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Für die rechtliche Beurteilung derartiger Nebenverpflichtungen muss im Einzelfall festgestellt werden, ob sie unselbstständig sind, d.h. der Verwirklichung des hauptsächlichen Vertragszwecks dienen, oder ob es sich um selbstständige Nebenverpflichtungen handelt.10 Handelt es sich um selbstständige Nebenverpflichtungen, so sind diese nicht nach Lizenzrecht zu beurteilen, sondern nach den Grundsätzen des Rechtsgebiets, aus dem diese Verpflichtungen stammen (z.B. Dienstvertragsrecht, Kaufrecht und dgl.).
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Bei Maschinen ist der Lizenznehmer oftmals nicht in der Lage, bestimmte Teile, vor allem Präzisionsteile, selbst herzustellen. Er muss diese vom Lizenzgeber beziehen. Um die Herstellung des Lizenzgegenstandes beim Lizenznehmer sicherzustellen, ist der Lizenzgeber daher zuweilen gezwungen, bestimmte Lieferpflichten zu übernehmen. Er muss dabei darauf bedacht sein, dass er keine Bindungen eingeht, die er nicht einhalten kann, weil er z.B. aufgrund einer guten Konjunktur den Anforderungen des Lizenznehmers nicht mehr nachkommen kann. Für die Verpflichtung zur Lieferung können bestimmte Kontingente oder ein bestimmter Produktionsanteil vorgesehen werden.11
In Fällen, in denen der Lizenzgeber glaubt, sich nicht in solcher Weise für längere Zeit festlegen zu können, bleibt nur die Möglichkeit, dem Lizenznehmer zuzusagen, dass er ihn bei der Lieferung gegenüber anderen Kunden nicht benachteiligen werde. Für die vom Lizenzgeber im Rahmen des Lizenzvertrags gelieferten Teile erhält der Lizenznehmer meist einen Vorzugspreis in der Weise eingeräumt, dass ihm ein Nachlass auf den Listenpreis des Lizenzgebers gewährt wird. Für Preisänderungen werden zum Teil Fristen festgelegt, während derer die alten Preise noch gelten.
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In die Verträge ist auch noch aufzunehmen, zu welchen Bedingungen der Lizenzgeber die Teile an den Lizenznehmer liefert. Hierbei ist besondere Sorgfalt auf die Ausgestaltung der Bestimmungen über die Mängelhaftung zu legen. Es kann schwierig sein festzustellen, ob die Mängel, die an der Maschine auftreten, auf Mängeln an den Teilen beruhen, die der Lizenzgeber geliefert hat, oder ob sie auf die Tätigkeit des Lizenznehmers zurückzuführen sind. Darauf hinzuweisen ist, dass Mängelhaftungsansprüche gegenüber dem Lizenzgeber nur der Lizenznehmer geltend machen kann, nicht dagegen der Kunde. Dieser steht gewöhnlich in keiner vertraglichen Beziehung zum Lizenzgeber, es sei denn, dass ausnahmsweise der Lizenzgeber vertragliche Verpflichtungen auch gegenüber dem Kunden übernimmt.12 Es empfiehlt sich, die Lieferbedingungen des Lizenzgebers und die des Lizenznehmers aufeinander abzustimmen, um eine reibungslose Abwicklung insbesondere bei auftretenden Mängelhaftungsansprüchen sicherzustellen.
4 Vgl. Rn. 13. 5 Vgl. Bartenbach, Rn. 1369 ff.; Pietzcker, Anm. 8 zu § 6; Rasch, S. 27; Reimer, PatG, Anm. 46 zu § 9; Benkard, PatG, Rn. 150 f. zu § 15. 6 Bartenbach, Rn. 1445; Pagenberg/Beier, S. 228 ff., 234 ff. 7 Vgl. dazu auch oben Rn. 113, 132. 8 BGH, 24.9.1979, GRUR 1980, 38. 9 Vgl. BGH, 24.9.1979, GRUR 1980, 39; Henn, Rn. 29. 10 Vgl. RG, 14.5.1935, GRUR 1935, 950. 11 Hinsichtlich der Abnahmeverpflichtungen des Lizenznehmers, die das Gegenstück dazu bilden, vgl. Rn. 197. 12 Vgl. Rn. 257 ff.
