Geheimnis Schiva 2. A. Kaiden. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: A. Kaiden
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748577348
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      „Beira, wo liegt Beira?“

      „Ich weiß es nicht.“

      „Sagen Sie mir, wo liegt Beira?“

      Lara stöhnte innerlich auf. Er war wie eine Zecke, die einfach nicht locker ließ.

      „Keine Ahnung. Vielleicht in Arabien oder Afrika?“

      „Afrika ist schon mal nicht ganz verkehrt. Kommen Sie her. Zeigen Sie mir, wo genau Beira liegt.“

      Mit diesen Worten stand er auf und positionierte sich vor der aufgehängten Weltkarte und suchte selbst nach dem Ort. Als Lara keine Anstalten machte, aufzustehen, drehte er sich zu ihr um und funkelte sie auffordernd an. Sie kannte das bereits. Wenn sie nicht genau wüsste, dass er diese erniedrigenden Spielchen auch mit gleichgestellten Kollegen durchführte, würde sie es Mobbing nennen. Doch da er keine Unterschiede machte, konnte sie mit dem Argument schlecht kommen. Andererseits hatten die restlichen Kollegen Glück, nicht ganze Stunden oder gar Tage und Wochen mit ihm aushalten zu müssen. Sie warf einen flüchtigen und sehnsüchtigen Blick zur Tür, aber niemand trat ein, um sie aus der peinlichen und unangenehmen Lage zu retten. Langsam stand sie auf, nachdem er wiederholt drängte, und schlurfte zögernd zur Landkarte. Ihre Augen hafteten am afrikanischen Kontinent, allerdings konnte sie den Ort nirgends entdecken. Herr Stanza wurde sichtlich ungeduldiger.

      „Na, wo befindet sich jetzt Beira? Können Sie es nicht finden? Ich weiß, wo es ist.“

      Lara schloss kurz die Lider. Dass der Mann dermaßen hartnäckig mit seinen Sticheleien sein musste. Es war wirklich zum Kotzen.

      „Suchen Sie immer noch? Wo liegt Beira? Kommen Sie schon.“

      Sie wandte sich ihm nicht zu. Sein selbstgefälliges und siegessicheres Grinsen würde sie jetzt nicht ertragen.

      „Nein, ich finde die Stadt tatsächlich nicht“, gestand Lara niedergeschlagen und senkte den Kopf.

      „Ha! Haben Sie überhaupt richtig geschaut? Versuchen Sie es nochmal.“

      Sie seufzte und tat so, als würde sie abermals nach dem Ort suchen. Allerdings war sie zu aufgeregt und hatte bereits aufgegeben, sodass sie sich nicht wirklich auf die Landkarte konzentrieren konnte. Nach einer weiteren Minute, die sich wie Stunden anfühlte, in der Herr Stanza sie mit seinem Blick durchbohrte, schüttelte sie schließlich den Kopf.

      „Nein, tut mir leid. Ich finde es nicht.“

      „Hier – hier liegt Beira! Sehen Sie?“

      Dabei tippte er penetrant mit dem Finger auf der Karte herum und Lara nickte. Dann ging sie ernüchtert an ihren Platz zurück, um die Arbeit an der Packliste fortzuführen. Erleichterung stellte sich allerdings keine ein. Sie hoffte nur, dass er es für heute dabei belassen und wenigstens der restliche Tag ohne weitere Probleme verlaufen würde.

      *

      Ihre Augen schweiften sehnsüchtig auf den rechten unteren Rand des Bildschirms. Nur noch zehn Minuten bis zum Feierabend. Unglaublich, wie sich die Zeit ziehen konnte, wenn man auf etwas wartete. Sie traute sich nicht, früher zu gehen. Frau Fünder würde das bestimmt mitbekommen – sie bekam einfach alles mit – und dann würde sie sie verpetzen. Lara blieb zwar ab und an auch ein paar Minuten länger, doch das wurde natürlich nicht gesehen und gewertet. Dummerweise besaß die Firma auch keine Stechuhren, sodass ihr nichts anderes übrig blieb, als zu warten. Da Herr Stanza in einem Termin war, beschloss sie, schon einmal ihre Sachen ganz langsam zu verstauen, um dann pünktlich auf die Minute zu gehen. In dem Moment schlenderte ihr Ausbilder in ihr Büro und lehnte sich mit verschränkten Armen an den Türrahmen.

      „Ich bin wirklich enttäuscht von dir. So was darf nicht mehr vorkommen.“

      Lara schluckte. War das jetzt sein Ernst? Kam er schon wieder mit Schuldvorwürfen? Den ganzen Tag, wenn sie sich begegnet waren, hatte er geseufzt und demonstrativ den Kopf geschüttelt. Und nun durfte sie sich die Leier erneut anhören? Sie hatte sich doch entschuldigt. Was wollte er noch? Sollte sie etwa auf Knien vor ihm rutschen? Bestimmt nicht!

