2) wer dem Thäter zur Begehung des Verbrechens oder Vergehens Anleitung gegeben hat, ingleichen wer Waffen, Werkzeuge oder andere Mittel, welche zur der That gedient haben, wissend, daß sie dazu dienen sollten, verschafft hat, oder wer in den Handlungen, welche die That vorbereitet, erleichtert oder vollendet haben, dem Thäter wissentlich Hülfe geleistet hat.“
Während der Anstifter nunmehr vom Begriff des Urhebers und des Täters getrennt wurde, folgte daraus jedoch keine Strafmilderung, vielmehr wurde er als ebenso strafwürdig angesehen wie der Täter. Demgegenüber wurde zwar auch der Gehilfe grundsätzlich der Strafbarkeit des Täters gleichgestellt, jedoch sahen die Gesetze eine Strafmilderungsmöglichkeit vor. Nach § 35 S. 2 PrStGB war z.B. die Strafe zu mildern, wenn die „Theilnahme keine wesentliche war“ und nach Art. 55 BayrStGB konnten die Gerichte die Strafe des Gehilfen mildern.
II. Die Beteiligungsregelungen im RStGB von 1871
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Nach der Reichsgründung von 1871 galt für das gesamte Gebiet des Deutschen Reiches ein einheitliches Strafgesetzbuch, das im Wesentlichen dem Preußischen Strafgesetzbuch entsprach. §§ 47 bis 49 RStGB von 1871 differenzierten unter der Abschnittsüberschrift „Theilnahme“ zwischen Mittäterschaft, Anstiftung und Beihilfe. § 47 RStGB regelte die Mittäterschaft, die §§ 48, 49 RStGB normierten Anstiftung und Beihilfe. Die Anstiftung stellte eine der Haupttat akzessorische Teilnahme dar. Vorausgesetzt war eine „strafbare Handlung“, also eine vorsätzliche, rechtswidrige und schuldhafte Haupttat. Fälle dagegen, in denen der Hintermann z.B. eine willenlose Mittelsperson einschaltet, wurden damit aufgrund der Abhängigkeit des Anstifters von der Haupttat nicht von § 48 RStGB erfasst. Im Strafmaß des Anstifters zeigte sich, dass dieser als ebenso strafwürdig erachtet wurde wie der Täter; die Beihilfe sah hingegen eine obligatorische Strafmilderung vor. Ausdrückliche Regelungen zur Alleintäterschaft und zur mittelbaren Täterschaft fehlten hingegen; sie wurden als nicht erforderlich erachtet, da sie als von den Tatbeständen des Besonderen Teils mitumfasst angesehen wurden. Aufgrund der strukturellen Gleichheit der mittelbaren Täterschaft und der unmittelbaren Täterschaft erschien jene genauso wenig im Allgemeinen Teil des RStGB erwähnenswert wie diese.[4]
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Mit der im Gesetz vorgenommenen generellen Unterscheidung von Täterschaft und Teilnahme erfolgte in Rechtsprechung[5] und Literatur[6] eine nähere Herausarbeitung der Kritieren der mittelbaren Täterschaft. Bedingt durch die strenge Akzessorietät der Anstiftung und ihrer Einordnung als Teilnahmeform blieben Sachverhalte übrig, bei denen der Täter einen Menschen einsetzt, der strafrechtlich nicht verantwortlich handelt. Die Figur der mittelbaren Täterschaft wurde daher für solche Fälle konstruiert, die allgemein als strafwürdig galten, aber gesetzlich nicht (ausdrücklich) erfasst wurden. Als mittelbarer Täter sollte derjenige behandelt werden, der sich einer unvorsätzlich, rechtmäßig oder schuldlos handelnden Person, also eines strafrechtlich nicht verantwortlichen Menschen, bediente. Die Beteiligungsform der mittelbaren Täterschaft ergab sich aus der Abgrenzung zur Anstiftung. Es sollte unerheblich sein, ob sich jemand eines dinglichen Werkzeugs bedient oder einen Menschen als (strafloses) Werkzeug für seine strafbaren Zwecke benutzt.[7]
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Die Diskussion um eine Änderung der Vorschriften begann bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts. So wurde zum Teil kritisiert, dass eine ausdrückliche Regelung zur Bestimmung des Täterbegriffs fehle, zum Teil wurde auf der Grundlage eines kausalen Handlungsbegriff ein Einheitstäterbegriff und damit verbunden eine Abschaffung der §§ 48f. RStGB gefordert. Zwar gab es zahlreiche Vorentwürfe und auch amtliche Gesetzesentwürfe, jedoch kam es zunächst (mit Ausnahme des JGG 1923) zu keiner Änderung der gesetzlichen Regelung.[8]
