Da daher Weisungs- und Kontrollrechte des Lizenzgebers hinsichtlich der vorzunehmenden Werbung nicht ohne Weiteres anzunehmen sind, wird in Lizenzverträgen verschiedentlich vorgesehen, dass für die Werbung ein fester Betrag oder ein feststehender Prozentsatz vom Verkaufswert zu verwenden ist.121
4. Verletzung der Ausübungspflicht
163
Die Ausübungspflicht ist, soweit sie besteht, in der Regel eine Hauptpflicht. Erfüllt der Lizenznehmer seine Ausübungspflicht nicht, so kann ihm der Lizenzgeber eine Frist setzen mit der Erklärung, dass er nach Ablauf der Frist die Annahme der Leistung verweigere.122 Läuft die Frist fruchtlos ab, so wird man dem Lizenzgeber das Recht einräumen müssen, nach seiner Wahl entweder Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen oder den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen.
Ist der Lizenznehmer während längerer Zeit seiner Ausübungspflicht nicht nachgekommen, so ist dem Lizenzgeber nicht damit gedient, dass er dem Lizenznehmer eine Frist setzt mit der Aufforderung, zu erfüllen. Der Lizenznehmer kann in diesem Fall seiner Aufgabe nur für die Zukunft gerecht werden. Für die bereits verstrichene Zeit ist die Erfüllung dagegen unmöglich. Dies kann auch nicht durch die Aufnahme der Produktion für die Zukunft wieder gutgemacht werden. Das Reichsgericht hat daher in einer Entscheidung123 für die Jahre, während derer der Lizenznehmer seiner Ausübungspflicht nicht nachgekommen war, Schadensersatz wegen nachträglicher vom Schuldner zu vertretender Unmöglichkeit zugesprochen.124 Es handelt sich hier nur um eine teilweise Unmöglichkeit, weil die Primärleistung für die Zukunft noch möglich ist. Eine teilweise Kündigung des Vertrages, durch die der in § 325 BGB a.F. vorgesehene Rücktritt ersetzt wird, ist wohl auch nach dem neuen, ab 1.1.2002 geltenden Schuldrecht (§§ 543 Abs. 1, 314 BGB n.F.) nicht möglich, weil dies dem Vertragszweck widerspräche. Es handelt sich beim Lizenzvertrag um einen einheitlichen Vertrag, der sich nicht in Teile zerlegen lässt. Dagegen kann der Lizenzgeber, wenn er an der Teilleistung, also der Herstellung und dem Vertrieb, für die Zukunft kein Interesse mehr hat, Schadensersatz statt der Leistung fordern und den ganzen Vertrag kündigen, wobei wiederum das Kündigungsrecht an die Stelle des in § 325 BGB a.F. vorgesehenen Rücktrittsrechts tritt bzw. trat (§§ 323, 280, 281, 325, 543 Abs. 1, 314 BGB n.F.). Bisher (bis 31.12.2001) konnte nur Schadensersatz verlangt werden oder (!) Rücktritt bzw. Kündigung erfolgen. Ein Wegfall des Interesses an der Primärleistung kann z.B. dann gegeben sein, wenn der Lizenznehmer seinen Verpflichtungen während langer Zeit nicht nachkommt und zu befürchten ist, dass sich das Erzeugnis nicht mehr durchsetzen kann. Ist streitig, ob die Unmöglichkeit der Leistung die Folge eines vom Schuldner zu vertretenden Umstands ist, so trifft die Beweislast den Schuldner.125
Soweit eine Ausübungspflicht ausdrücklich im Vertrag vereinbart wird, ist es auch möglich, die Erfüllung dieser Verpflichtung durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe abzusichern.126 Hier sollte dann die Mindestmenge festgelegt werden, die der Lizenznehmer zu produzieren hat, und in eindeutiger Weise eine Vertragsstrafe definiert werden.
5. Wegfall der Ausübungspflicht
164
Die Ausübungspflicht findet ihre Grenze an der Unzumutbarkeit der Ausübung der Lizenz. Die Rechtsprechung hat wiederholt betont, dass die Beurteilung einer Ausübungspflicht in besonderem Maße dem Grundsatz von Treu und Glauben unterliegt.127 Die Ausübungspflicht entfällt daher dann, wenn es dem Lizenznehmer nicht zugemutet werden kann, sie zu erfüllen, oder aber es aus wirtschaftlichen Gründen für den Lizenznehmer unzumutbar ist, den Lizenzgegenstand herzustellen oder zu vertreiben.128 Eine Grenze für die Zumutbarkeit der Ausübungspflicht ist nach dem Bundesgerichtshof insbesondere dann gegeben, wenn der Lizenznehmer bei der Ausübung der Lizenz nur noch „mehr oder weniger unverkäuflichen Schrott produzieren“ und „sehenden Auges dem Ruin entgegenwirtschaften“ würde. Für die Frage, ob ein Lizenznehmer durch die Nichtausübung der Lizenz gegen den Vertrag verstößt und sich schadensersatzpflichtig macht, ist daher entscheidend, ob eine wirtschaftlich sinnvolle Verwertung des Lizenzgegenstandes möglich ist.129 Ist eine solche nicht möglich, entfällt eine vertraglich übernommene Ausübungspflicht ohne Rücksicht darauf, ob der Lizenznehmer den Lizenzvertrag gekündigt hat.
