Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten. Frank Rehfeld. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frank Rehfeld
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Год издания: 0
isbn: 9783956179129
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unterwegs."

      "Merkwürdig", antwortete Eibon. Sein Lächeln war nicht verloschen, hatte sich sogar noch vertieft. "Bayron kam zu mir, um mit mir über genau dasselbe Thema zu sprechen, und ich werde Euch dieselbe Antwort wie ihm geben. Es ist richtig, dass ich meine Eskorte ausgetauscht habe, aber Ihr dürft nicht vergessen, dass sie bereits den doppelten Weg hinter sich hatte, während Ihr uns nur auf dem Rückweg von Cavillon zur Hohen Feste begleitet habt. Auch ich selber bin bereits von Anfang an dabei, und ich leite diese Expedition auch weiterhin. Allerdings sollte Charalon sich fragen, ob er wirklich die richtigen Leute ausgesucht hat, wenn sie nicht einmal einer Belastung gewachsen sind, die ein alter Mann wie ich über einen wesentlich längeren Zeitraum hinweg aushält."

      "Ist es so?", fragte Maziroc leise. Aufgrund seiner Erfahrung, seines Selbstbewusstseins und nicht zuletzt aufgrund seiner kräftigen körperlichen Statur strahlte er eine Stärke aus, der die meisten Menschen sich beugten, sobald sie ihm begegneten. Hier jedoch war es genau anders herum. Eine Aura von Macht, Selbstsicherheit und Autorität umgab den greisen Elbenkönig, gegen die Maziroc sich nur mit Mühe behaupten konnte, weil sie ihn sich plötzlich klein und unbedeutend fühlen ließ. Er spürte, dass er diese Diskussion schon verloren hatte, noch bevor sie richtig begann, weil Eibons bloße Präsenz ihn bereits in die Defensive drängte. "Genau das ist ein weiterer Grund, weshalb ich gekommen bin", fügte er hinzu. "Ich sagte, es ginge möglicherweise auch um Euer Leben, denn ich fürchte, Ihr überschätzt Eure Kräfte."

      "Ach ja? Fürchtet Ihr das?", fragte Eibon mit plötzlich geradezu hohntriefender Stimme. Der zuvor sanfte Spott war ätzendem Sarkasmus gewichen, und Zorn flammte in seinem Blick auf. Der Widerschein eines der Lagerfeuer tanzte über sein Gesicht und ließ es für einen Moment wie eine dämonische Fratze aussehen. "Ich denke, das solltet Ihr getrost meine Sorge sein lassen. Ich habe schon wesentlich bedeutsamere Entscheidungen getroffen, lange bevor Ihr überhaupt auf der Welt wart, und ich glaube, ich weiß selbst am besten, wie viel ich mir zumuten kann."

      "Was soll das?", murmelte Maziroc, irritiert über die plötzliche Aggressivität des Elbenkönigs. "Wir sind ausgezogen, um gemeinsam die Hintergründe einer möglicherweise immensen Gefahr zu ergründen." Auch in seine Stimme mischte sich nun Ärger. "Aber stattdessen habe ich im Moment das Gefühl, in einen Wettkampf zwischen kleinen Kindern geraten zu sein, die sich gegenseitig zu übertrumpfen versuchen. Ihr und Charalon und wer sonst noch immer, die sich beweisen wollen, wozu sie noch in der Lage sind. Begreift Ihr denn nicht, dass es hier um weitaus Wichtigeres geht? Anderenfalls bin ich hier wohl fehl am Platz und sollte nach Cavillon zurückreiten."

      "Das ist ...", zischte Eibon, brach dann aber ab. Der Zorn verschwand aus seinem Blick, und für einen Moment blickte er fast betreten zu Boden. "... richtig", vollendete er den begonnen Satz und lächelte beschämt. "Ich fürchte, Ihr habt recht. Ich mag es nur einfach nicht, wenn man mich behandelt, als ob ich bereits zum alten Eisen gehören würde, deshalb habe ich vielleicht gerade ein wenig heftig reagiert. Bitte entschuldigt. Aber dennoch ist es wichtig, dass wir unser Ziel so schnell wie möglich erreichen. Jede Stunde, die wir vertrödeln, kann weitere Menschenleben kosten."

      "Das sehe ich ein, aber es ändert nichts daran, dass vor allem unsere Pferde dieses mörderische Tempo nicht mehr lange durchhalten werden, und wenn wir sie verlieren, dann kommen wir erst recht langsam voran."

      Eibon seufzte. "Ich hätte Euch in Ai'Lith gerne ausgeruhte Tiere gegeben, aber Ihr wisst, dass kein Elbenpferd einen menschlichen Reiter duldet."

      "Gerade deshalb müssen wir unsere eigenen Pferde schonen, und außerdem auch unsere Leute", beharrte Maziroc unnachgiebig. "Alles wäre kein Problem, wenn wir nur etwas langsamer reiten und ein paar kurze Pausen mehr einlegen würden. Wir würden nicht einmal nennenswert viel Zeit verlieren, und wenn wir angegriffen würden, wären wir jederzeit kampfbereit. Gegenwärtig jedoch wäre kaum einer von uns in der Lage, einem überraschend auftauchendem Angreifer auch nur irgendwelchen nennenswerten Widerstand entgegenzusetzen."

