Lu die Kokotte. Artur Landsberger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Artur Landsberger
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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. . .« warf der Kommerzienrat ein und wollte etwas erwidern; doch Aletto ließ ihn nicht zu Worte kommen.

      »Wollen Sie oder wollen Sie nicht?« fragte er mit großer Bestimmtheit.

      Mohr überlegte: »Und zwar aus ganz besonderen Gründen«, wiederholte er sich. Was mochte er damit meinen? Daß Luise ihm etwas von ihren Beziehungen erzählt hatte, war ausgeschlossen! Der Gedanke allein war widersinnig! Immerhin konnte sie ihm angedeutet haben, daß auch er Interesse für sie habe – hm, das leuchtete ihm ein – und zwar ein Interesse, das nicht nur das eines Vormundes war. Gewiß, so mochte es sein! So erklärte sich dann auch Alettos Erregtheit, der das Gefühl hatte, einem Nebenbuhler gegenüberzustehen.

      Er stand also auf, tat verlegen, suchte nach Worten, sah zur Erde und sagte:

      »Ich weiß nicht, ob Luise Ihnen gesagt hat . . .«

      »Was?« fragte Aletto.

      »Auch ich liebe Luise.«

      Es fehlte nicht viel, und Aletto saß ihm an der Kehle. Dieser Mensch wagte es . . .

      »Ich habe einen Vorschlag,« stammelte Mohr, als er die drohende Haltung Alettos sah, »ich trete zurück!«

      »Ah!« sagte Aletto.

      »Vorausgesetzt, daß die Familie Ihre Werbung meiner vorzieht!«

      »Das wird sie!« rief Aletto. »Ich bin einverstanden und habe nur eine Bedingung . . .«

      »Die wäre?«

      »Keinen Aufschub!«

      »Wie ist das zu verstehen?«

      »Sehr einfach! Eine sofortige Zusammenkunft, der ich natürlich beiwohne.«

      »Das wird schwer zu erreichen sein.«

      »Ich bestehe darauf.«

      »Ich werde es versuchen.«

      »Um wen handelt es sich?« fragte Aletto.

      »Nun, vornehmlich um den Professor Mallinger als Senior der Familie, dann den Geheimen Kommerzienrat Walther, den Oberlehrer Sasse und eventuell noch um den Regierungsrat Störmer, auf den man aber eventuell verzichten kann.«

      »Wollen Sie sich, bitte, mit den Herren telephonisch in Verbindung setzen!«

      »Gewiß! Und wohin lasse ich Ihnen Nachricht geben?«

      Aletto schüttelte den Kopf. »Gar nicht! Ich bleibe bei Ihnen!«

      »Was?« rief Mohr entsetzt, und Aletto erklärte mit großer Bestimmtheit:

      »Ich gehe, bis der Familienrat zusammentritt, nicht von Ihrer Seite.«

      Der Kommerzienrat riß das Maul weit auf und schnalzte mit der Zunge; das freilich erschwerte den Fall bedenklich. Aber – und er beruhigte sich schnell – mit den Leuten wird dieser Tolpatsch nicht umzugehen wissen; er wird es an der nötigen Reserviertheit und den Formen fehlen lassen; und daran wird er mehr als an seinen Gründen scheitern.

      Er kannte diese Menschen; wer sie bei ihren Schwächen nahm, blieb Sieger.

      »Meinetwegen!« sagte er daher in aller Ruhe; »ich hoffe, die Zeit wird Ihnen nicht lang werden.« Er ließ sich mit dem Professor, dem Geheimrat Walther und dem Oberlehrer Sasse verbinden; der Zufall wollte es, daß er sie alle antraf; und es wurde für eine Stunde später ein Rendezvous in der Wohnung des Professors vereinbart.

      Während Aletto, den Rücken zur Stube, am Fenster stand, gab der Kommerzienrat noch eine Reihe geschäftlicher Anweisungen, befahl sein Automobil, sagte zu

      Aletto kurz:

      »Bitte!«

      Sie gingen die Treppe hinunter, bestiegen den Wagen und fuhren, ohne ein Wort zu sprechen, zur Wohnung des Universitätsprofessors.

– — – — – — – — – —

      X

      »Was werden wir wieder zu hören bekommen?« sagte der Geheimrat Walther, als er ins Arbeitszimmer des Professors trat und ihn, wie den Oberlehrer, der gewohnheitsgemäß fünf Minuten vor der vereinbarten Stunde erschienen war, begrüßte.

