphale. (134) Daher irren diejenigen, welche behaupten, dass er nichts gelesen habe, als Euripides Medea, die man auch dem Sikyonier Neophron zuschreibt.

      11. Als Lehrer verachtete er Platon und Xenokrat, desgleichen den Kyrenäer Paräbat; hingegen Stilpon bewunderte er, und als man ihn einmal wegen desselben befragte, sagte er nichts weiter als: Er ist ein freidenkender Mann.

      12. Menedem war aber schwer zu ergründen und bei mündlichen Vorträgen ein harter Gegner. Denn er verbreitete sich über alles und hatte einen großen Reichtum des Ausdrucks. Er liebte auch, wie Antisthenes in den Folgen sagt, gelehrte Zänkereien sehr und pflegte sich wohl der Fragen zu bedienen: Ist das Verschiedene verschieden von dem Verschiedenen? Ja. Ist das Nützliche vom Guten verschieden? Ja. Also ist das Nützliche nicht gut. (135) Er verwarf auch die verneinenden Axiome, wie man sagt, und nahm nur die bejahenden an, und indem er die einfachen derselben annahm, verwarf er die nicht einfachen, die er verbunden und verwickelt nannte. Heraklides in den Lehrsätzen nennt ihn einen Platoniker, der mit der Dialektik einen Scherz treibe. Als ihn daher Alexin einst fragte, ob er aufgehört habe, seinen Vater zu schlagen, antwortete er: Ich habe ihn nicht geschlagen und höre nicht auf. Als nun jener wieder sagte, er müsse dadurch die Zweideutigkeit wegschaffen, dass er nein oder ja sage, erwiderte er: Es wäre lächerlich, euren Gesetzen zu gehorchen, da man in der Tür kann stehen bleiben. Von Bion, der den Wahrsagern emsig nachlief, sagte er, er schlachte die Toten. (136) Als er einen sagen hörte, das höchste Gut sei, alles zu erlangen, was man nur wünsche, sagte er, ein viel größeres sei, nur das wünschen, was man nötig habe. Der Karystier Antigonus sagt, dass er nichts geschrieben und nichts in eine Sammlung gebracht habe, daher er keinem Lehrsatz fest angehangen. Bei Untersuchungen aber, sagt er, war er so streitbar, dass er oft mit feurig aufgelaufenem Gesicht wegging. So heftig er aber auch bei seinen Behauptungen war, so sanft war er doch in seinen Handlungen. So hat er den Alexin, mit dem er oft seinen Scherz getrieben und ihn auch hart mitgenommen hatte, doch sehr gütig behandelt und dessen Frau von Delphi bis nach Chalkis begleiten lassen, da sie wegen Räubereien und Überfällen auf der Landstraße besorgt war.

      13. (137) Er war auch ein treuer Freund, welches aus seiner Einmütigkeit mit Asklepiades offenbar ist, die der innigen Liebe des Pylades nichts nachgab. Aber Asklepiades war älter, daher man sagte, er sei der Dichter, Menedem aber der Schauspieler. Man erzählt auch, Archepolis habe ihnen 3000 Geldstücke angewiesen, und da sie darüber gestritten, wer die nach dem anderen annehmen solle, habe sie keiner von beiden angenommen.

      14. Man erzählt auch, sie hätten Weiber genommen und zwar Asklepiades die Tochter und Menedem die Mutter. Als hierauf dem Asklepiades seine Frau gestorben, habe er die des Menedem genommen, und dieser habe, da er dem gemeinen Wesen vorgestanden, eine reichere wieder genommen, sie hätten aber dennoch ihr Hauswesen in Gemeinschaft behalten und Menedem habe die Führung seiner Hausgeschäfte der ersten Frau überlassen. (138) Asklepiades starb vor ihm zu Eretria in hohem Alter, wo er mit Menedem bei einem sehr großen Vermögen sehr mäßig gelebt hatte. Als nun nach einiger Zeit ein Liebling des Asklepiades zu spät zu einem fröhlichen Trinkgelage kam und die Jünglinge ihn ausschlossen, so befahl Menedem, ihn hereinzulassen und sagte: Asklepiades öffne ihm die Tür, ob er gleich unter der Erde sei. Es waren aber in der Gesellschaft der Makedonier Hipponik und der Lamier Agetor beisammen, wovon der eine dem anderen 30 Minen, Hipponik aber dem Menedem zur Ausstattung der Töchter 2000 Drachmen gab. Dieser Töchter waren drei, wie Heraklides sagt, die er mit seiner Frau Oropia gezeugt hatte.

      15. (139) Die Trinkgelage aber wurden auf folgende Weise angestellt. Es wurde mit zweien von dreien gefrühstückt, bis tief in den Tag hinein, dann berief einer die Ankommenden, auch die, die schon gespeist hatten. Wenn einer früher kam, so kehrte er wieder um und fragte die Herauskommenden, was vorgesetzt und welche Zeit es sei. War es nun noch Gemüse oder Eingesalzenes, so gingen sie wieder weg, war es aber Fleisch, so gingen sie hinein. Zur Sommerzeit waren die Sitze mit Blumen bestreut, im Winter aber weiche Schaffelle gelegt. Man musste sich ein Kopfkissen bringen lassen. Der Trinkbecher, der herumgegeben wurde, war nicht größer als ein Kotylchen. Der Nachtisch bestand aus Feigbohnen oder Saubohnen, zuweilen auch aus anderen Früchten der Jahreszeit, wie Birnen oder Granatäpfeln oder Hülsenfrüchten, ja, beim Zeus! Auch aus getrockneten Feigen, (140) welches alles Lykophron in seinen, Menedem überschriebenen Satyren sagt, einem Drama, das er zum Lob der Philosophen verfertigt hat. Eine Stelle darin lautet so:

      Wie nach dem kleinen Mahl ein kleiner Becher

       Als Maß bei ihnen umgeht, und als Nachtisch

       Die weisesten Gespräche, Hörern lieblich.

      16. Anfangs wurde er verachtet und musste sich von den Eretriern einen Hund und Schwätzer nennen hören; hernach aber so bewundert, dass man ihm auch selbst die Regierung der Stadt anvertraute. Er ging auch als Gesandter zu Ptolemäus und Lysimach und wurde überall geehrt; ja, auch an Demetrius wurde er gesandt, und da die Stadt diesem alle Jahre 200 Talente bezahlt hatte, so brachte er 50 davon herab. Als man ihn bei demselben verleumdet hatte, als suche er die Stadt dem Ptolemäus in die Hände zu spielen, so entschuldigte er sich in einem Brief, der sich anfängt:

      Menedem entbietet dem König Demetrius seinen Gruß.

      (141) Ich höre, dass man dir allerlei von mir angebracht hat; aber diese Reden sollen von einem gewissen Äschyl von der Gegenpartei bei der Regierung herkommen.

      Er soll, wie Euphant in der Geschichte erwähnt, bei einer Gesandtschaft an Demetrius wegen Oropus sich sehr nachdrücklich benommen haben.

      17. Antigon schätzte ihn auch und nannte sich seinen Schüler, und als er die rohen Völker bei Lisimachia besiegt hatte, fasste Menedem einen Volksbeschluss über ihn ab, der einfach und von Schmeichelei fern, sich also anfing: (142) Die Heerführer und Räte sagen, da der König Antigon in der Schlacht die rohen Völker besiegt hat und in sein Land zurückkehrt und alles