III. Pflichten des Lizenzgebers im Hinblick auf die Haftung
1. Haftung für Mängel bei Vertragsschluss
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Bei Lizenzen an geschützten Erfindungen hat der Lizenzgeber in aller Regel dafür einzustehen, dass das Schutzrecht z.Z. des Vertragsschlusses besteht und dass er zur Einräumung der Lizenz befugt ist. Er hat auch dafür einzustehen, dass die zugrunde liegende Erfindung nicht mit Rechten belastet ist, die die Benutzungsbefugnis des Lizenznehmers beeinträchtigen.13
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Neben der Haftung in Bezug auf das Schutzrecht hat der Lizenzgeber in aller Regel auch noch für die technische Ausführbarkeit und Brauchbarkeit der Erfindung einzustehen.14 Bei Lizenzverträgen, bei denen es sich um kein Schutzrecht handelt, steht die Haftung für die Erfindung selbst im Vordergrund. Aus den Umständen des Einzelfalls kann sich ergeben, dass der Lizenzgeber über die technische Brauchbarkeit hinaus auch für die Fabrikationsreife einzutreten hat.15
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Da es zweifelhaft sein kann, wofür der Lizenzgeber im Einzelnen einzustehen hat, lässt sich der Lizenznehmer Eigenschaften, die ihm besonders wichtig sind, häufig ausdrücklich zusichern. Für das Vorhandensein von zugesicherten Eigenschaften hat der Lizenzgeber in jedem Fall einzustehen.16
2. Haftung für Ereignisse, die während der Dauer des Lizenzvertrages auftreten
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Ereignisse, die während der Dauer des Lizenzvertrages auftreten und die das Benutzungsrecht des Lizenznehmers beeinträchtigen, haben meist zur Folge, dass die Lizenzgebühr entfällt oder gemindert wird, soweit kein Verschulden des Lizenzgebers vorliegt. Der Lizenzgeber hat in diesen Fällen in der Regel keinen Schadensersatz zu leisten. Bei nachträglichen Ereignissen, die einen Einfluss auf das Vertragsverhältnis haben, handelt es sich vor allem um solche, die das Schutzrecht betreffen, wie Nichtigkeitserklärung des Schutzrechts, Einschränkung des Schutzumfangs, Feststellung der Abhängigkeit, Feststellung eines Vorbenutzungsrechts, Erteilung von Zwangslizenzen und dgl.17 Nur wenn der Lizenzgeber schon bei Abschluss des Vertrages wusste, dass eine Beeinträchtigung des Schutzrechts droht und dies dem Lizenznehmer verschweigt, kann u.U. ein Anspruch auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen gegeben sein (culpa in contrahendo).18
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Im Übrigen hat der Lizenzgeber, soweit er nicht schon aufgrund seiner Gewährleistungspflicht oder wegen Verzugs haftet, in allen Fällen, in denen er seine sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen schuldhaft nicht erfüllt, aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung einzustehen.19
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Ist die Erfindung überholt oder ist eine Erfindung, der kein Schutzrecht zugrunde liegt, offenkundig, so entfällt die Verpflichtung zur Zahlung der Lizenz, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weiterzahlung rechtfertigen.20
3. Haftung des Lizenzgebers gegenüber Dritten für Produktmängel
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Die Rechtsprechung leitet die Haftung eines Herstellers gegenüber dem Letztverbraucher für defekte und gefährliche Produkte unter dem Stichwort der sog. Produzentenhaftung aus der Vorschrift des § 823 Abs. 1 BGB ab. Grundgedanke ist hierbei eine Gefahrenabwendungspflicht des Herstellers, insbesondere im Hinblick auf Konstruktions-, Fabrikations- und Instruktionsfehler.