Etymologisches Wörterbuch der deutschen Seemannssprache. Gustav Goedel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gustav Goedel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Математика
Год издания: 0
isbn: 4064066116279
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geschehen kann. — Abfallen ist fälschlich mit Abtreiben (s. d.) für eins gehalten worden. — Die Friesen gebrauchen affalle in übertragenem Sinne. „Wie täusche ich mich‟: „Ho falt my dat af‟ (Halbertsma).

      abkleiden s. kleiden.

      abkneifen s. abgewinnen.

      ablandig, von einem Winde, der vom Lande ab nach See zu weht. Das Wort wird schon im Jahre 1400 gebraucht in einer Segelanweisung für die französische Küste: „Item van der Pleymark to Gloylande dat sind twe Kenninge; dat Kors is ostsutost up enen afflandigen wynt‟. „Item wille gy tusschen den sande doer segelen bet toe Kerkloe up enen afflandigen wint, so mote gy tusschen sunte Margreten sande unde deme lande insegeln uppe 6 offte 7 vademe unde leyden dat sant bet to Jerremode‟. (Eine Kenning war in jenen Tagen nicht nur ein Kennzeichen, sondern besonders eine gute Anseglungsmarke; hier aber ist eine gewisse Strecke Weges gemeint, drei oder vier Meilen, je nachdem ene cleyne, gude oder grote Kenning gemeint war. leyden heißt vorbeifahren).

      Ablenkung s. Variation.

      ablegen, gleichbedeutend mit absetzen im Sinne von: ein Boot mit einem Bootshaken so weit vom Fallreep (s. d.) oder der Landungstreppe entfernen, daß man die bis dahin hochgehaltenen Riemen fallen lassen und anrudern kann. Beide Worte, ablegen und absetzen, haben auch die allgemeine Bedeutung von abfahren, jedoch nur der gegebenen Erklärung gemäß, mit dem Boot, nie mit dem Schiff‟. „Das Boot legt um 6 Uhr von der Mole ab.‟ „Der Kutter setzt Punkt 2 Uhr von Bord ab;‟ dabei ist die für das Boot eigentlich passive Bedeutung in die aktive Rede umgewandelt. Absetzen ist etwas gebräuchlicher als ablegen.

      abmallen, auch bemallen. Wenn die Schiffszimmerleute ein Stück Holz in eine bestimmt und genau vorgeschriebene Form behauen wollen, so machen sie sich erst aus dünnen Brettern ein Mall, d. h. eine Art Modell. Nach diesem zeichnen sie sich die richtigen Linien auf dem zu behauenden Holz vor: das heißt ab- oder bemallen; offenbar nichts weiter als das Hochdeutsche malen, welches von Mal kommt, und dieses bedeutet Fleck, Narbe, Zeichen, malen also: mit einem Zeichen versehen. — Mit dem weitverbreiteten niederdeutschen Adjectiv mall hat das Wort wohl kaum etwas zu tun, denn das bedeutet wirbelig, mutwillig, leichtfertig, unklug, töricht, verliebt, toll, verrückt, schlimm, schlecht u. s. w. — Eine viel größere und wichtigere Rolle spielt das Mall im modernen Eisenschiffbau, wo es als Holzschablone, nach welcher die Eisenspanten und andere Teile des Schiffes ausgearbeitet werden, unentbehrlich ist. Mallkante der Spanten ist diejenige Kante, von welcher aus auf dem Schnürboden (s. d.), wo ein Schiff zuerst für die Bauausführung in natürlicher Größe aufgezeichnet wird, die Schmiege (s. d.) des Spantes der Schiffsform entsprechend abgesetzt wird. Eben nach der Linie der Spantenkanten wird das Mall angefertigt. — Gemallte Tiefe ist die Tiefe eines Schiffes, welche gemessen, bezw. berechnet wird um den Freibord (s. d.) festzustellen, oder die Tieflade-Wasserlinie. Hier heißt mallen einfach messen. — Wenn die Ableitung von malen nicht so nahe läge, müßte man sich versucht fühlen an das lateinische Wort für Maß modus zu denken, modulus, im Altfranzösischen contrahirt zu molle; englisch mould.

      abmoien. Das nicht mit dem allgemein niederdeutschen Worte moie, Muhme, Tante, auch nicht mit moie, Mühe, Arbeit, Kummer, in Verbindung zu bringende Adjectiv moi scheint — außer im seemännischen Gebrauch — nicht über Holland und Ostfriesland hinausgekommen zu sein. Hier ist es aber ganz allgemein verbreitet und im Sinne von schön im Gebrauch; en moie meid (holl: een mooie meisje) ein hübsches Mädchen, moi weer, schönes Wetter. Verfasser fuhr einmal in ostfriesischem Sprachgebiet durch frisches Maiengrün auf dem Rade. Da begegnete ihm ein Bauer, der mühsam etliche Schweine vor sich her trieb. „Dat is moier dan Swindriven,‟ meinte er vom Radeln. — Wenn das Wetter sehr trübe und stürmisch war und der Himmel wird klarer (klart auf, siehe aufklaren 1.) und der Sturm nimmt ab, dann sagt der Seemann „es moit ab.‟ Beide Begriffe, das Schönerwerden des Wetters und das Abnehmen des Sturmes sind in abmoien sehr treffend vereinigt; offenbar hat auf die Zusammensetzung der Präposition ab mit dem von moi gebildeten Zeitwort moien der Gedanke an das Abnehmen, Abflauen (s. d.) des Windes eingewirkt. — Die Spanier erst scheinen das jetzt so sehr eingebürgerte Wort nach den Niederlanden gebracht zu haben. Sie führten wohl als Kenner weiblicher Schönheit ihr Wort majo, zierlich, geputzt, geschmückt, viel im Munde. — Daß es mit dem Mai, als dem Monat der die Natur schmückt, zusammenhängt, muß bezweifelt werden. Das hat sich ein Dichter so zurechtgelegt; die Sprache verfährt nüchterner. Hat doch „Wonnemonat‟ nicht einmal etwas mit Wonne zu tun. Bleibt also für majo nur die Herkunft aus dem lateinischen majus, groß, hehr, ansehnlich, stattlich, übrig.