      Mit einem Mal lächelte Eibon erneut.

      "Glaubt Ihr wirklich, das wüsste ich nicht?", entgegnete er. "Haltet Ihr mich wirklich für einen so schlechten König und Anführer?" Er schüttelte mit mildem Tadel den Kopf. "Wisst Ihr, Maziroc, im Grunde ist dieses ganze Gespräch unnötig. Das hätte ich auch Bayron erklärt, wenn Ihr nicht dazwischengekommen wäret. Von morgen an werden wir ohnehin langsamer vorrücken, weil mir das Gebiet allmählich zu unsicher für einen so raschen Vormarsch erscheint. Ich möchte nicht mit unserer ganzen Truppe in einen Hinterhalt reiten. Aus diesem Grund werde ich Scouts vorausschicken, die das Gelände erkunden. Währenddessen werden die Übrigen langsam nachrücken und genug Gelegenheit haben, sich zu erholen und frische Kräfte zu sammeln. So hatte ich es von Anfang an vor. Seid Ihr nun zufrieden?"

      "Und warum habt Ihr das dann nicht gleich gesagt?", fragte Maziroc, ohne auch nur zu versuchen, seine Verärgerung zu verbergen. "Dann hätten wir uns dieses Gespräch wirklich sparen können, und die Männer hätten erst gar nicht begonnen, an Euren Entscheidungen zu zweifeln."

      Eibon legte ihm die Hand auf die Schulter.

      "Nehmt es mir nicht übel", bat er. "Aber ich wollte hören, was und vor allem wie Ihr mir etwas zu sagen habt. Bayron muss im Interesse seiner Männer sprechen und übertreibt deshalb womöglich. Ihr jedoch habt keinen Grund dazu, und wenn Ihr trotzdem mit solchem Nachdruck darauf drängt, Pferde und Reiter zu schonen, dann scheinen wirklich die meisten am Ende ihrer Kräfte angelangt zu sein. Ihr Menschen seid wesentlich weniger belastbar als wir Elben, sodass es mir manchmal schwerfällt, Eure Grenzen zu erkennen."

      "Und deshalb ..."

      "Hören wir auf zu streiten", fiel Eibon dem Magier ins Wort. Einige Sekunden lang musterte er ihn prüfend. "Es gibt nur wenige, die es wagen, mich offen zu kritisieren oder auch nur meine Beschlüsse in Frage zu stellen", sagte er. "Euch jedoch scheint das nicht zu kümmern. Ungeachtet meines Ranges und meines Rufs widersprecht Ihr auch mir offen und geradeheraus, wenn Ihr anderer Meinung seid. Dafür verdient Ihr meinen Respekt und meine volle Hochachtung." Er schwieg einen Moment und schüttelte plötzlich den Kopf, als hätte er sich eine Frage gestellt und sie im gleichen Augenblick selbst beantwortet. "Ihr wart noch ein junger, hitzköpfiger Mann, als wir uns vor vielen Jahren das erste Mal begegneten, aber schon damals wusste ich, dass Ihr etwas ganz Besonderes seid. Ihr werdet es einmal weit bringen, Maziroc. Ich bin davon überzeugt, dass noch große Aufgaben auf Euch warten."

      Maziroc schwieg, was hätte er auch sagen sollen? Die Worte des Elben machten ihn lediglich verlegen. Er hielt sich keineswegs für etwas Besonderes, und es war auch nicht sein Ziel, große Taten zu vollbringen. Er bemühte sich lediglich, das in seinen eigenen Augen Richtige zu tun und gemäß seinen eigenen Wertmaßstäben zu leben. Schon früh hatte er erkennen müssen, dass man es ohnehin nie allen recht machen konnte, und seither ließ er sich nur noch selten von seiner Umwelt beeinflussen. Den einen war er zu reformfreudig, den anderen zu konservativ, den einen zu streitbar, den anderen zu zurückhaltend, den einen zu barsch, den anderen zu freundlich. Er kümmerte sich nicht darum und eiferte auch keinem anderen nach. Und was seinen Platz in der Geschichtsschreibung betraf, so hatte er erst vor wenigen Minuten festgestellt, wie wenig ihn dies bislang interessierte.

      "Vielleicht ist dies sogar schon eine dieser großen Aufgaben", fügte Eibon nach ein paar Sekunden nachdenklich hinzu, als er erkannte, dass Maziroc ihm nicht antworten würde. Er drehte sich halb herum, bis sein Gesicht direkt nach Süden gewandt war, und starrte so intensiv in die Dunkelheit, als ob er sie mit seinen Blicken durchdringen könnte. "Was erwartet uns bloß?", flüsterte er wie im Selbstgespräch, so leise, dass Maziroc ihn kaum verstehen konnte. "Was um alles in der Welt verbirgt sich dort draußen?"