Geheimnis Schiva 2. A. Kaiden. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: A. Kaiden
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748577348
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ich bin heute für den Versand eingeteilt“, gab Lara zögernd zu Bedenken und traute sich nicht, sich dem unangenehmen Griff ihrer Kollegin zu entziehen.

      „Ich habe das alles schon mit deinem Ausbilder und Herrn Stanza besprochen. Beide haben zugestimmt“, erklärte ihr Frau Fünder und zog sie schnurstracks ins kleine Postzimmer, wo ein Stapel Papier und Umschläge auf sie wartete. Vor dem einzigen Tisch im Raum blieb sie stehen und deutete auf die Unterlagen. „Das sind alles Einladungen an unsere Kunden und Geschäftspartner für die Baumesse, die wir ebenfalls besuchen. Die Briefe müssen gefaltet, eingetütet und frankiert werden. Sieh zu, dass du das bis fünfzehn Uhr erledigst, da dann die Post abgeholt wird und die Einladungen noch heute raus sollen. Wir sind leider etwas spät dran, da sich das mit der Messe kurzfristig ergeben hat.“

      „Mmh, ja. Okay“, murmelte Lara, die absolut keine Lust auf die stumpfsinnige Arbeit hatte. Auf der anderen Seite entkam sie damit wenigstens für ein paar Stunden Herrn Stanza, der heute mal wieder einen besonders schlechten Tag hatte.

      „Ich weiß, es ist nicht die interessanteste Aufgabe, aber es muss leider gemacht werden und alle anderen haben zu tun“, meinte ihre Kollegin, die ihren desinteressierten Blick bemerkte. Sie warf Lara ein süffisantes Lächeln zu, das ihren Worten widersprach.

      „Kein Problem. Ich mache das.“

      „Gut. Dann an die Arbeit. Wenn du fertig bist, gehst du wieder zu Herrn Stanza.“

      Lara nickte und ihre Kollegin schob sich zufrieden die viel zu große Hornbrille hoch. Sie bedachte sie nochmals mit einem selbstgefälligen Blick, bevor sie sie endlich allein ließ. Die Jugendliche atmete tief durch und begann damit, die Werbebriefe zu falten und einzutüten.

      Nach circa der Hälfte fingen ihre Finger an zu schmerzen und sie fragte sich, wie sinnvoll die ihr zugeteilte Aufgabe war. Würde überhaupt jemand den ellenlangen Text durchlesen? Abgesehen davon, dass ihre Firma viel zu spät mit den Einladungen dran war, war der Text so trocken und nichtssagend geschrieben … man hatte sogar auf eine persönliche Unterschrift verzichtet.

      „Ach Mist!“, fluchte Lara leise auf und betrachtete ihr Missgeschick. So konnte der Brief unmöglich verschickt werden. Sie hatte sich beim Falten vertan.

      „Hallo Lara, was machst du da?“ Die helle Stimme von Frau Baumgärtner riss sie aus ihren Gedanken und ließ sie herumfahren. Die blonde Frau lächelte neugierig und nickte in Richtung der Stapel.

      „Ach … ich muss die ganzen Messeeinladungen eintüten und frankieren.“

      „Oh je … du Arme. Was ist mit dem Brief da auf der Seite?“

      Bevor Lara antworten konnte, hatte sie ihn auch schon in der Hand und las ihn sich eilig durch.

      „Ich habe mich aus Versehen verfaltet und nun passt er nicht in den Umschlag. Ich werde ihn nachher kopieren und die Kopie wegschicken“, gestand Lara und machte sich wieder an die Arbeit.

      „Quatsch, das sind doch nur Serienbriefe und dazu ziemlich kurzfristige. Das wird sich eh keiner mehr durchlesen. Den kannst du noch wegschicken.“

      Mit diesen Worten nahm sie das Blatt in die Hand und faltete es unordentlich zusammen. Danach schob sie es in einen Umschlag.

      „Ähm, ich weiß nicht …“, stammelte Lara, aber Frau Baumgärtner winkte entschieden ab. „Glaub mir, das ist totaler Unsinn und Zeitverschwendung.“

      Sie zwinkerte ihr zu und wollte gerade das Zimmer wieder verlassen, als sie sich noch einmal zu ihr umwandte. „Möchtest du nicht Mittagspause machen? Die hat nämlich seit fünf Minuten begonnen.“

      Lara nickte und verließ nach ihr den Raum, um ihr Essen zu holen.

