Engelslügen. Samantha O. Collins. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Samantha O. Collins
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783742757944
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sehen kann oder?«, fragte sie.

      »Ich sage es nicht gern, aber wenn man es will, kann man seine wahre Gestalt jedem zeigen, aber immer nur für einen Moment«, gab er ihr Hoffnung. Manakel reichte ihr einen langen schwarzen Mantel aus Fischleder. »Pass mit Nylon auf, da kommen deine Flügel nicht so leicht durch wie bei allen anderen Materialien.«

      Tatsächlich bemerkte sie, wie ihre Flügel durch das Leder glitten, so als wäre er gar nicht da. Eingehüllt in ihr neues Outfit, bestehend aus einem schwarzen Tanktop, schwarzer Hot-Pan, Kniehohen schwarzen Lederstiefeln mit Messerfach und dem Mantel, der sich perfekt um ihre Taille legte. Wirkte sie plötzlich nicht mehr wie ein Mauerblümchen, sondern wie eine rothaarige Amazone.

      Sorgenvoll erblickte Olivia um das Zelt des Schamanen verteilt andere Nephilim. Obwohl Manakel sagte, dass Engel die Nephilim töten wollten, schien sie seine Präsenz nicht zu stören. Der Engel bemerkte ihre Unsicherheit und klopfte ihr freundlich auf die Schulter.

      »Sie sind im Kreis. Der Kreis ist eine Verbindung von Nephilim, Engeln und Dämonen, die sich dem Frieden verschrieben haben. Sie werden dir nichts tun. Dieser Ort hier …« Er hob den Arm und machte eine ausladende Geste. »… ist vom Himmel nicht zu sehen. Unser trautes Heim. In der Menschenwelt nennt man es auch den Limbus!«, beruhigte er sie und ging wieder zum Schamanen.

      Limbus?, hallte es durch ihre Gedanken. Verdammt das heißt doch Vorhölle!, fiel es ihr ein. Und das nennt er trautes Heim? Ganz toll, ganz toll!

      Vom Engel noch unbemerkt, schlich sich Gabriel an sie heran. Vorsichtig streifte er sie an der Schulter. Alarmiert drehte Olivia sich um und sah ihm direkt in seine grünen Augen.

      »Du? Was willst du?«, giftete sie ihn an.

      »Mich entschuldigen. Es tut mir leid, ich hätte das nicht tun dürfen!«

      Manakel bemerkte ihn und lud einen bläulich funkelnden Blitz in seine Hand und streckte sie ihm entgegen. Noch bevor er ihn aus seiner Hand entlassen konnte, drückte der Schamane sie hinunter und die Entladung versank knistend im Boden. Wutschnaubend blickte Manakel den Schamanen an. Er ballte seine Fäuste und packte den Indianer an der Kehle. Der Schamane hingegen lächelte. Es war kein spöttisches oder herablassendes Lächeln. Es schien ein Lächeln für die Erfüllung einer Erwartung zu sein. Der Medizinmann reckte seinen Hals und flüsterte dem zornigen Manakel etwas ins Ohr. Manakel nickte, ließ von ihm ab und schaute finster zu dem jungen Nephilim, der mit stolz aufgeblasener Brust neben Olivia stand. Wieder flüsterte der Schamane etwas in sein Ohr, und diesmal schien die Miene des Engels noch finsterer zu werden, als sie schon war.

      Unbehagen machte sich in Olivia breit und sie spürte wie die Selbstsicherheit, die sie gerade erst mit ihren neuen Kleidern gewonnen hatte, schwand.

      »Du hast eine Schuld zu begleichen!«, raunte Manakel.

      Erst war sie sich nicht sicher, wen er meinte, doch dann bemerkte sie, dass er noch immer auf Gabriel starrte und ihn mit seinem Blick fixierte. Erstaunt schaute nun Gabriel den Medizinmann an, der noch immer ein Lächeln im Gesicht trug.

      »Dein Onkel hat es mir eben erzählt. Die Strafe für Verrat ist Dienerschaft oder Tod!«, klärte Manakel ihn auf.

      »Onkel …«, rief er. »Ich habe mich schon bei ihr entschuldigt!«, verteidigte er sich.

      »Begleiche deine Schuld und du hast eine reine Seele«, kommentierte sein Onkel.

      »Was verlangt ihr von mir?«, wandte sich Gabriel an den Engel.

      »Nun …« Manakels Mund, den er gerade noch vor Zorn zusammengepresst hatte, verwandelte sich nun zu einem vergnügten Grinsen. »… du wirst sie ausbilden und trainieren! Und du solltest dir Mühe geben, denn fortan, ist dein Leben mit ihrem verknüpft! Stößt ihr etwas zu, so wird dich dasselbe Schicksal ereilen!« Verdutzt schaute Olivia ihren Beschützer an.

      »Was er? Er wollte mich ausliefern. Von diesem Lügenbold lasse ich mir nichts beibringen!«, protestierte sie.

