An einem Toilettentisch in einer Ecke saß eine Frau und frisierte sich, und bei seinem Erscheinen wandte sie den Kopf.
„Guten Tag“, sagte sie. „Sie sind doch bestimmt Toby Weston.“
„Ja“, antwortete Toby verwundert. „Aber wer sind Sie?“
„Ich bin Sophie“, lächelte sie, und als sie Tobys verständnislosen Blick sah, fügte sie hinzu: „Die Schwester von Celina.“
„Celina?“
„Baronesse Celina von Finkenstein. Die Hausherrin.“
„Ach ja, die Baronesse. Ich wusste gar nicht, dass sie eine Schwester hat.“
„Sie redet nicht darüber, nicht, weil sie sich meiner schämt, sondern weil sie das Leben, das ich führe, missbilligt.“
„Wirklich?“
„Ach, es ist nicht das, was Sie vielleicht denken. Ich bin das erste Mal hier zu Besuch. Jahrelang habe ich in einem Kloster gelebt, und jetzt habe ich beschlossen, den Schleier zu nehmen, und Celina ist wütend auf mich.“
„Ich glaube, ich kann die Wut verstehen“, meinte Toby, während er ein Paar Beine mit perfekt geformten Waden betrachtete.
„Gehört der Hund Ihnen?“
„Oh nein“, lachte sie. „Er heißt Percy und gehört Celina. Ist er nicht süß?“
„Ja“, sagte Toby in einem Ton, der andeutete, dass er kein großer Hundefreund war. Als der Hund sich mit der Hinterpfote kratze, entblößte er einen schlauchförmig aussehenden Penis.
„Und er ist so sanft, so liebevoll.“
„Was Sie nicht sagen!“
„Oh doch, er würde keiner Fliege ein Leid antun. Nachts liebt er es, sich wie ein Baby an mich zu kuscheln. Man muss ihn streicheln und liebkosen, sonst wird er traurig und mürrisch.“
Percy der Hund blickte Toby den Frauenverführer wie ein missvergnügter alter Wüstling an.
„Er scheint nicht genug Schlaf zu haben, oder vielleicht braucht er Vitamine.“
„Das glaube ich auch“, sagte Sophie. „Vielleicht sind aber auch die fremden Leute im Hause daran schuld. Er ist nicht daran gewöhnt.“
„Sind denn so viele Gäste hier?“, fragte Toby überrascht.
„Ja, Dutzende. Sie sind gestern Abend spät gekommen.“
„Lauter Gäste?“
„Sozusagen. Ich glaube, es wird wieder so eine blöde Party veranstaltet. Da Celina seit ein paar Monaten nicht mehr auf eine solche Party geht, habe ich Karl gesagt, ebenfalls nicht zu erscheinen. Da hat er mir eine solche Szene gemacht, dass wir uns schließlich auf einen Kompromiss geeinigt haben. Ich habe mir von meinem Schwanger die Erlaubnis geben lassen, während meines Aufenthalts hier einige der Nonnen einzuladen, sonst könnte ich vielleicht den Schleier nicht nehmen.“
Sie war mit dem Kämmen fertig, stand auf und zeigte eine Figur, die Tobys Blut in Wallung brachte. Die Art, wie ihre Hinterbacken hin und her schwangen, als sie durch das Zimmer ging, hätte viele Heilige zu Sündern werden lassen. Percy der Hund beobachtete Toby den Frauenverführer mit Falkenaugen.
„Meinen Sie nicht, dass der Hund etwas Bewegung braucht? Ein großer Junge wie er muss auf dem Rasen herumtollen, sonst verkümmern seine Muskeln.“
„Da haben Sie wohl recht. Ich werde den Butler rufen.“
Percy der nun trotzige Hund ließ sich von einem noch widerwilligeren Henri nur widerstrebend hinausführen, und als er draußen war, atmete Toby auf.
„Sie haben also eine Heimat im Kloster gefunden?“
„Ich bin dort sehr glücklich“, antwortete Sophie.