      *

      Direkt nach der Mittagspause wurde Lara in das Büro ihres Ausbilders gerufen. Sie ahnte Schlimmes. Zwar rief er sie meistens zu sich, wenn er Fragen hatte, aber dieses Mal hatte sie ein schlechtes Gefühl. Abgesehen davon fühlte sie sich in seiner Gegenwart unwohl. Er hatte einen seltsamen Tick, von dem sie sich nicht abwenden konnte, so sehr sie es auch wollte. Mit wackeligen Beinen und einem dicken Kloß im Hals, betrat sie das Zimmer, wo Herr Probst mit dem Rücken zu ihr saß, scheinbar vertieft in das Programm auf dem Computer. Allerdings hatte sie ihn nie richtig in Arbeit versunken gesehen, denn meistens lauschte er mit einem Ohr immer wie ein Luchs auf den Flur, damit ihm auch ja nichts entging. Lara schloss für einen flüchtigen Moment die Augen und versuchte, sich zu beruhigen. Allerdings würden ein paar Sekunden dafür nicht ausreichen, also gab sie es auf.

      „Entschuldigung – sie wollten mich sprechen?“

      „Ja, korrekt.“

      Schwungvoll drehte er sich auf seinem Stuhl zu ihr um und überprüfte mit einer Hand, ob sein Reißverschluss geschlossen war. Das tat er immer. Man konnte im Drei-Minuten-Takt damit rechnen und Lara hasste es. Es war wie bei einem Unfall. Man wollte nicht hinschauen, doch abwenden konnte man sich auch nicht. In der freien Hand hielt er einen Brief und Lara wusste sofort, um welchen es sich handelte und vor allen Dingen, wer diesen gefunden hatte. Hatte Frau Fünder nichts anderes zu tun, als nach Fehlern ihrer Kollegen zu suchen?

      „Wir müssen uns unterhalten.“

      Er holte die unglücklich gefaltete Einladung heraus und wedelte damit vor Laras Nase.

      „Als professionelles Unternehmen haben wir einen Ruf zu verlieren. So eine schlampige Arbeit können wir unter keinen Umständen liefern! In welchem Licht stehen wir denn dann da?!“

      Er zog scharf die Luft ein und musterte sie mit einem prüfenden Blick. Unwohl scharrte sie mit ihrem Fuß auf dem Boden und vergrub die Hände in die Jeans. Die Hitze schoss in ihr Gesicht und sie verfluchte sich innerlich. Sie hätte es wissen müssen – auf ihr Gefühl hören sollen, das sie gewarnt hatte, als Frau Baumgärtner den Brief achtlos gefaltet und eingetütet hatte. Verdammt! Musste sie sich jetzt tatsächlich einen Anschiss abholen für etwas, was sie nicht getan hatte? Aber verpetzen konnte sie ihre Kollegin auch nicht, oder?

      „Ich … ja, Sie haben vollkommen recht. Es tut mir leid.“

      Sie senkte den Kopf und vermied den Blickkontakt mit ihrem Ausbilder. Der schnaufte hörbar und legte den Brief mit einer ausladenden Geste zur Seite. Zufrieden schien er allerdings noch lange nicht.

      „War das der einzige, oder sind da noch mehr böse Überraschungen dabei?“

      „Nein, das war der einzige. Es tut mir wirklich sehr leid.“

      „Mmh, okay. Verstehst du auch das Problem?“

      Lara zuckte zusammen. Was sollte die Frage? Sie war doch nicht bescheuert. Tränen der Wut brannten in ihren Augen und sie krallte die Finger fest in den Stoff ihrer Jeans, sodass sie den Schmerz spürte, den die Fingernägel auf ihrer Haut verursachten.

      „Ja, natürlich. Es kommt nicht wieder vor. Versprochen.“

      „Ich bin wirklich sehr enttäuscht von dir. Das wirft natürlich auch ein schlechtes Licht auf mich.“

      Lara schluckte schwer und nickte verzagt. Sie wusste nicht darauf zu antworten, ohne ihre Kollegin ins offene Messer laufen zu lassen.

      „Entschuldigung.“

      „Okay, immerhin ist es ja noch mal gutgegangen. Jetzt geh zurück und mach weiter.“

      Sie nickte stumm und beeilte sich, aus dem Zimmer zu entkommen. In ihr tobte ein zerstörerischer Sturm, den sie mit aller Gewalt zurückhielt.

      *

      Anspannung lag in der Luft und Lara hoffte, dass er sie in Ruhe lassen würde, wenn sie seine Frage nicht zu hören schien. Leider täuschte sie sich. Herr Stanza bestand auf eine Antwort, egal wie lange er sie dabei von der Arbeit abhielt. Dabei hatte sie gehofft, sich von der Misere am Mittag ablenken zu können, doch stattdessen wurde sie nun schon über zwei Stunden von dem Leiter der Versandabteilung gepiesackt.

      „Na, wissen Sie’s? Sagen Sie? Wo liegt das?“