      »Er wird nicht mehr zahlen wollen«, erwiderte der Professor; und der Oberlehrer nickte, rieb sich die Hände vor Vergnügen und sagte:

      »Meine Frau hat einen seinen Spürsinn; schon am vorigen Ultimo hat sie’s vorausgesagt; . . . wie schade, daß wir kein Telephon haben, es würde ihr Freude machen . . .«

      Ein Blick des Professors strafte ihn; und um seine Entgleisung gut zu machen, fuhr er fort: »Nicht als ob meine Frau den Leuten das Almosen nicht gönnt! Nur sind wir nach allem Vorangegangenen der Meinung, daß die Hälfte auch genug gewesen wäre!«

      »Man soll der Wohltätigkeit keine Schranken setzen«, dozierte der Professor. – Gewiß wäre die Hälfte übergenug, dachte er; er hat ganz recht . . . aber man spricht es nicht aus.

      »Und was geschieht wirklich,« fragte besorgt Geheimrat Walther, »wenn dieser Mohr seine Zahlungen an Kerstens aus irgendeinem Grunde einstellt? Wie soll ich es erklären, daß ich plötzlich ohne jeden Grund meine Hand von der Familie ziehe, nachdem ich monatelang, ohne mich sonst um sie zu kümmern, pünktlich und regelmäßig bezahlt habe?«

      »Hast du dich denn für eine bestimmte Zeit verpflichtet?« fragte der Professor.

      »Das nicht«, erwiderte Walther.

      »Also liegt auch keine juristische Verbindlichkeit vor!« erklärte er. »Und moralisch, glaube ich, haben wir alles getan, was in Anbetracht der Verhältnisse möglich war.«

      Abermals stimmte der Oberlehrer bei: »Meine Frau meint sogar, daß es moralischer gewesen wäre, man hätte sich gar nicht mehr um sie gekümmert; und ich muß sagen, in gewissem Sinne hat sie nicht ganz unrecht; denn das echte deutsche Familienleben hatte in diesem Hause wohl nie eine Heimstatt.« Und dabei dehnte sich seine breite Brust, daß es aussah, als müsse der enge Gehrock auseinander platzen.

      Im selben Augenblick meldete das Mädchen den Kommerzienrat Mohr und Aletto.

      »Ich lasse bitten«, rief der Professor, und in der Tür erschien Mohr und Aletto.

      Der Kommerzienrat stellte vor. Die Herren verbeugten sich.

      »Und welchem Umstande verdanken wir Ihre Anwesenheit?« fragte der Professor, zu Aletto gewandt.

      »Sie werden gleich hören«, antwortete Mohr; »ich werde Ihre Zeit wohl etwas länger in Anspruch nehmen – es wäre daher vielleicht gut, wenn wir uns setzen.«

      »Bitte!« sagte der Professor, und sie setzten sich um einen runden Tisch herum, der in der Mitte des Zimmers stand.

      Der Oberlehrer zog aus Gewohnheit sogleich Bleistift und Notizbuch aus der Tasche; der Professor hauchte an sein Pincenez und bearbeitete es mit seinem Leinentuch; der Geheimrat faltete die Hände und dachte an seine Geschäfte. Und der Kommerzienrat, dem zumute war, als handle es sich um ein wichtiges Geschäft, das ihm ein anderer streitig machte, schnalzte mit der Zunge und begann:

      »Um mich kurz zu fassen: dieser Herr hier bewirbt sich um die Hand des Fräulein Kersten.«

      »Was?« sagten alle drei zur gleichen Zeit und rissen die Mäuler auf und waren so erstaunt, daß sie gar nicht daran dachten, sie wieder zu schließen.

      »Er kam zu mir und bat mich als Vormund pflichtgemäß um meine Einwilligung. Natürlich fühlte ich mich außerstande, zu entscheiden, wer von uns beiden der Würdigere ist.«

      Es entstand eine Pause, in der einer den andern fragend ansah. Dem Geheimrat lag es auf den Lippen, ob denn der neue Bewerber auch die finanziellen Lasten, die mit diesem Personenwechsel verbunden waren, übernehmen würde; aber er dachte, es wäre taktvoller, wenn erst mal die ideelle Seite der Sache behandelt würde.

      »Ich begreife gar nicht«» sagte denn auch schon der Professor, »ich dachte, daß die Frage längst entschieden sei. Also sind es ältere Rechte, die dieser Herr geltend macht.«

      »Nein!« antwortete Aletto.

      »Worauf