„Und denken Sie nie mehr an Männer? Nur ein ganz klein bisschen?“
„Ach“, sie wurde rot, „wissen Sie, das dürfen wir nicht.“
„Aber trotzdem hin und wieder einmal?“
„Manche der Mädchen tun es, aber dann müssen sie es beichten und werden natürlich ausgepeitscht.“
„Wie furchtbar“, rief Toby. „Solche zarten Geschöpfe werden wirklich ausgepeitscht?“
„Ach, das ist nicht so schlimm. Einige der Mädchen behaupten nur, sie hätten unzüchtige Gedanken gehabt, um geschlagen zu werden.“
„Es gibt schon recht merkwürdige Frauen auf dieser Welt“, murmelte Toby.
„Sind Sie noch nie geschlagen worden?“, fragte Sophie erstaunt.
„Nein. Ich bin mehr der Part, der die Peitsche in der Hand hält.“
„Ich fand es recht angenehm.“
Das Weibergeplapper begann Toby zu langweilen. Jeder Kenner hätte einem sofort gesagt, dass es um das Mädchen jammerschade war. Sie lernte, ihre natürlichen Triebe unter der heuchlerischen Laszivität des Klosters zu verbergen. Man musste dieses Mädchen unbedingt retten, und zwar schnell.
Nach einem weiteren sinnlosen Geplauder, verabschiedete sich Toby leicht genervt. Man kann sich sein Missvergnügen vorstellen, als er in die Bibliothek des Barons kam und dort zwei Nonnen fand, die in den Büchern stöberten.
Sie verneigten sich respektvoll und lächelten kühl, und als Toby die Frauen genauer betrachtete, sah er zu seiner Überraschung, dass sie gar keine getrockneten Feigen waren, sondern einen zarten rosa Teint und schön geformte Lippen hatten.
Und so sagte er sich, dieser Tag müsse offenbar religiösen Fragen gewidmet werden, und begann ein Gespräch mit ihnen. Wie sich herausstellte, waren es Schwester Hildegard und Schwester Augusta, zwei von denen, die Sophie überwachen sollten.
Toby unterhielt sich angeregt mit den beiden Nonnen, und dann erbot er sich, sie durch die herrliche Burg zu führen. Das freute die Frauen, denn diese stickige Bibliothek langweilte sie sichtlich.
Toby kannte die Burg ebenso wenig wie die Nonnen, und so führte er sie in sein Zimmer.
„Ich dachte, es wäre nett, wenn wir vor unserem Rundgang eine Tasse Tee trinken“, sagte Toby.
Dann klingelte er nach dem Butler und gab die Bestellung auf.
„Nun, ich muss sagen“, fuhr Toby fort, „ich bewundere das Opfer, das ihr Mädchen gebracht habt. Zumal ich das selber nie fertigbrächte.“
„Ach, da irren Sie sich“, rief Schwester Hildegard. „Das kann jeder.“
„Vielleicht“, antwortete Toby, „aber nicht ich. Ich glaube, ich bin viel zu schwach.“
Er vergrub seinen Kopf in den Händen und wirkte wohl wie das verlorenste aller Geschöpfe, die je vom rechten Weg abgekommen sind. Sie nahmen die Spur auf wie zwei Bluthunde der Inquisition.
„Für die Rettung ist es nie zu spät“, sagte Schwester Augusta.
„Sie haben gut reden“, entgegnete Toby bekümmert, „denn Sie haben der Versuchung erfolgreich standgehalten und sie besiegt, aber ich bin der Sklave meines Fleisches.“
„Haben Sie es wirklich einmal richtig versucht? Haben Sie sich selber einmal eine Chance gegeben?“, beharrte Schwester Hildegard.
„Wie könnte ich es versuchen? Andere waren sogar noch schwächer als ich, noch verderbter. Sie durchschauten mich, wussten, wie sie mich verführen konnten.“
Schwester Hildegard musterte Toby einen Augenblick sehr ernst und flüsterte dann ihrer Nonnen-Freundin etwas ins Ohr. Dann musterte ihn auch Schwester Augusta und flüsterte ebenfalls etwas. Dann wurde es eine richtige Debatte zwischen den beiden, während er dort vor ihnen saß und mit düsterer Miene auf seine Schuhe starrte.
Hin und wieder