      »Doch das wirst du, wenn du am Leben bleiben möchtest und deine Familie beschützen willst! Dein eigentlicher Ausbilder ist nicht verfügbar! Also wird er es übernehmen müssen! Gabriel kann dich lehren zu überleben. Keine Sorge, seine Kräfte sind stark, wenn er sie für die richtigen Dinge einsetzt!«

      Feixend wandte er sich Gabriels Onkel zu und drehte sich mit einem roten Schal wieder um. »Nehmt euch bei der Hand!«, forderte er die beiden auf.

      Olivia dachte nicht daran ihm die Hand zu reichen. Bis der Engel sie eindringlich, aber höflich, erneut dazu aufforderte. »Bitte Olivia reiche ihm die Hand, damit das Ritual durchgeführt werden kann! Er wird dir nichts mehr tun. Er war dumm! Er glaubte, mit der Auslieferung eines anderen Nephilim, könnte er sich Freiheit in der Menschenwelt erkaufen. Sie hätten ihn auf der Stelle getötet, wäre er zu ihnen gegangen. Hier im Kreis, ist die Strafe für Verrat, die Dienerschaft!«

      Manakel band den Schal um die Hände und der Schamane führte einen Tanz mit unverständlichen Rufen auf. Gabriel wirkte überaus angespannt, da er im Gegensatz zu Olivia, die Beschwörungsformeln zur Bindung des Lebens, kannte.

      »Wir sind jetzt aber nicht so was wie verheiratet? Oder?«, klang ihre Stimme besorgt.

      »Tatsächlich ist dieses Ritual dem einer Bindung von Partnern sehr ähnlich. Nur mit dem winzigen Unterschied, dass die nicht beim Tod des anderen auch sterben«, klärte Manakel sie auf.

      »Und ich dich mit Sicherheit nicht küssen werde!«, Kommentierte Gabriel die Ausführung von Manakel.

      Gabriel holte sich ein paar Sachen aus dem Zelt seines Onkels, schnürte es zu einem Paket zusammen und band es sich auf den Rücken. Böse funkelte er seinen Onkel an, in seinem Blick lagen so viele vorwurfsvolle Worte, dass Olivia sie fast hören konnte. Eilig trat er an Olivia vorbei und streifte sie absichtlich, so, dass sie ins Straucheln geriet. Hustend machte der Engel darauf aufmerksam, dass er es mitbekommen hatte, also ließ er sich wieder hinter sie fallen.

      Schwerfällig war der Weg, den sie vom Platz des Kreises zur Höhle nehmen mussten. Auf Olivias Frage, warum sie nicht genauso über ein Portal wieder zurückkehren konnten, reagierte Manakel verächtlich.

      »Training Menschenkind, oder glaubst du, egal wo du hinkommst, wird dich immer ein Portal retten können?« Er verschwieg ihr, dass es für dieses Portal nur eine Richtung gab und man, wenn man zurück wolle, immer fliegen oder in diesem Fall, laufen musste. Üblich waren in der Regel ein Portal zum gehen und eines zum kommen. Große dauerhafte Portale funktionierten in beide Richtungen, sofern sie nicht blockiert wurden. Doch eines zum kommen, könnte auch ungebetene Gäste auf den Plan rufen. Gabriel schien das Verschwiegene zu wissen und schaute genervt zu ihr.

      »Wenn du wenigstens fliegen könntest, dann …«, weiter sprach er nicht, da er den Zorn des Engels bemerkte.

      »Dann weißt du ja, was du ihr als Erstes beibringen kannst!«, entgegnete Manakel.

      Sie durchquerten eine Wüste in sengender Hitze, hin und wieder wurde die karge Landschaft von einigen Felsen durchbrochen. Die Sonne schien immer an der gleichen Stelle wie festgeschraubt zu stehen und brannte unerbittlich auf die Drei Gefährten nieder. Nur dem Engel schien es nichts auszumachen. Wie viele Stunden sie seit ihrer letzten Rast durch die trostlose Einöde marschiert waren, konnte sie nicht mehr abschätzen. Es mussten jedoch einige gewesen sein, da ihre Füße erbarmungslos brannten und Blasen die Haut aufblähten. Endlich schien es auch Manakel die Kräfte zu rauben, und er beschloss, ein Lager aufzustellen. Die Sonne so erklärte er, geht in diesem Teil des Limbus niemals unter. Olivia bekam es kaum mehr mit und schlief schon, während die beiden Männer das Zelt aufstellten.

      Erholt wachte sie auf und sah Gabriel noch fest schlafen. Manakel hingegen schien nach wie vor nicht schlafen zu müssen. Er saß im Schneidersitz und beobachtete die Umgebung. Erwartet er jemanden? Sie wand sich wieder ihren Füßen zu. Sie zog vorsichtig einen Strumpf aus und schaute zu der Stelle, wo Stunden vorher noch viele Blasen waren. Statt der schmerzenden Wunden strahlte ihr rosafarbene Haut entgegen.

      Diese Turboheilung hat was! Zufrieden