      abmustern s. mustern.

      abreiten, einen Sturm vor Anker. Es lag nahe an das Reiten auf einem Pferde zu denken, denn das vor einer oder mehreren Ketten auf den hochgehenden Wogen auf- und abtanzende Schiff mag wohl mit einem mutig stampfenden und steigenden Pferde verglichen werden, aber es hat dieses „reiten‟ damit so wenig zu tun wie Friedhof mit Frieden. Denn einmal sagt man nicht bloß: „Das Schiff reitet einen Sturm ab‟, sondern es reitet auch bei schönem Wetter, sobald es auf einer Reede vor Anker liegt. Sodann müßte das Wort, wenn es unser hochdeutsches Reiten anginge, niederdeutsch riden heißen, es heißt aber reiden, weil es von dem niederdeutschen reide = Reede kommt, von der Reede auf der ein Schiff liegt, wenn es zur Abfahrt bereit ist, oder die es aufsucht um besseres Wetter vor Anker abzuwarten; reiden, rheden war im Mittelniederdeutschen gleich „vor Anker liegen‟; wir würden also gut tun, größerer Deutlichkeit halber auch heute noch reiden und abreiden zu schreiben. Althochdeutsch ritan. Das heißt übrigens nicht reiten in unserem modernen Sinne, sondern überhaupt sich von einem Orte zum anderen bewegen, fahren zu Wagen oder zu Schiff, von einem Stamme rid mit dem Grundbegriff der Ordnung, der ordnungsmäßigen Bewegung. Und so kommen (wie Friedhof und Freithof) das Reiten auf einer Reede und das Reiten auf einem Pferde schließlich doch auf einen und denselben Ursprung hinaus. Das Nähere unter Reede.

      abschaken s. schaken.

      abschlagen. 1. Auf Kriegsschiffen mit der Trommel ein Zeichen geben, daß die Musterung oder sonst ein Schiffsdienst beendet ist und die Leute wegtreten können.

      2. Allgemein seemännisch: Ein Segel von einer Rahe losmachen, nicht im Sinne des Kommandos: Segel los! sondern im Sinne der Taklerarbeit ein Segel völlig von der Rahe loslösen und an Deck nehmen; das Gegenteil von „ein Segel unterschlagen‟. Der Gebrauch beider Wörter, wie auch von Beschlag und beschlagen, erklärt sich aus dem unter Schlag Gesagten.

      3. = Abschnüren (s. d.)

      abschleppen s. schleppen.

      abschlingern. Wenn ein Schiff so heftig schlingert (s. d.), daß von der Gewalt der Schlingerbewegung ein Mast bricht und über Bord geht, so hat sich das Schiff diesen Mast abgeschlingert.

      abschnüren. (Vergl. abmallen und Schnürboden). Mit einer Meßschnur die Form und Gestalt der einzelnen Teile eines zu erbauenden Schiffes im natürlichen Maßstabe aufzeichnen.

      absegeln. 1. In See gehen. Ursprünglich von Segelschiffen gebraucht, erhielt es die allgemeine Bedeutung von abfahren, abreisen und wird heutzutage in diesem Sinne auch von Dampfern gebraucht die gar keine Segel führen.

      2. Einen Mast, gewöhnlicher: sich einen Mast absegeln. Es geschieht wenn für die betreffende Windstärke zu viel Segel geführt werden oder wenn bei plötzlich aufkommender Bö die Segel nicht schnell genug verkleinert bezw. geborgen werden können.

      3. Eine bestimmte Strecke in einer bestimmten Zeit unter Segel zurücklegen.

      abschricken s. schricken.

      absetzen. 1. ein Boot s. ablegen. 2. Das Besteck, (s. d.), den Ort des Schiffes, an dem es sich nach der Mittags- oder einer sonstigen Berechnung oder auch nach Gissung (s. d.) zur Zeit befindet, auf der Karte durch ein kleines Kreuz mit einem Kreis darum (⨁) bezeichnen. Setzen (Factitiv von sitzen, urgermanisch aus der Wurzel sed, gothisch sitan, lateinisch sedere) verbunden mit ab, letzteres aus der Vorstellung heraus, daß das Etmal, (s. d.) das abgesetzt wird, ein von der ganzen zurückzulegenden Strecke abzuziehender, abzunehmender, abzurechnender Teil ist.

      3. Das Deck mit dem Absetzer. Dieser ist ein einem Schrubber ähnliches Werkzeug, mit dem nach einem Regen oder nach dem Deckwaschen das Wasser nicht nur oberflächlich beseitigt, sondern,