      Sie nickte nur stumm und tat beschäftigt. Hoffte, er würde sie in Ruhe lassen und endlich gehen. Er tat es nicht. Stattdessen starrte er sie weiterhin an und schüttelte seinen Kopf mit einem schuldzuweisenden Blick.

      „Das hätte ich wirklich nicht von dir gedacht. Schlampiges Arbeiten geht hier einfach nicht. Das wirft ein schlechtes Licht auf unser Unternehmen und kann unserem Ruf immens schaden.“

      Lara zuckte zusammen und ihr Körper begann zu zittern. Unterdrückte und aufgestaute Wut des gesamten Tages schoss in ihr hoch und wollte herausbrechen. Irgendwann musste doch mal wieder gut sein. Wie lange wollte er ihr den Fehler noch vorhalten? Bis zum Ende ihrer Ausbildung? Und dann war sie es nicht einmal gewesen, die etwas falsch gemacht hatte. Es reichte. Sie hatte genug. Entschlossen stand sie auf und ballte ihre Hände zu Fäusten. Ihr Blick traf den seinen und ihr Zorn wuchs mit den Vorwürfen, die sie in seinen Augen lesen konnte. Genug war genug. Dieses Theater machte sie nicht länger mit. Sie musste sich nicht alles gefallen lassen. Auszubildende hin oder her.

      „Herr Probst, ich habe mich vorhin entschuldigt. Mehr kann ich nicht tun.“

      „Dennoch bleibt die Tatsache, dass es gar nicht erst hätte passieren dürfen, bestehen. In meiner Ausbildung hätte ich mir solche Fehler nicht erlauben dürfen.“

      Lara schluckte und Tränen schossen ihr in die Augen. Sie wollte ihre Kollegin nicht verpetzen, jedoch hatte sie auch nicht vor, sich für den Fehler in alle Ewigkeiten tagtäglich verantworten zu müssen. Eine unsichtbare Fessel legte sich um ihren Magen und zog sich zu, sodass er krampfte.

      „Natürlich, aber ich habe mich schon mehr als einmal entschuldigt und ich kann es nicht rückgängig machen. Zumal nicht einmal ich den Fehler begangen habe, sondern eine Kollegin. Deshalb hören Sie bitte endlich damit auf.“

      Er zog erstaunt eine Augenbraue in die Höhe und richtete sich auf.

      „Du warst das nicht? Und das sagst du erst jetzt? Welche Kollegin war es dann?“

      „Ist das nicht egal? Ich möchte niemanden verraten, doch ich möchte mir auch nicht die gesamte Zeit Vorwürfe anhören für etwas, das ich nicht verbrochen habe. Ja, mein Fehler war es, den Brief nicht nachher rauszunehmen und auszutauschen. Trotzdem …“ Lara stockte. Sie ahnte, dass er sich damit nicht zufriedengeben würde und sie hatte recht.

      „Du musst mir schon sagen, welche Kollegin das war. Ich werde dich vorher nicht gehen lassen.“

      „Aber …“

      „Kein aber. Entweder du nennst mir ihren Namen oder du trägst weiterhin die Schuld.“

      Lara biss sich auf die Unterlippe. Der körperliche Schmerz half etwas dabei, den seelischen abzumildern. Aus der Nummer kam sie nicht mehr raus. Sie hatte angefangen zu beichten und nun musste sie es zu Ende bringen. Auch wenn sie das nicht wollte, und sie wollte es absolut nicht.

      „Ich höre. Wer war es?“

      Seine Stimme war unerbittlich und resolut. Ein dicker Kloß setzte sich in ihrer Kehle fest und machte ihr das Sprechen fast unmöglich.

      „Muss das wirklich sein? Ich möchte nicht, dass sie Ärger bekommt“, druckste Lara und scharrte nervös mit ihrem Fuß auf dem Boden.

      „Du sagst mir jetzt augenblicklich, wer es war oder ich muss davon ausgehen, dass du lügst!“

      Die Geduld ihres Ausbilders war am Ende. Lara schluckte und kämpfte mit aller Kraft die Tränen zurück. Die Unterstellung war zu gemein.

      „Ich lüge nicht. Es … es war Frau“, sie stockte und sah Herr Probst flehend an, aber vergebens. Er würde nicht aufhören zu bohren. Sie saß in der Falle. „Frau Baumgärtner. Es war Frau Baumgärtner. Aber sie hat es nicht böse gemeint! Sie bekommt doch hoffentlich keinen Ärger? Bitte, sie …“

      „Das überlässt du mal schön mir! Das nächste Mal rückst du gleich mit der Sprache heraus. Das ganze Theater hätten wir