165
Die Beurteilung der Zumutbarkeit setzt eine gründliche Prüfung der Absatzmöglichkeiten des Lizenzgegenstandes voraus, die sich neben einer Marktanalyse auch mit der Frage auseinandersetzen sollte, ob der Lizenznehmer alle zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft hat, den Lizenzgegenstand technisch zu vervollkommnen, rationeller zu fertigen und ob er die den Preis rechtfertigenden Gebrauchsvorteile werbemäßig ausgenutzt hat.130 Dabei trägt der Lizenznehmer ggf. die Beweislast für das Vorliegen der Unzumutbarkeit.131
Hinsichtlich der Auswirkungen eines Wegfalls der Ausübungspflicht auf eine ggf. vereinbarte Mindestlizenz ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.132
93 Vgl. oben Rn. 103 ff. 94 Vgl. BGH, 17.4.1969, BGHZ 52, 55, 58; OLG München, 10.1.1985 „Steinmetzbrot“, WuW/E 1985, 917; OLG Düsseldorf, 14.7.1987, „Stützwinkelpatent“, WuW/E 1985, 900; BGH, 20.7.1999, GRUR 2000, 138 ff.; Reimer, PatG, Rn. 55 zu § 9; siehe auch die Überblicke bei Henn, Rn. 277 ff. m.w.N.; Benkard, PatG, Rn. 134 ff. zu § 15; vgl. auch OLG Köln, 14.11.1994, CR 1995, 340 f., bzgl. der Pflicht des Leasinggebers zur bestmöglichen Verwertung des Leasinggutes und Coster, GRUR 1996, 905 ff., zur Ausübungspflicht bei Auftragswerken im niederländischen Urheberrecht. 95 Vgl. Lüdecke, GRUR 1952, 211; Bartenbach, Rn. 1895 ff. 96 Vgl. Pinzger, MuW 1910, 238 ff.; Wertheimer, GRUR 1930, 581. 97 Vgl. Rn. 13 ff. 98 Vgl. Elster, JW 1933, 2509; Klauer/Möhring, PatG, Rn. 78 zu § 9; Reimer, PatG, Rn. 55 zu § 9; Wertheimer, GRUR 1930, 578; KG, 8.5.1935, GRUR 1935, 892; RG, 3.10.1936, GRUR 1937, 37. 99 Zum Begriff vgl. Rn. 36, 38. 100 Benkard, PatG, Rn. 134 zu § 15; Isay, 347; Kohler, S. 508; Lüdecke, GRUR 1952, 211; Schade, S. 31, mit zahlreichen Literaturangaben; Tetzner, Anm. 20 zu § 9; Henn, Rn. 277 ff.; Pagenberg/Beier, S. 236 ff.; a.M. Rasch, S. 55, und GRUR 1937, 1; BGH, 20.7.1999, WRP 1999, 1297 ff. 101 Vgl. KG, 3.9.1938, GRUR 1939, 66; siehe auch RG, 14.5.1935, GRUR 1935, 590, wo die Ausübungspflicht für eine ausschließliche Lizenz, die allerdings auf einen begrenzten Bezirk beschränkt war, verneint wurde; vgl. auch BGH, 17.4.1969, BGHZ 52, 55, 58; OLG Frankfurt a.M., 19.6.1992, BB 1992, Heft 28, IV, wonach der Abnehmer eines Lizenz- und Vertriebsvertrags über Computersoftware eine Hauptpflicht (!) verletzt, wenn er die Abnahme der vereinbarten jährlichen Mindestmenge grundlos verweigert; BGH, 20.7.1999, GRUR 2000, 138 ff. 102 Schade, S. 39, 40. 103 Zum Begriff vgl. Rn. 39. 104 Vgl. Bechert, S. 31 (Widerspruch, 18); Groß, GRUR 1951, 369; Rasch, S. 39; Schade, S. 34; etwas abgeschwächt wird diese Auffassung auch von Tetzner, Anm. 20 zu § 9 PatG; siehe auch Henn, Rn. 278 f.; Pagenberg/Beier, S. 386 ff.; Benkard, PatG, Rn. 135 zu § 15; Bartenbach, Rn. 1899; vgl. auch OLG Frankfurt a.M., 19.11.1992, CR 1994, 156 ff., zu Mindestabnahmepflichten bei nichtausschließlichen Softwarevertriebslizenzen. 105 Klauer/Möhring, PatG, Rn. 96 zu § 9; Reimer, PatG, Rn. 55 zu § 9; so inzwischen auch BGH, 24.9.1979, GRUR 1980, 38 = Mitt. 1980, 35 = IIC 11, 503. 106