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Durch die Strafrechtsangleichungsverordnung vom 29. Mai 1943[9] wurde die strenge Akzessorietät der Anstiftung gelockert. Die Teilnahme war nun nicht mehr von der Strafbarkeit des Täters insgesamt abhängig, vielmehr genügte nunmehr statt einer „strafbaren Handlung“ eine „mit Strafe bedrohte Handlung“ (§§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 RStGB). § 50 Abs. 1 RStGB erklärte, dass bei einer Beteiligung mehrerer an einer Tat, jeder ohne Rücksicht auf die Schuld eines anderen strafbar ist. Vorausgesetzt wurde daher für die Teilnahme eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Tat, die nicht schuldhaft begangen werden musste (limitierte Akzessorietät). Ferner wurde die obligatorische Strafmilderung der Beihilfe aufgehoben und durch eine fakultative ersetzt; zudem wurde die Strafbarkeit der erfolglosen (versuchten) Beihilfe eingeführt (§ 49a Abs. 3 RStGB).[10]
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Die mittelbare Täterschaft wurde auch 1943 nicht ausdrücklich normiert, obwohl sie in der Rechtsprechung und Literatur als Beteiligungsform anerkannt war. Das Gesetz selbst ließ so zahlreiche Fragen offen: Zum einen die Frage, ob es überhaupt eine Form der mittelbaren Täterschaft gibt, zum anderen, welche Kriterien zur Unterscheidung von Täterschaft und Teilnahme, insbesondere auch im Verhältnis der Anstiftung zur (mittelbaren) Täterschaft, entscheidend sein sollen. Aber auch mit der Aufnahme des Begriffs der mittelbaren Täterschaft 1975 in § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB blieben die bestehenden Fragen vom Gesetzgeber zum großen Teil unbeantwortet.
III. Die Fassung der §§ 25 ff. StGB vom 1.1.1975
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Die heutigen Bestimmungen der §§ 25 ff. StGB sind am 1. Januar 1975 in Kraft getreten.[11]
Die Neufassung des Strafgesetzbuches, in der auch der Wortlaut der Anstiftung und Mittäterschaft geändert und die mittelbare Täterschaft eingefügt wurde, wurde im Wesentlichen von drei Einflüssen bestimmt.[12] Zunächst hatte die Große Strafrechtskommission einen Entwurf ausgearbeitet, der (mit Änderungen) von der Bundesregierung als Entwurf 1962 (E 1962) in den Bundestag eingebracht wurde. Hinzu kam ein aus privater Initiative deutscher und schweizerischer Strafrechtswissenschaftler im Jahre 1966 ausgearbeiteter Alternativentwurf (AE), der 1968 von der Fraktion der FDP dem Bundestag vorgelegt und dort anschließend gemeinsam mit dem E 1962 beraten wurde. Schließlich brachte der Sonderausschuss des Bundestags für die Strafrechtsreform (1966–1969) die Entwürfe zu einer Einheit. Allerdings setzte sich hier mehr die Dogmatik des E 1962 durch, so dass die heutige Fassung der §§ 25, 26 StGB den §§ 29, 30 des E 1962 entspricht, während den Vorschlägen des AE zur Bestimmung von Täterschaft und Teilnahme nicht gefolgt wurde.[13]
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Die heutige Fassung der §§ 25, 26, 27 StGB und ihre Unterscheidung von Täterschaft und Teilnahme zeigt, dass der Gesetzgeber nicht den allgemeinen Begriff der Urheberschaft verwenden oder ein Einheitstätersystem implementieren wollte, welches von einer tatbestandsmäßigen Unterscheidung verschiedener Beteiligungsformen gänzlich absieht. Die Möglichkeit eines Einheitstätersystems wurde zwar diskutiert, jedoch nach der Mehrheit der die Entwürfe Beratenden abgelehnt. Begründet wurde dies zum einen damit, dass ein Einheitstätersystem keine wirkliche Vereinfachung darstellte, sondern schließlich der Richter in der Strafzumessung eine Unterscheidung wieder vornehmen müsste. Auch müsste der Gesetzgeber vor allem bei Fällen nur versuchter oder untergeordneter Beteiligung eine Strafmilderung besonders normieren oder von Strafe absehen. Zum anderen müsste bei einem einheitlichen Täterbegriff bei bestimmten Straftaten, wie den eigenhändigen Delikten oder bei solchen, die besondere persönliche Tätermerkmale voraussetzten, für die Frage der Beteiligung an solchen Taten wiederum eine zusätzliche Regelung getroffen werden. Schließlich hätte ein Fortfall der Abhängigkeit der Beteiligung von der Haupttat eine mit dem Rechtsstaat nicht zu vereinbarende Ausweitung der Strafbarkeit zur Folge.[14]
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Die §§ 25 ff. StGB gehen damit bei Vorsatztaten[15] von einem dualistischen Beteiligungssystem und von einem restriktiven Täterbegriff aus. Es ist nicht jedes Handeln, das eine bloße Ursache zur Deliktsverwirklichung