Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied. Старонемецкий эпос. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Старонемецкий эпос
Издательство: Издательство АСТ
Серия: Bilingua подарочная: иллюстрированная книга на языке оригинала с переводом
Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 978-5-17-152387-9
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"Er ist geheißen Gunther, ein König reich und hehr.

      Erwirbt er deine Minne, nicht mehr ist sein Begehr.

      Deinthalb mit ihm that ich diese Fahrt;

      Wenn er mein Herr nicht wäre, ich hätt es sicher gespart."

      436 Sie sprach: "Wenn er dein Herr ist und du in seinem

      Lehn,

      Will er, die ich ertheile, meine Spiele dann bestehn

      Und bleibt darin der Meister, so werd ich sein Weib;

      Doch ists, daß ich gewinne, es geht euch allen

      an den Leib."

      437 Da sprach von Tronje Hagen: "So zeig uns, Königin,

      Was ihr für Spiel’ ertheilet. Eh euch den Gewinn

      Mein Herr Gunther ließe, so müst es übel sein:

      Er mag wohl noch erwerben ein so schönes Mägdelein."

      438 "Den Stein soll er werfen und springen darnach,

      Den Sper mit mir schießen: drum sei euch nicht zu jach.

      Ihr verliert hier mit der Ehre Leben leicht und Leib:

      Drum mögt ihr euch bedenken," sprach das minnigliche

      Weib.

      439 Siegfried der schnelle gieng zu dem König hin

      Und bat ihn, frei zu reden mit der Königin

      Ganz nach seinem Willen; angstlos soll er sein:

      "Ich will dich wohl behüten vor ihr mit den Listen mein."

      440 Da sprach der König Gunther: "Königstochter hehr,

      Ertheilt mir, was ihr wollet, und wär es auch noch mehr,

      Eurer Schönheit willen bestünd ich Alles gern.

      Mein Haupt will ich verlieren, gewinnt ihr mich nicht

      zum Herrn."

      441 Als da seine Rede vernahm die Königin,

      Bat sie, wie ihr ziemte, das Spiel nicht zu verziehn.

      Sie ließ sich zum Streite bringen ihr Gewand,

      Einen goldnen Panzer und einen guten Schildesrand.

      442 Ein seiden Waffenhemde zog sich an die Maid,

      Das ihr keine Waffe verletzen konnt im Streit,

      Von Zeugen wohlgeschaffen aus Libya dem Land:

      Lichtgewirkte Borten erglänzten rings an dem Rand.

      443 Derweil hatt ihr Uebermuth den Gästen schwer gedräut.

      Dankwart und Hagen die standen unerfreut.

      Wie es dem Herrn ergienge, sorgte sehr ihr Muth.

      Sie dachten: "Unsre Reise bekommt uns Recken

      nicht gut."

      444 Derweilen gieng Siegfried, der listige Mann,

      Eh es wer bemerkte, an das Schiff heran,

      Wo er die Tarnkappe verborgen liegen fand,

      In die er hurtig schlüpfte: da war er Niemand bekannt.

      445 Er eilte bald zurücke und fand hier Recken viel:

      Die Königin ertheilte da ihr hohes Spiel.

      Da gieng er hin verstohlen und daß ihn Niemand sah

      Von Allen, die da waren, was durch Zauber geschah.

      446 Es war ein Kreis gezogen, wo das Spiel geschehn

      Vor kühnen Recken sollte, die es wollten sehn.

      Wohl siebenhundert sah man Waffen tragen:

      Wer das Spiel gewänne, das sollten sie nach Wahrheit sagen.

      447 Da war gekommen Brunhild, die man gewaffnet fand,

      Als ob sie streiten wolle um aller Könge Land.

      Wohl trug sie auf der Seide viel Golddrähte fein;

      Ihre minnigliche Farbe gab darunter holden Schein.

      448 Nun kam ihr Gesinde, das trug herbei zuhand

      Aus allrothem Golde einen Schildesrand

      Mit hartem Stahlbeschlage, mächtig groß und breit,

      Worunter spielen wollte diese minnigliche Maid.

      449 An einer edeln Borte ward der Schild getragen,

      Auf der Edelsteine, grasgrüne, lagen;

      Die tauschten mannigfaltig Gefunkel mit dem Gold.

      Er bedurfte großer Kühnheit, dem die Jungfrau

      wurde hold.

      450 Der Schild war untern Buckeln, so ward uns gesagt,

      Von dreier Spannen Dicke; den trug hernach die Magd.

      An Stahl und auch an Golde war er reich genug,

      Den ihrer Kämmrer Einer mit Mühe selbvierter trug.

      451 Als der starke Hagen den Schild hertragen sah,

      In großem Unmuthe sprach der Tronjer da:

      "Wie nun, König Gunther? An Leben gehts und Leib:

      Die ihr begehrt zu minnen, die ist ein teuflisches Weib."

      452 Hört noch von ihren Kleidern: deren hatte sie genug.

      Von Azagauger Seide einen Wappenrock sie trug,

      Der kostbar war und edel: daran warf hellen Schein

      Von der Königstochter gar mancher herrliche Stein.

      453 Da brachten sie der Frauen mächtig und breit

      Einen scharfen Wurfspieß; den verschoß sie allezeit,

      Stark und ungefüge, groß dazu und schwer.

      An seinen beiden Seiten schnitt gar grimmig der Sper.

      454 Von des Spießes Schwere höret Wunder sagen:

      Wohl hundert Pfund Eisen war dazu verschlagen.

      Ihn trugen mühsam Dreie von Brunhildens Heer:

      Gunther der edle rang mit Sorgen da schwer.

      455 Er dacht in seinem Sinne: "Was soll das sein hier?

      Der Teufel aus der Hölle, wie schützt’ er sich vor ihr?

      War ich mit meinem Leben wieder an dem Rhein,

      Sie dürfte hier wohl lange meiner Minne ledig sein."

      456 Er trug in seinen Sorgen, das wißet, Leid genug.

      All seine Rüstung man ihm zur Stelle trug.

      Gewappnet Stand der reiche König bald darin.

      Vor Leid hätte Hagen schier gar verwandelt den Sinn.

      457 Da sprach Hagens Bruder, der kühne Dankwart:

      "Mich reut in der Seele her zu Hof die Fahrt.

      Nun hießen wir einst Recken! wie verlieren wir den Leib!

      Soll uns in diesem Lande nun verderben ein Weib?

      458 "Des muß mich sehr verdrießen, daß ich kam

      in dieses Land.

      Hätte mein Bruder Hagen sein Schwert an der Hand

      Und auch ich das meine, so sollten sachte gehn

      Mit ihrem Uebermuthe Die in Brunhildens Lehn.

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